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Aktuell Kommunalpolitik

Vier Neue im St. Johanner Gemeinderat

Das neue Gremium in St. Johann ist kleiner als das bisherige. Bei der Wahl der Bürgermeister-Stellvertreter kam es zur Kampfabstimmung. Das Amt des Bleichstetter Ortsvorstehers bleibt unbesetzt.

Diese Männer und Frauen machen die nächsten fünf Jahre Kommunalpolitik in St. Johann.
Diese Männer und Frauen machen die nächsten fünf Jahre Kommunalpolitik in St. Johann. Foto: Marion Schrade
Diese Männer und Frauen machen die nächsten fünf Jahre Kommunalpolitik in St. Johann.
Foto: Marion Schrade

ST. JOHANN. Für sechs St. Johanner Gemeinderäte war es nicht nur die letzte Sitzung vor der Sommerpause, sondern die letzte ihrer bisherigen kommunalpolitischen Karriere: Ingrid Eißler-Bimek, Timo Herrmann, Regina Schaller, Annette Aichele und Ulrich Lippmann hatten sich nicht erneut um ein Mandat beworben, Jens Kalmbach hatte den Wiedereinzug ins Gremium verpasst (ausführlicher Bericht über die Verabschiedung folgt). Für drei Männer und eine Frau war es die erste Sitzung, wobei die neue Konstellation durchaus spannend und auch nicht ganz konfliktfrei ist. Neu im Gremium sind neben Albrecht Münch auch Sonja Döhler und Alexander Knabe - die beiden Herausforderer von Florian Bauer bei der Bürgermeisterwahl im vergangenen Jahr.

Der vierte neue ist ein altbekanntes Gesicht: Als Ortsvorsteher von Bleichstetten saß Dieter Kröger bisher schon in beratender Funktion mit am Tisch, jetzt ist er als gewählter Gemeinderat dabei. Er hat das Mandat für den Bezirk Bleichstetten Wieder-Bewerber Jens Kalmbach abgejagt - mit hauchdünnem Vorsprung. Kröger hatte 1.205 Stimmen gewonnen, Kalmbach 1.115.

Freie Wähler als stärkste Fraktion

Bisher saßen 20 Räte am Tisch, jetzt sind es nur noch 18 – Ausgleichsmandate gab es bei dieser Wahl nicht. Beworben hatten sich 21 Kandidatinnen und Kandidaten auf vier Listen. Mit acht Mandaten stärkste Kraft sind nun die Freien Wähler, die die Neue Liste damit vom Spitzenplatz verdrängt haben. Jeweils als Duo vertreten sind »Wir für St. Johann« und die Offene Bürgerliste. Bürgermeister Florian Bauer setzte die neuen Gemeinderäte offiziell in ihr Amt ein. »Die Gemeinde als kleinste Einheit unserer Demokratie bietet Ihnen den direktesten Weg, unseren Bürgerinnen und Bürgern erfahrbar zu machen, was Demokratie und Einflussnahme bedeutet«, sagte Bauer in seiner Rede und zitierte auch den Gemeindetagspräsidenten Steffen Jäger: Die Gemeinde sei »der Ort der Wahrheit«, an dem »die Auswirkungen von Politik unmittelbar spür- und erlebbar werden«. Die kommunale Selbstverwaltung, so Bauer, sei eine »Errungenschaft, die in ihrer Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann«.

Er freue sich auf die anstehenden Aufgaben, betonte Bauer, und gab einen Aus- und Überblick auf und über die aktuell laufenden und künftig anstehenden Projekte. Dazu gehören neben der Erschließung des Gewerbegebiets »Vordere Dienke II« und des Wohngebiets »Hinter der Kirche Mitte« Themen wie Kinderbetreuung und jede Menge Sanierungsprojekte von Schule über Straßen und Kanäle bis hin zur Gemeindehalle. Der bereits im Grundsatz beschlossene Beitritt zum Biosphärengebiet wird Verwaltung und Gremium weiter beschäftigen. Bauer regte in diesem Zusammenhang jetzt schon an, das Thema des nachhaltigen Tourismus in den Fokus zu nehmen: »Hier liegt nach meiner Überzeugung ein großes Potenzial in unserer schönen Gemeinde, das ungenutzt vor sich hinschlummert.« Auch der Ausbau erneuerbarer Energien, Digitalisierung, Finanzen und ärztliche Versorgung waren Stichworte für Zukunftsthemen, die Bauer aufgriff.

