HOHENSTEIN-BERNLOCH. »Im Kreisverkehr links abbiegen«, so hat Pastor Armin Trauernicht (Heul net auf Schwäbisch) - selbst mit einer KTM geplagter Biker - den Motorradgottesdienst im Festzelt in Bernloch überschrieben. Der Gottesdienst nicht nur für Motorradfahrer fand jetzt zum zehnten Mal statt und ist eine Institution in der Bikerszene geworden. Nicht nur wegen der zielguppengemäßen Predigten von und für Biker. Genauso wichtig sind die zwei Tage, die Johannes Lutz im Namen der Sicherheit auf der Straße organisiert.
Die Deutschen und hierzulande die Schwaben verstehen Kreisverkehre nicht wirklich. Der Grundgedanke, dass mit ein bisschen weniger Gas der Verkehr hier gar nicht erst ins Stocken kommt, und jeder schneller zu Hause ist, hat sich noch nicht so recht durchgesetzt. Im Kreisverkehr links abbiegen, gehört allerdings zu den weniger verbreiteten Missverständnissen im Rond Point, wie der kreiselerfahrene Franzose sagt. Dem hat sich Pastor Armin Trauernicht auf einer höheren, geistlichen Ebene zugewandt.
Johannes Lutz und seine Instruktoren Tobi und Simon mögen's erd- beziehungsweise asphaltnäher. »Der Friedhof ist voller Motorradfahrer, die recht hatten«, weiß Lutz, »aber das bringt euch halt nichts.« Motorradfahrer, die alt werden wollen, müssen heller sein als Autofahrer. Sind sie in der Regel auch, denn welch denkender Mensch setzt sich bei Sonnenschein schon freiwillig in ein rollendes Aquarium? Aber mit diesen von der Außenwelt abgeschotteten Goldfischen muss der Mensch halt leben. Und dafür kann man was tun, zum Beispiel auch, aber nicht nur, beim Sicherheitstraining in Bernloch. Hinter Johannes Lutz steht der Verein SRS, der Glaube und Sport verbinden will. Lutz ist dort Instruktor und Reiseleiter, Bernloch beziehungsweise Meidelstetten sind für den Förster auf der Haid ein Heimspiel. Das Training ist jedes mal ausgebucht, mit einer guten Mischung aus Wiederholungstätern und Rookies. »Mich freut besonders, dass wir dieses Mal wieder Einsteiger dabei haben«, sagt der Chef auf dem Ring. »In der Fahrschule lernt man, wie man die Prüfung besteht, mit Fahren hat das noch wenig zu tun.«
Vorm Hütchenrennen steht die Theorie. Der engagierte Christ lehrt seinen Schäfchen zwischen 16 und 71 also erstmal die Furcht vor Gottes Zorn oder säkularer vor den Fährnissen des Straßenverkehrs. Ein Paar mit der Helmkamera aufgenommen Youtube-Schnipsel zeigen, wie schnell es auf der Straße eng werden kann. Dass der Reisebus gar nicht anders kann, als in der Kurve seinen Rüssel über die Mittellinie zu strecken, jagt den Bikern beim Videoschauen einen Schauer über den Rücken. Mitdenken, lehrt Lutz, und rechts fahren, so weit es nur geht. Wie`s geht, wird in der Theorie erklärt: »Ihr haltet die gleiche Linie wie als Fahrer im Auto. Ihr solltet aber das Motorrad auf der gedachten Linie der rechten Autoreifen bewegen.« Wer bei der Fahrt zum Trainingsgelände oder bei der Ausfahrt am Sonntag Fluch oder Privileg hat, hinter Lutz oder einem anderen der SRS-BMW-Treiber zu fahren, weiß, was er damit meint. Spoiler-Alert: Die fahren nicht auf der rechten Reifen-, die fahren auf der rechten Außenspiegellinie und sammeln in den ausladenden BMW-Boxermotoren fleißig Blümchen vom Fahrbahnrand. Behaupten sie zumindest, man will's fast glauben.
So kann man den Adrenalinspiegel beim Fahren natürlich auch hoch treiben und dabei sicher unterwegs sein. Andere Themen sind Brems- und Reaktionsweg, Fahrzeugtechnik, Linie halten. Die Lehrer wissen, wovon sie sprechen, die Schüler hören entsprechend ehrfürchtig zu. Weniger ehrfürchtig geht es auf dem Übungsplatz zu. Ein Industriebetrieb stellt schon zum zweiten Mal seine Flächen für den Parcours zur Verfügung, die dort Beschäftigten dürfen auch mitspielen -so kommen knapp 30 Trainierende zusammen. Los geht's mit Langsamfahren, so langsam wie's nur geht. Da krampft das Bikerherz, langsam fahren wir doch lieber im Golf oder Benz. Tatsächlich ist es elend schwer, immer kurz vorm umkippen unterwegs zu sein, Trainer Tobi grinst, wenn ein Stützfuß auf den Boden wandern muss.
Danach wird's flotter, aber nicht weniger anspruchsvoll. Um Hütchen kreisen, voll in die Eisen steigen und das erste Mal erleben, dass das ABS tatsächlich funktioniert, Zielbremsungen - auf dem Parcours kann sich jeder an seine Grenzen herantasten. Auch die Einsteiger Tim und Tom auf KTM 390 Dukes, die den dicken Eisen immer dicht an den Hacken kleben. Zum Abschluss darf man Achter fahren und so kontrolliert die Sau rauslassen. Es sind immer zwei Bikes auf der Strecke, meistens klappt das reibungslos, aber nicht immer: »Wer hinter einer Harley fährt, hat die Arschkarte gezogen«, meint ein ausgebremster Triumph-Treiber.
Zum Abschluss geht es zurück nach Bernloch, brav ganz am rechten Fahrbahnrand. Gegrillt wird in Pfarrer Stefan Mergenthalers Hof. Mit Gelegenheit, über Harleys zu lästern, mehr als Benzin zu plaudern und die nächste Ausfahrt zu organisieren. (GEA)