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Ungewöhnliches Konzert von »Organic Drums« in Trochtelfingen

Schlagzeug und Orgel sind eine eher ungewöhnliche Instrumenten-Kombination. »Organic Drums« zeigen in Trochtelfingen, wie die beiden musikalisch zusammenpassen.

Die beiden Künstler Martin Schidlo (links) und Anton Roggenstein zeigen, wie gut Schlagzeug und Orgel zusammenpassen.
Die beiden Künstler Martin Schidlo (links) und Anton Roggenstein zeigen, wie gut Schlagzeug und Orgel zusammenpassen. Foto: Ingrid Zellner
Die beiden Künstler Martin Schidlo (links) und Anton Roggenstein zeigen, wie gut Schlagzeug und Orgel zusammenpassen.
Foto: Ingrid Zellner

TROCHTELFINGEN. Zu einem ungewöhnlichen Konzert lud am Samstagabend die St. Martinkirche in Trochtelfingen: »Organic Drums«, eine improvisierte Klangschöpfung mit Schlagzeug und Orgel, deren Faszination sich kaum jemand unter den zahlreich erschienenen Zuhörern entziehen konnte. Am Ende gab es jedenfalls tosenden Applaus und Standing Ovations für die Solisten Martin Schidlo (Schlagzeug) und Anton Roggenstein (Orgel) sowie für ihre beeindruckenden mystischen Klangwelten.

Auf den ersten Blick erscheint die Kombination aus Orgel und Schlagzeug eher ungewöhnlich, doch wenn man Anton Roggenstein und Martin Schidlo zuhört, möchte man meinen, dass die beiden Instrumente extra füreinander geschaffen worden sind. Beide Musiker sind offen für Improvisationen sowie für das Ausloten beziehungsweise Überschreiten von musikalischen Grenzen. So hat z.B. Anton Roggenstein nicht nur Schul- und Kirchenmusik studiert, sondern auch Jazz und Popularmusik, und er ist nicht nur als Organist und Kantor in verschiedenen Kirchengemeinden (darunter auch Trochtelfingen) tätig, sondern auch als Pianist beim Improvisationstheater SpielTrieb in Sigmaringen. Auch Schlagzeuger Martin Schidlo liebt künstlerische Experimente, und so entstand schließlich das Projekt »Organic Drums«, bei der die beiden Musiker »eine Stunde Musik für die Seele« versprechen.

Fließende Tempowechsel

Und das ist keineswegs zu hoch gegriffen. Eine Stunde lang spielten Schidlo und Roggenstein ununterbrochen, zwischenzeitliche Rhythmus-, Takt- und Tempowechsel erfolgten fließend, manchmal fast unmerklich. Das ist umso bemerkenswerter, als die beiden Künstler durchgehend improvisierten und sich stets von spontanen Ideen leiten ließen. Dabei wob mal die Orgel den Klangteppich für das Schlagzeug, mal umgekehrt; mal spielten sie kontrastreich, fast wie Gegner, mal verschmolzen sie zu einer harmonischen Einheit. Die Grenzen zwischen sakraler und weltlicher Musik, zwischen Tradition und Moderne, zwischen Harmonie und Dissonanz fielen, und am Ende befand man sich als Zuhörer in einer Klangwelt, die schlichtweg keine Grenzen mehr kannte.

Und sie sprach alle Sinne an. Von sanft bis aufwühlend, von heiter bis dramatisch – die gesamte Palette wurde ausgelotet. Manche Passagen konnte man mit geschlossenen Augen wie in Trance genießen, bei manchen ertappte man sich dabei, dass man im Rhythmus des Schlagzeugs mitwippte; wäre an diesen Stellen irgendwo jemand aufgestanden und hätte in der Kirche getanzt, es hätte wohl niemanden gewundert. Dynamische Ausbrüche, bei denen man sich ernsthafte Gedanken um die Stabilität des alten Kirchengemäuers machte, wechselten sich ab mit ruhigeren, oft mystischen Sequenzen, in denen sich immer wieder kleine überraschende Erlebnisse versteckten wie zum Beispiel ein kurzzeitiges Aufkommen von Hufgeklapper wie von Pferden im Hintergrund. Und spätestens jetzt möchte man sich von dem Begriff »Klanggemälde« verabschieden: Dieses Konzert war ein Klangfilm mit geschickt gesetzten Schnitten und Szenenwechseln. Dazu noch ein einzigartiger, den es so nur an diesem einen Abend zu hören gab. Eine Stunde, die noch lange nachhallt. Und nach vibriert. (GEA)