Das Los entscheidet nach Patt

Gleich die erste Amtshandlung des neuen Gremiums - die Wahl der stellvertretenden Bürgermeister - war eine spannende Angelegenheit. Die aus dem Gremium scheidende Ingrid Eißler-Bimek hatte zehn Jahre als erste Stellvertreterin fungiert. Bürgermeister Bauer schlug vor, die bisherige zweite Stellvertreterin Manuela Wendler von der Neuen Liste zur ersten zu wählen, denn: »Sie hat nun fünf Jahre lang Erfahrungen als Stellvertreterin gesammelt und lebt Bürgernähe.«

Das wollten die Freien Wähler so nicht stehen lassen. Als stärkste Fraktion, so Miriam Werner, stellten sie ihren eigenen Kandidaten auf: Enzian Schneider, der aus der Gemeinderatswahl auch als Stimmenkönig hervorgegangen war. Die Stellvertreterwahl im Gremium indes war alles andere als eindeutig: Im ersten geheimen Wahlgang stand es neun zu neun Stimmen - und im zweiten wieder. Die Spielregeln wollen es so, dass in diesem Fall das Los entscheidet. Als Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses spielte Florian Bauer die Losfee - und zog Manuela Wendler. Enzian Schneider ist nun zweiter Stellvertreter, den dritten Stellvertreterposten bekam Sonja Döhler.

Kröger will, darf aber nicht

Die Kampfabstimmung für den Bürgermeister-Stellvertreterposten war aber nicht das einzig Bemerkenswerte in der ersten Sitzung des neuen Rats. Auch die Wahl der Ortsvorsteher ging nicht reibungslos über die Bühne - zumindest nicht für den Ortsteil Bleichstetten. Dort hätte Dieter Kröger, der vor fünf Jahren nicht aus den Reihen der gewählten Ortschaftsräte, sondern gewissermaßen von außen als Nachfolger von Siegfried Unruh zum Ortsvorsteher gekürt worden war, gerne weitergemacht. Schon damals hatte sich Kröger um ein Mandat im Ortschafts- sowie im Gemeinderat beworben, allerdings ohne Erfolg.

Nun, fünf Jahre später, hat es geklappt, die Bürger haben ihn, so Bauer, mit »ordentlichen Ergebnissen gewählt«. Dass der Ortschaftsrat Kröger nun nicht mehr als Ortsvorsteher haben möchte, fand der Bürgermeister »einigermaßen befremdlich« und sprach von einer »Art Verweigerungshaltung« - zumal sich aus den Reihen der Ortschaftsräte auch sonst niemand fand, der den Job gerne machen möchte. Auch Stellvertreter wurden nicht benannt.

Petra Rall ist die erste weibliche Ortsvorsteherin

Sechs von sieben Ortschaftsräten waren in der Sitzung am Dienstag, in der es um die Frage nach dem Ortsvorsteher ging, anwesend. Jeweils zwei stimmten für beziehungsweise gegen Kröger, zwei enthielten sich. Die Gründe für ihr Verhalten, berichtete der enttäuschte Dieter Kröger, seien nicht öffentlich geäußert worden. Bürgermeister Bauer betonte jedenfalls, er habe an der Zusammenarbeit mit Kröger vonseiten der Verwaltung meistens nichts auszusetzen gehabt. Kröger bleibt nun solange kommissarisch im Amt, bis der Ortschaftsrat das Thema nach der Sommerpause erneut auf der Tagesordnung hat.

Den Vorschlägen aus den anderen Ortschaftsräten schloss sich der Gemeinderat an. Hans Brändle setzt seine Tätigkeit als Ortsvorsteher in Gächingen fort, seine Stellvertreter sind Stefan Ostertag und Natascha Munz. In den übrigen Teilorten stehen Wechsel an. In Lonsingen folgt der bisherige erste Stellvertreter Sebastian Bauder auf Siegfried Mutschler, der sein Amt nach 25 Jahren abgegeben hat. Bauders Stellvertreter sind Thomas Geiselhart und Madita Weinmann-Plorin. In Ohnastetten wird ein Stück Lokalgeschichte geschrieben: Petra Rall ist die erste weibliche Ortsvorsteherin, sie folgt auf Michael Früh, der nach zehn Jahren nicht mehr zur Wahl angetreten war. Rall wird vertreten von Simon Schnitzler und Steffen Schmauder. In Upfingen hört Wolfgang Schiller nach fünf Jahren als Ortsvorsteher auf, Michael Heinz übernimmt die Aufgabe. Schiller geht aber nicht komplett, er bleibt im Ortschaftsrat und wird erster Stellvertreter des Ortsvorstehers, zweiter Stellvertreter wird Hans-Dieter Nau. (GEA)