TROCHTELFINGEN. Es gibt »bedenkliche Entwicklungen«, die dem Trochtelfinger Stadtwald zu schaffen machen. Das sind die Folgen des Klimawandels. Insbesondere nennt Franz-Josef Risse, Leiter des Kreisforstamts, dabei die immer häufiger und heftiger auftretenden Sommerstürme. Zwei von ihnen wüteten 2023 im Juli und August auch auf der Schwäbischen Alb, vor allem Letzterer richtete im Stadtwald Schäden an. 3.100 Festmeter Sturmholz sind angefallen. Das waren zumeist Fichten. Doch diese Wetterkapriolen im Sommer treffen zunehmend auch Buchen im voll belaubten Zustand, sie bieten dem Wind eine große Angriffsfläche. »Damit werden wir in Zukunft häufiger rechnen müssen«, sagt Risse. Ein Problem, das Bauchweh bereitet.
Damit sind der Sorgen um den Zustand und die Zukunft des Waldes nicht genug. In seiner Präsentation zeigt Risse dem Gemeinderat ein Foto von jungen Fichten. Was die Natur selbst auf den Weg bringt oder die beiden Revierförster Martin Mauser und Martin Tschöpe sowie die Waldarbeiter unternehmen, damit der Baumnachwuchs eine Chance hat, groß zu werden, das machen hungrige Rehe zunichte. Die haben großen Appetit. So verheerend wie in Trochtelfingen ist die Situation in kaum einer anderen Gemeinde.

Obwohl die Stadt in Schutzmaßnahmen des aufstrebenden Baumnachwuchses investiert: Das reicht nicht. Die Wildtiere knabbern bei den jungen Bäumchen die unteren Triebe ab. Bei den Fichten bedeutet das zwar nicht ihren Tod, ihnen fehlt aber Nadelmasse, sie wachsen langsamer und bilden keine so gute Holzqualität aus. Das Problem: Eigentlich schmeckt den Rehen die Fichte gar nicht so gut. Aber da sie großen Appetit haben und wohl in so großer Zahl vorkommen, ist um die Nadelbäume herum schon alles Schmackhafte verspeist, sodass am Ende auch diese auf dem Speisezettel landen.
Bereits beim Waldumgang vor zwei Jahren haben die beiden Trochtelfinger Revierleiter, Forsteinrichter Frank Tröger von der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg und der damalige Forstbezirksleiter Süd vom Kreisforstamt, Niels Drobny, auf dieses Problem aufmerksam gemacht. Wichtig sei es, mit Jagdpächtern ins Gespräch zu kommen, sagte Drobny damals und: »Wir gehen in den Dialog, aber es muss sich deutlich etwas ändern.« Das Schadensbild in Trochtelfingen sei gravierender als in anderen Gemeinden, bestätigte Tröger damals, der die Forsteinrichtung auch in anderen Kommunen übernommen hat und sich in den Wäldern der Albgemeinden auskennt.

Geändert scheint sich die Situation seither nicht zu haben. Es besteht dringender Handlungsbedarf. »Wir müssen die Jäger deutlich mehr mitnehmen«, sagt Förster Martin Tschöpe, »damit sie für uns und nicht gegen uns arbeiten.« Sie seien beim Waldumbau ein wichtiger Faktor. Für sie wird das Thema im kommenden Jahr ernst, sagt Bürgermeisterin Katja Fischer, wenn die Jagdpacht neu vergeben wird.
2024 soll die Stadt laut Bewirtschaftungsplan in Kulturen 35.000 Euro, in Wildschutz und Wuchshüllen 30.000 Euro investieren. Aus den Jagdpachteinnahmen generiert sie aber nur 22.000 Euro. Der Wald aber müsse sich auch ohne diese immensen Schutzmaßnahmen naturverjüngen können, sagt Risse. Laut Jagd- und Wildtiermanagementgesetz Baden-Württemberg sind Schäden durch Schalenwild ersatzpflichtig. Den Schadenersatz hat der Jagdpächter beziehungsweise die Jagdgenossenschaft zu leisten.
Gibt es 2025 noch Geld aus dem Topf fürs Klimaangepasste Waldmanagement?
Der Kreisforstamtsleiter hatte auch die Zahlen für 2022 und die Prognose für 2023 dabei. Vor zwei Jahren wurden 13.731 Festmeter Holz geerntet, der Plan schloss mit einem Ergebnis von 208.317 Euro ab. Die vorläufigen Zahlen für 2023 sehen ein Ergebnis von 220.000 Euro vor, bei der Holzernte liegt Trochtelfingen mit 13.000 Festmetern unter Plan (14.180 Festmeter).
Auf 4,1 Hektar Fläche sollen im städtischen Wald vor allem Fichten (2.000 Stück) und Douglasie (3.000 Stück), Eiche (1.000 Stück), 700 Baumhasel, 800 Tannen, 250 Kirschen und 200 Hainbuchen gepflanzt werden, 800 Bäume sind als Wiederholungspflanzung geplant. Ausgegangen wird von einem Holzeinschlag von 14.800 Festmetern und - der Förderung aus dem Programm Klimaangepasstes Waldmanagement in Höhe von 126.740 Euro sei dank - mit einem Ergebnis von 253.040 Euro, das aber eher noch Richtung 300.000 Euro gehen würde, so Risse. Das Geld aus dem Fördertopf, der bedeutet hätte, dass über 20 Jahre Geld in die Gemeindekasse kommt, sei Trochtelfingen für 2024 sicher, ob damit auch 2025 gerechnet werden kann, ist noch unklar.
Denn: Das Geld, das unter anderem auch in diesem Fördertopf steckt, war laut Risse ursprünglich für die Corona-Hilfen gedacht gewesen, dann aber nachträglich auf den Klima- und Transformationsfonds (KTF) übertragen worden. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Umschichtung der Mittel für verfassungswidrig. Aber: Selbst wenn man die Förderung abziehe, sei man im positiven Bereich, sagt Risse.
Kritik gab's aus den Reihen der Stadträte. Herbert Stelz befand, dass die Kommune sich am Gängelband öffentlicher Subventionen befinde. Außerdem sprang Walter Rist für die verantwortungsvoll und genau geleistete Arbeit der beiden Förster ein. Die gemäß den Vorgaben des Förderprogramms unter anderem mit der Auszeichnung von mehreren Tausend Habitatbäumen viele zusätzliche Aufgaben schultern müssen. Den Nachweis durch eine Kartierung empfindet er als unverständliches Misstrauen. Da sei »eine unsinnige Auflage zu erfüllen«, sagte Rist, die im kommenden Jahr vielleicht Makulatur ist, wenn die Förderung nicht fortgesetzt wird. (GEA)