HOHENSTEIN-ÖDENWALDSTETTEN. Viel Ampfer ist nicht zu sehen auf den Wiesen der Landwirte Hartmut und Simon Schnizer in Ödenwaldstetten. Schlecht für den angesetzten Feldversuch mit dem neuen Rumbojet des Maschinenrings Alb-Neckar-Fils, gut für Schnizers Kühe. Die mögen das Kraut nämlich nicht besonders.
Die Landwirte, nicht nur die Schnizers, versuchen daher, den Ampfer möglichst kurz zu halten. Häufiges Mähen hilft schon mal, aber das Kraut ist zäh und fruchtbar. Tausende von Samen kann eine Pflanze jährlich produzieren, die Samen halten sich jahrelang im Boden. Deswegen wird sie gespritzt, aber das ist entweder teuer oder mühsam. Mit der Buckelspritze - der Handspritze auf dem »Buckel«, dem Rücken - können die teuren Herbizide punktgenau ausgebracht werden, in manchen Bundesländern ist das schon Pflicht. Aber die Zeit muss man erst mal haben, Knechte und Mägde gibt es ja nicht mehr. Oder man spritzt flächendeckend das ganze Grünland ab, aber das ist weder ökologisch noch ökonomisch der Weisheit letzter Schluss.
Der Rumbojet soll helfen. Der vom Traktor gezogene Hänger spritzt nur da, wo es sein muss: direkt auf den armen Ampfer. Das vermag der Jet, denn er kann sehen. Je zwei Infrarotkameras an den drei Auslegern nehmen die Flächen auf und melden das Grün ans Gehirn, einen Computer in outdoor-tauglicher Hülle. Sein Gedächtnis, eine botanische Datenbank, scheidet per Bildabgleich die Schafe von den Böcken, das erwünschte Grün vom Ampfer, und der Jet löst dann einen kurzen Herbizidstrahl aus der richtigen seiner 88 Einzeldüsen aus, nützliche Kräuter wie Klee bleiben verschont. Drei Blattgrößen und damit Pflanzen könnte Rumbos »Gehirn« unterscheiden, aber das Hauptziel ist der Ampfer. Seitliche Vorhänge verhindern, dass das Spritzmittel vom Winde verweht wird. Das alles zusammen zahlt sich aus: »Man kommt mit sechs Prozent des Wirkstoffes im Vergleich zum flächigen Spritzen aus«, sagt Schnizer, der Maschinenring kalkuliert vorsichtig mit zehn.
Hartmut Schnizer fährt das Gerät für den Maschinenring von Ödenwaldstetten aus, im gesamten Einzugsgebiet des Rings vom Stuttgarter Flughafen bis hoch auf die Alb. Zum Ausleihen ohne Maschinenführer sei das Ganze zu weit weg vom vertrauten Anlagenpark, meint der Maschinenring. Die Bezeichnung »Jet« ist gar nicht schlecht gewählt, bis zu zehn Kilometern pro Stunde Topspeed funktioniert das Ganze – locker nebenher laufen geht da nicht mehr. Der Rumbojet kostet rund 50.000 Euro netto, weiß Nico Weber, der für den Maschinenring den Einsatz koordiniert. Für einen einzelnen Betrieb lohnt sich die Anschaffung nicht, für den Maschinenring schon, hofft Weber, »und als Verein müssen wir ja keinen Gewinn machen«. Der Jet wurde vor ungefähr zwei Jahren im Allgäu entwickelt, »eine Idee aus der Praxis«, sagt Weber, auf einem Hof. Der Maschinenring hat bei Veranstaltungen das Gerät vorgestellt und die Nachfrage abgefragt, »das Interesse war groß«, so Weber, seit diesem Sommer ist es im Einsatz.
Der Jet dürfte im kommenden Jahr kostendeckend ausgelastet sein, hofft Weber. Für seine Mitglieder rechnet sich der Einsatz wegen der Spritzmitteleinsparung auf jeden Fall. Und auch, wenn das Mittel nur den Ampfer angreifen soll: »Weniger ist für die Umwelt immer mehr«, sagt Weber.
Der Maschinenring Alb-Neckar-Fils
Der Maschinenring ist ein landwirtschaftliches Dienstleistungsunternehmen, das Maschinen, Arbeitskräfte und Aufträge an Landwirte, Kommunen und Firmen vermittelt. Ein weiterer Bestandteil ist die Betriebs- und Haushaltshilfe, die auch städtische Haushalte in Anspruch nehmen können. Die Aufgabe des Vereins ist unter anderem die gegenseitige organisierte Betriebshilfe zwischen seinen Mitgliedern im maschinellen und personellen Bereich. Zur Verfügung stehende Arbeitskräfte und nicht ausgelastete Maschinen können zwischenbetrieblich eingesetzt werden. Die dadurch erreichte Senkung der Produktionskosten und Steigerung der Produktivität ermöglicht es auch kleineren Betrieben zu bestehen. Die Geschäftsstelle hat ihren Sitz in Münsingen. (wu)
»Wer Grünland hat, hat Ampfer«, sagt Nico Weber. Der Ampfer ist trockenresistent, mag aber auch nasse Platten, breitet sich flächig aus und lässt dem schwächeren Gras keine Chance. Ohne Einsatz der Bauern wuchert die Fläche nach und nach zu, auf Pferde- oder Rinderkoppeln kann man das schöner sehen als auf Wiesen. Oder besser unschöner, denn der flatschige Ampfer ist ästhetisch kein Gänseblümchen. Giftig sei der Ampfer nicht, sagt Weber, »aber er schmeckt nicht«. Außerdem behindere er den Silageprozess.
Die Mitglieder des Maschinenrings können den Rumbojet, wie die anderen große Maschinen im Vereinsfuhrpark auch, mieten. Um den eigenen Geldbeutel zu schonen und die oft gescholtene konventionelle Landwirtschaft wieder einen Schritt ökologischer zu machen. (GEA)