Der Erhalt der Kulturlandschaft und der Artenvielfalt könne nur über die Nutzung gehen. Darin war sich die Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Friedlinde Gurr-Hirsch, einig mit dem Geschäftsführer von Edeka Südwest Fleisch, Jürgen Mäder, und dem Initiator des Projekts »Genbänkle«, Professor Dr. Roman Lenz. Sie diskutierten zusammen mit dem Bio-Spitzenkoch Simon Tress beim Eröffnungs-Talk über das Konsumverhalten von Verbrauchern sowie vom Markt verschwindende Tierrassen, Salat-, Obst- und Gemüsesorten und haben dabei nach Lösungen gesucht, dies möglichst rechtzeitig zu ändern, solange noch entsprechendes Genmaterial vorhanden sei. Als Beispiel für ein gelungenes Comeback nannte die Staatssekretärin unter anderem die »Alblinse«. Auch leisteten Messen wie die »Schön und gut« und die seit acht Jahren dazugehörige Slow Schaf und auch Slow Food ihren Beitrag zu einer Bewusstseinsbildung und erfüllten darüber hinaus eine wirtschaftliche und soziale Funktion.
Kochshows. Schöne, gute und interessante Seiten der Alb stellt auch das Magazin Alblust vor, das im Verlag GEA Publishing viermal jährlich erscheint. Hineinschnuppern ins bunte Angebot können die Messebesucher in Halle S11, wo es neben drei Kochshows täglich fast nonstop auch journalistische Appetithäppchen gibt. Zum zweiten Mal firmiert die Halle, in der Küchenmeister aus der Region und weit darüber hinaus im Gespräch mit Iris Goldack (Reutlinger General-Anzeiger/Alblust) Tipps und Rezepte verraten, komplett unter dem Alblust-Titel. Wie sich aus Roten, Gelben und den ebenfalls kaum noch bekannten Gestreiften Beten vegetarische Köstlichkeiten zubereiten lassen, hat am Samstag Michael Bischoff vom »Wilder Mann« in Bad Urach gezeigt und auch gleich noch einen Profi-Trick: Er zieht zum Schneiden der gesunden Rüben Einweghandschuhe an, damit es an den Händen keine Verfärbungen gibt. Maultäschle mit Gelbe-Bete-Füllung, Rohkostsalat und süß-saures Gemüse aus der Roten Rübe gingen bei der Verkostung durch das Kochstudio-Publikum ruckzuck weg.
Auszeichnung. 68 Testgruppen von Slow Food waren deutschlandweit wieder anonym unterwegs, um in der Gastro-Szene lokale Akteure aufzuspüren, die nicht nur lecker kochen, sondern dies zu möglichst familienfreundlichen Preisen und aus regional erzeugten Produkten tun. Bei sieben Gasthäusern, die vom Slow Food Convivium Tübingen/Neckar-Alb getestet wurden, beeindruckte darüber hinaus auch die Saisonalität ihrer Küche und die Berücksichtigung der biologischen Vielfalt. In Halle 4S der Slow Schaf wurden jetzt von Markus Vogelsanger vom Slow Food Convivium Tübingen/Neckar-Alb mit dem »Hirsch« in Gächingen und »Rosenkranz-Genuss« in Pfullingen zwei Betriebe ausgezeichnet, die erstmals aufgenommen werden konnten im nunmehr in der dritten Auflage erschienenen Slow Food-Genussführer. Auch der »Hirsch« in Erpfingen, der Gasthof Herrmann in Münsingen, der »Hirsch« in Böhringen, die »Rose« in Ehestetten sowie der »Schwanen« in Neckartailfingen dürfen unter den insgesamt 500 aufgeführten Gastronomiebetrieben wieder dabei sein.
Wärmend. Wolle vom Schaf, von der Ziege und vom Alpaka sind die Basis für auf der Alb erzeugte und hoch-modische Textilien, die auch immer mehr Käufer finden, was sich mit an dem beobachten lässt, was »frau« bereits so anhat, wenn sie zu dieser Messe kommt. Zu fein Gestricktem findet sich diesmal auffallend viel auch aus Filz in Natur- oder bunten Farben: Von der Jacke bis zu (Haus-) Schuhen, von der Kopfbedeckung bis zur schicken Tasche. Aber auch für Überzüge für die Wärmeflasche, als Untersetzer, Sets oder Tischläufer sowie als Alternative zum Weidenkorb eignet sich dieses robuste Material. Dekorativ auch die aus aufgefädelten Filzkugeln entstandenen Behänge, Poufs oder Sitzkissen, die allerdings kein heimisches Produkt, sondern im fernen Nepal dank einer deutschen Idee entstanden sind.
