MÜNSINGEN. Zwei Jahrzehnte ist es her, dass die letzten Soldaten die Herzog-Albrecht-Kaserne verlassen haben. Auf dem ehemaligen Militärgelände, der heutigen Parksiedlung, stehen inzwischen 200 Ein- und Zweifamilienhäuser. Der Wandel von der Kaserne zum Wohngebiet gilt als ein Musterbeispiel der Konversion, das heißt, der Umwidmung von militärischen Flächen in zivile Nutzungen.
Rückblick: Am 31. März 2004 bläst ein Trompeter nach 46 Jahren zum letzten Zapfenstreich in der Herzog-Albrecht-Kaserne. Kurz danach übernimmt die Stadt das 22,5 Hektar große Gelände. Zwölf Monate später rücken die Bagger an und beginnen mit dem Abbruch der Gebäude und Hallen. Der Weg ist damit frei für die »Südöstliche Stadtkernerweiterung«. Die Grundstücke für die Häuslebauer sind zwischen 400 und 850 Quadratmeter groß. Bürgermeister Mike Münzing geht zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass alle Plätze in der Parksiedlung in 12 bis 15 Jahren verkauft sind.
Peter Maffay übergibt Tabaluga-Haus persönlich
2006 ist es so weit. Rocksänger Peter Maffay höchstpersönlich übergibt in Münsingen das erste Tabaluga-Haus in Deutschland, das gleichzeitig auch das erste offizielle Haus in der Parksiedlung ist. Zwei Jahre zuvor hatte dort bereits die Firma Schwörer ein Musterhaus aufgestellt, damals noch zwischen den Unterkunftsgebäuden.
Von da an geht es Schlag auf Schlag. In einer »beispielhaften und noch nie da gewesenen Werbeaktion« (Münzing) macht die Stadtverwaltung landesweit Reklame für das neue Baugebiet. 99 Euro kostet der Quadratmeter, voll erschlossen. Überall in Baden-Württemberg berichten die Medien über dieses ehrgeizige Projekt in der ehemaligen Garnisonsstadt.
Von diesem Zeitpunkt an überschlagen sich die Ereignisse. Fast täglich treffen im Liegenschaftsamt Münsingen Anfragen nach Grundstücken ein, aus Bayern und Baden-Württemberg. »Die Nachfrage war riesengroß«, erinnert sich Münzing, der anfänglich von vielen wegen des neuen Baugebiets noch belächelt worden war.
»Sechs Hektar in der Parksiedlung sind Grünflächen«
Die Kaufverträge stapeln sich. Die Stadtverwaltung entscheidet, die drei Bauabschnitte nacheinander zu erschließen. 2008 ist der Letzte mit den restlichen 63 Bauplätzen an der Reihe. »Den wollten wir eigentlich zehn Jahre später fertigstellen«, so der Bürgermeister. Anfang der 2010er-Jahre verkauft die Verwaltung den 200. Bauplatz und schließt die Akte Parksiedlung.
Boden-Versiegelungen aus Bundeswehrzeiten wurden aufgebrochen
Zu Bundeswehrzeiten war das Areal zu 80 Prozent versiegelt. »Heute sind es nur noch 30 Prozent«, rechnet Münzing nach. Inzwischen leben auf dem ehemaligen Militärgelände rund 800 Menschen. 40 Prozent der Käufer stammen aus der näheren Umgebung. Der Rest kommt unter anderem aus Stuttgart, Göppingen, Neu-Ulm und Esslingen.
Münzing weiß, weshalb die Parksiedlung so attraktiv ist. In einer Stunde ist man mit dem Auto in der Landeshauptstadt, in 45 Minuten in Ulm oder in Biberach. Die Bushaltestelle ist einen Steinwurf von den Häusern entfernt. Zu Fuß gelangt man in zehn Minuten in die Münsinger Altstadt und zum Bahnhof.
Im Umkreis von 300 Metern sind Grund-, Haupt-, Real- und Berufsschule, das Gymnasium, die Kindergärten sowie rund zwei Dutzend Fach- und Einkaufsmärkte per pedes erreichbar. Münzing spricht die Wohnqualität an. »Sechs Hektar in der Parksiedlung sind Grünflächen.« 400 Meter weiter ist das 100 Hektar große Naherholungsgebiet Beutenlay.
Verwaltung hatte früh reagiert
Der Abzug der Soldaten hat der Stadt aber nicht nur die Parksiedlung mit Spiel- und Bewegungszonen, Kleinspielfeld und Regenrückhaltebecken gebracht. Die Autos fahren seit mehr als einem Jahrzehnt auf der Umgehungsstraße Richtung Autobahnanschluss Merklingen, die Ortsdurchfahrt Auingen ist saniert und es gibt einen Verbindungsweg vom Bubensteig über die Brücke, die ins Schulzentrum führt.
WANDEL VON DER KASERNE ZUM WOHNGEBIET
Stadt Münsingen hat rund 18 Millionen Euro investiert
Am 1. Juli 2004 übernahm das Bundesvermögensamt Stuttgart (heute Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) das ehemalige Kasernengelände. Die Stadt Münsingen war von diesem Zeitpunkt an als Besitzer für das 22,5 Hektar große Gelände verantwortlich. Am 27. Juli entschied der Stadtrat einstimmig, das Gelände zu kaufen. Am 5. August 2004 wurde der Notarvertrag unterschrieben. Im März 2005 begannen Bagger damit, die Unterkunftsgebäude abzureißen. Mitte Juli gab es den ersten Spatenstich für die Erschließung, im Oktober den für das erste Haus auf dem ehemaligen Kasernengelände. Mitte 2006 standen die ersten Gebäude zum Einzug bereit. Nach Angaben von Bürgermeister Mike Münzing hat die Stadt bis heute rund 18 Millionen Euro ausgegeben für Kauf, Planungen, Abbruch der Kasernen-Anlage, Erschließung, Lärmschutzwall, Brücke Richtung Schulzentrum, Regenrückhaltebecken und Bau der Infrastruktur in der Parksiedlung. »20 Jahre Parksiedlung – Abriss der Herzog-Albrecht-Kaserne« heißt eine Ausstellung, die am Donnerstag, 4. Juli, in der Zehntscheuer Münsingen eröffnet wird. (lejo)
Dass alles so gut geklappt hat, ist rückblickend der Tatsache geschuldet, dass die Verwaltung sich unmittelbar, nachdem 2001 das Verteidigungsministerium die Schließung der Kaserne bekannt gab, mit den zuständigen Stellen in Verbindung gesetzt hatte.
Einige Überbleibsel der ehemaligen Kaserne finden sich heute noch in der Stadt. In der ehemaligen Bekleidungskammer hat die Baptistengemeinde ihr Domizil. Ein Schild an einer Winterlinde erinnert an: »Kameradschaft der 2. PzBtl. 304, Münsingen 1965 – 1967.« In den Gabionen am Eingang zur Parksiedlung in der Herzog-Albrecht-Allee befindet sich Abbruchmaterial, die Überdachungen der Panzerhallen stehen in Metzingen, ums Freibad und ums Hallenbad in Münsingen wurde die Zaunanlage wiederverwendet. Das hölzerne Wachhäuschen in Schwarz-Rot-Gold steht bei einem Sammler im Garten. (GEA)