MÜNSINGEN. Niederschwellige Kulturangebote im öffentlichen Raum schaffen: Dieser Grundgedanke steckt hinter dem Kultspace in Münsingen. Vor zwei Jahren verwandelte sich die ehemalige Postfiliale in der Uracher Straße erstmals vom traurigen Leerstand in eine bunte Spielwiese für Künstler und Kunstinteressierte. Vom Frühjahr bis in den Herbst hinein gaben sich Kunstschaffende die Klinke in die Hand. Alle paar Wochen wurden neue Ausstellungen gezeigt und Workshops angeboten.
Und durch die Lage mitten in der Stadt gelang auch das, was im oft als elitär empfunden Kunstmilieu bisweilen ein bisschen schwierig ist: Laufkundschaft neugierig zu machen und so auch das Interesse von Menschen zu wecken, die bisher wenig oder nichts mit Kunst zu tun hatten. Zwischen Einkauf und Café-Besuch schauten doch immer wieder etliche rein. Rund 3.000 Besucher wurden im vergangenen Jahr gezählt. Diese Erfahrung gab den Ausschlag dafür, das Projekt, das auch dank Anschub-Förderung der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg überhaupt erst entstanden ist, fortzuführen. Für die zweite Kultspace-Runde 2023 gab’s Geld vom Land – mit 24.000 Euro war der Betrag durchaus nennenswert.
Ausstellungen und Workshops
Jetzt ist der Fördertopf-Deckel definitiv zu, weiter geht es aber trotzdem. Der Landkreis Reutlingen und die Stadt Münsingen, die bereits seit der zweiten Kultspace-Auflage eng zusammenarbeiten, haben sich entschlossen, auch ohne Geld aus Stuttgart weiterzumachen und neben dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb noch einen weiteren Partner ins Boot zu nehmen: Die Volkshochschule Bad Urach-Münsingen, die ihre Buchungsplattform zur Verfügung stellt und den Kultspace-Machern damit viel organisatorische Arbeit abnimmt, wie der Münsinger Kulturamtsleiter Yannik Krebs betont. Gemeinsam mit seiner Kollegin Sarah Rohloff, die sich im Münsinger Rathaus um die Wirtschaftsförderung kümmert, und Antje Kochendörfer, Regionalmanagerin für Kultur im Landratsamt, stellte er das Programm vor, das dieses Jahr im Kultspace3 – hoch drei für die dritte Auflage – über die Bühne geht.
Start ist wie schon im vergangenen Jahr beim Kunst- und Gartenmarkt: Am kommenden Sonntag, 21. April, werden viele Besucher die Stadt bevölkern, dann öffnet auch das Kultspace zum ersten Mal seine Türen. Zu sehen sind Arbeiten von Wolfgang Fingerle, der »tolle Frauen« porträtiert hat. Sie stammen aus allen Bereichen: Sportlerinnen sind genauso dabei wie Politikerinnen, Künstlerinnen oder Frauen, die in der Wirtschaft Bedeutendes leisten. Die Bilder sind auch danach noch, bis einschließlich 7. Mai, im Kultspace zu sehen. Geöffnet ist dienstags bis samstags immer zwischen 13 und 18 Uhr sowie sonntags von 11 bis 18 Uhr.
Wann sie im Kultspace anzutreffen sind, ob sie »nur« eine Ausstellung oder auch Kurse und Workshops anbieten, ist den Künstlern überlassen, die den Raum bespielen. Etliche werden ihn auch als Atelier auf Zeit nutzen und den Besuchern so Einblicke in den Entstehungsprozess ihrer Kunstwerke geben.
Manche bleiben für zwei Wochen, manche nur übers Wochenende. Lücken gibt’s im Kalender keine, das offene und flexible Galerie-Atelier ist für Künstler – überwiegend aus dem Landkreis – so attraktiv, dass es an Bewerbungen nicht fehlte. Untergebracht haben Yannik Krebs, Sarah Rohloff und Antje Kochendörfer aber alle: »Wir mussten niemandem absagen.« Antje Kochendörfer weiß, dass das Kultspace für Kunstschaffende hoch attraktiv ist: »Es ist für die Akteure sehr wichtig, ihre Ateliers, die oft am Rand liegen, in die Innenstadt zu bringen, sich und ihre Arbeit damit sichtbar zu machen.«
Anzutreffen sind von April bis November sowohl bekannte als auch neue Gesichter: Rund die Hälfte der Künstler sind Kultspace-Wiederholungstäter, sagt Krebs. In den vergangenen beiden Jahren haben sich – auch das war ein Ziel des öffentlichen Pop-up-Ateliers – Netzwerke unter den Künstlern gebildet. So haben sich beispielsweise Sängerin Sandra Linsenmayer und Künstlerin Romana Meissner gefunden. Mit einem gemeinsamen Projekt wollen sie Brücken schlagen zwischen Stimme, Wort und Bild. Wieder mit dabei ist auch das inklusive Team des Living Museums Alb aus Buttenhausen, das unter anderem Theater zum Mitmachen anbietet. Und auch Kerstin Beck-Wieseke ist keine Unbekannte: Wie schon in den zurückliegenden Jahren bietet sie eine Kunstworkshop-Reihe speziell für Frauen an. Annemarie Sommer wird erneut mit Pigmenten aus Erde und Asche arbeiten. Ebenfalls aus Münsingen sind Christoph Menschel, der Zeichnungen von seiner Heimatstadt zeigt, und die Textilkünstlerin Lina Dippel: Sie lässt sich, gemeinsam mit ihrem Sohn Edem, von Rabenvögeln künstlerisch inspirieren und verarbeitet die Eindrücke und Ideen in den verschiedensten Arbeitstechniken von Weberei bis Druck.
Das Programm ist auf den Internetseiten des Landkreises und der Stadt Münsingen abrufbar, die gedruckte Version gibt’s im Kultspace. (GEA)
KUNST- UND GARTENMARKT
Frühlingsfest am Sonntag, 21. April, mitten in der Stadt
Am Sonntag, 21. April, öffnet nicht nur das Kultspace erstmals wieder seine Türen. Auch in der gesamten Innenstadt ist großes Frühlingserwachen angesagt: Auf dem Matthias-Erzberger-Platz und auf den umliegenden Straßen schlagen Händler ihre Stände zum Kunst- und Gartenmarkt auf. Gartengestalter, Floristen und Künstler bieten Grünes und Schönes für drinnen und draußen an. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf regionalen Produkten – vor allem kulinarischer Art. Lebensmittel zum Mitnehmen gibt’s genauso wie leckere Snacks, die den Marktbesuch direkt verschönern. Der Markt und die Geschäfte öffnen um 11 Uhr für Besucher, Ende ist um 17 Uhr, die Läden schließen schon eine Stunde eher. (ma)