Weihnachtsbaum. Es gibt ihn also doch, den natürlichen und perfekt gewachsenen Weihnachtsbaum, der garantiert nicht nadelt und Jahr für Jahr wiederverwendbar ist. Das für Drinnen wie draußen geeignete, in diversen Größen zu habende und äußerst wandlungsfähige Stück aus heimischem Douglasienholz, lässt sich immer wieder neu dekorieren und macht als Kind aus dem Biosphärengebiet aber auch ohne Kugeln und Lametta eine gute Figur.
Manufakturen. Gaumenfreuden sowohl in flüssiger als auch in fester Form gibt es reichlich bei dieser »Schön und gut«. Und fast überall dürfen die herrlichen Produkte auch gleich verkostet werden: Großzügig werden »Probiererle« verteilt. Erstmals dabei ist eine Manufaktur, die sich auf die Herbstfrüchte der »Rosa Canina« spezialisiert hat und aus den besonders Vitamin C-haltigen Hagebutten neben feinem Hägemark, wie man es als Brotaufstrich oder von der Weihnachtsbäckerei her kennt, auch kalt gepresstes Hagebuttenkernöl, Hagebuttentee sowie Hagebuttenpulver in Bioqualität herstellt. Der Familienbetrieb arbeitet nachhaltig. Denn Abfälle aus der Ernte der kleinen roten Früchte, die auf einer drei Hektar großen Plantage in Eckwälden bei Bad Boll reifen, gibt es nicht: 90 Prozent der Hagebutte werden zu Lebensmitteln verarbeitet, die restlichen zehn Prozent als Dünger für die Sträucher genutzt.
Rassenvielfalt. 51 Schafrassen gibt es in Deutschland, elf von ihnen sind jetzt der Messe »Schön und gut« zu sehen. In herrlich kuscheligem Wollkleid präsentieren sich die Vierbeiner den zahlreichen Besuchern: Alpine Steinschafe und Scottish Blackfaces, Coburger Fuchsschafe und Herdwick-Schafe, Krainer Steinschafe und natürlich das Merino-Landschaf als prägendes Landschaftsbild der Schwäbischen Alb. Rund 3 500 Schäfer sind derzeit noch in Baden-Württemberg aktiv, sie halten über 180 000 Muttertiere auf 60 000 Hektar Land. Als echte »Landschaftspfleger« liefern die Tiere Fleisch, Wolle und Milch, das Württemberger Lamm ist mittlerweile eine geschützte Marke, die für Tradition und Qualität spricht. Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch warb für den Verzehr von Lammfleisch »von der Schnauze bis zum Schwanz« und stellte den neuen Prospekt »Ein gutes Stück Heimat« der Baden-Württembergischen Lammfleischerzeugergemeinschaft vor. Damit soll auch dem Rückgang in der Schafhaltung entgegengewirkt werden, der laut Anette Wohlfahrt vom baden-württembergischen Schafzuchtverband in den letzten zehn Jahren bei rund 30 Prozent lag. Den Grund dafür sieht sie in den schwierigen Rahmenbedingungen und den immer weniger werdenden Flächen: »Die Wanderschäferei hat es schwer«, sagt sie. Damals wie heute verbringen Hirten und Herden die meiste Zeit draußen in abgeschiedener Natur und ziehen von einem Weideplatz zum nächsten. Denn Württemberger Lämmer sind keine Koppeltiere, sie brauchen Freiheit und Bewegung.
Schafschur. Wie es aussieht, wenn Schafe ihr dickes Wollkleid verlieren, zeigen die Schafschuren, die wie immer auf reges Interesse bei den großen und auch kleinen Messebesuchern im Alten Lager stoßen. Eine wahrlich schweißtreibende und ermüdende, aber doch lohnende Arbeit ist das, wie Rolf Voigt dies auch heute wieder um 14 und 17 Uhr in Halle S4 demonstriert. Bei seiner »Vorher-Nachher-Show« drehte er sich mit seiner elektrischen Schere einmal um das ganze Schaf. Und nach nicht einmal vier Minuten präsentierte sich das Tier, das alles ruhig über sich ergehen lässt, fast nackt. Und das ohne Peinlichkeit. (oel/dew/in)