MÜNSINGEN. Staatsanwalt Alexander Bauer benötigte zwölf Minuten, um die laut Fahrtenbuch 56 Fahrten ohne Führerschein vorzutragen, die ein 30-jähriger Installateur vergangenes Jahr unternommen hatte. Dabei muss es sich »um die Spitze des Eisbergs gehandelt haben«, so Amtsrichter Marian Jander, denn der Mann, der vor ihm stand, hat seit 2017 keine Fahrerlaubnis mehr. Weil er schon einschlägig vorbestraft ist, wurde der geständige Obermonteur zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss er die Gerichtskosten und die Auslagen für seinen Rechtsbeistand bezahlen und 2.000 Euro an die Kreisverkehrswacht Reutlingen-Münsingen überweisen.
Die ganze Sache war bei einer Verkehrskontrolle der Polizei ans Tageslicht gekommen. Die Beamten stellten bei der Überprüfung fest, dass der 30-Jährige seit Jahren keinen Führerschein mehr hat. Trunkenheit im Verkehr, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und Fahren ohne Fahrerlaubnis hatten 2017 zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt.
Arbeitgeber nicht informiert
Zwar hatte der Mann, der bereits wegen Körperverletzung und Bedrohung verurteilt worden war, 2021 eine »medizinisch-psychologische Untersuchung« gemacht, im Volksmund auch als Idiotentest bekannt, hatte diese nach eigenen Angaben aber nicht bestanden. Um seinen Job nicht zu verlieren, informierte der Obermonteur seinen Arbeitgeber nicht über den Verlust des Führerscheins und fuhr die ganzen Jahre über weiterhin auf Baustellen, als wenn nichts geschehen wäre. Wie sich während der Verhandlung herausstellte, nutzte er sein Auto auch für private Fahrten. Inzwischen weiß der Chef, dass sein Mitarbeiter keinen »Lappen« mehr hat. Gekündigt hat er seinem Obermonteur aber nicht. Im Gegenteil, er stellte einen Hilfsarbeiter ein, der ihn gelegentlich zu den Baustellen fährt, berichtete der Angeklagte, der gerade dabei ist, seinen Mercedes für 26.000 Euro zu verkaufen.
Eine gute Idee, denn das Gericht legte die Sperrfrist auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis auf zwölf Monate fest. Dies ist für Verkehrssünder, die in den letzten drei Jahren bereits eine Sperrfrist erhalten haben, das Mindestmaß. Drei Jahre beträgt die Bewährungszeit, in der sich der 30-Jährige nichts zu Schulden kommen lassen darf. Sonst wandert er für acht Monate hinter Gitter. Diese Bestrafung hatte der Staatsanwalt gefordert, mit der auch der Rechtsbeistand des Obermonteurs leben konnte. Bekanntlich hat der Angeklagte während der Hauptverhandlung das sogenannte »letzte Wort«. Er zeigte Reue und versicherte, sich in Zukunft an Recht und Ordnung zu halten. »Ich habe viel Mist gebaut, in Zukunft möchte ich straffrei durchs Leben gehen.« (GEA)