ST. JOHANN. 18 Räte sind für den Gemeinderat St. Johann zu wählen – fünf für den Wohnbezirk Würtingen, jeweils drei für Bleichstetten, Gächingen und Upfingen, jeweils zwei für Lonsingen und Ohnastetten. Zurzeit sitzen 20 Frauen und Männer am Ratstisch, weil es zwei Ausgleichsmandate gibt. Auch wenn die Räte allesamt das Gemeinwohl der Kommune im Auge haben: Politisch unterschiedliche Profile und abweichende inhaltliche Schwerpunkte gibt es aber durchaus, darauf legen die vier aktuell im Gremium vertretenen Listen wert. Das kam auch bei einer gemeinsamen Info-Veranstaltung heraus: Die einzelnen Listen stellten sich vor und warben um Kandidaten. Mit gewissem Erfolg, denn alle vier treten nun mit einer Mischung aus amtierenden Gemeinderäten, die sich erneut bewerben, und neuen Gesichtern an.
- Neue Liste
»In den vergangenen fünf Jahren haben wir erfahren und erlebt, was Kommunalpolitik heißt«, schreibt die noch junge Neue Liste in ihrem Wahlprogramm. Vor fünf Jahren ist sie zum ersten Mal angetreten und hat es mit neun Vertretern ins Gremium geschafft. Drei davon – Regina Schaller, Timo Herrmann und Nachrücker Uli Lippmann – wollen aufhören. Alle anderen kandidieren wieder: Die Fraktionsvorsitzende Manuela Wendler sowie Ralf Brendle, Kay Götz, Veronika Kraiser, Madita Weinmann-Plorin und Petra Rall. Mit Rahel Simm, Jahrgang 1988, steht auch eine neue junge Bewerberin auf der Liste. »Das freut uns sehr«, betont Manuela Wendler.
Es gibt aber auch einen Wermutstropfen: »Leider haben wir in Upfingen keinen Kandidaten gefunden.« Sie finde es schade, dass das Interesse und die Motivation selbst aktiv im Gremium mitzuarbeiten sehr gering sei, sagt Manuela Wendler. »Leider haben wir trotz Veranstaltung und persönlicher Gespräche nicht mehr Kandidaten gefunden. Wir hoffen trotzdem, dass die Bürger zur Wahl gehen und von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.«
Die Kommunalpolitik bringe eine Fülle an Themenfeldern und komplexen Herausforderungen mit sich. »An der Schnittstelle zwischen finanziellen Möglichkeiten, realpolitischen Pflichtaufgaben und verwaltungstechnischen Auflagen tritt der eigene Idealismus an mancher Stelle in den Hintergrund«, schildern die Räte ihre Erfahrungen. »Die vergangene Legislaturperiode ließ uns in diese Prozesse hinein- und als Gruppe zusammenwachsen. Gemeinsam wollen wir die gewonnene Erfahrung auch weiterhin nutzen, um an einem lebenswerten St. Johann mitzugestalten.«
»Bewährtes schätzen – Neues gestalten«, ist eines der Schlagworte im Wahlprogramm. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Erhalt von Kindergärten und Schulen, Vereine und Initiativen will die Neue Liste unterstützen. Auch zukunftsfähige Wohnkonzepte zu ermöglichen und generationenübergreifend zu planen ist der Fraktion wichtig. Bürgerschaftliches Engagement soll gefördert, die Ortschaftsverfassung weiterentwickelt werden.
- Freie Wählervereinigung
Alle, die bisher schon für die Freie Wählervereinigung (FWV) im Gemeinderat sind, wollen ihre kommunalpolitische Arbeit fortsetzen: Jens Kalmbach, Miriam Werner, Hans Brändle, Swen Schober, Enzian Schneider, Michael Heinz und Kristian Janzen stellen sich zur Wiederwahl. Es finden sich aber auch neue Bewerber dabei beziehungsweise solche, die bereits kandidiert haben, den Sprung ins Gremium damals aber nicht geschafft haben: Dieter Kröger, der derzeit als Ortsvorsteher von Bleichstetten beratend mit am Tisch sitzt, sowie Albert Münch und Roland Lutz.
»Bewährtes erhalten und sich Neuem öffnen«: Hinter diesem Anspruch stehen für die FWV konkrete Ziele. Wie es mit den gemeindeeigenen Immobilien, die im Gemeinderat immer wieder Thema waren, weitergeht, interessiert die FWV genauso wie Umbau und Renovierung von Schule und Sporthalle. Nicht Fraktionsdenken, sondern listenübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit ist den Freien Wählern wichtig. Um Projekte und Ausgaben gut und effektiv abzuwickeln, wünschen sie sich eine klare Priorisierung: Ausgaben sollen nach Wichtigkeit und Dringlichkeit beurteilt werden mit dem Ziel, Kosten einzusparen. Auch ob Projekte den Kriterien der Nachhaltigkeit entsprechen, soll überprüft werden. Transparenz ist ein weiteres Stichwort: Projekte sollen dokumentiert, Bürger regelmäßig über die Zwischenschritte informiert werden. Einsetzen will sich die FWV auch für ein leistungsfähigeres Mobilfunknetz und Internet sowie für die Sanierung des Trinkwassernetzes. Was die Abwasserentsorgung angeht, wünscht sich die Liste regionale Kooperationen. Und auch den Umbau des Stromnetzes – von der Freileitung unter die Erde – will die FWV forcieren.
- WIR für St. Johann
Ein bemerkenswertes Detail fällt beim Blick auf die Wahlvorschläge ins Auge: Markus Maibrink, bisher als Einzelkämpfer für WIR für St. Johann (WfS) im Gremium vertreten, bekommt vielleicht prominente Verstärkung: Sonja Döhler, die im vergangenen Jahr bei der Bürgermeisterwahl angetreten war, will in den Gemeinderat, Döhler und Maibrink sind die beiden einzigen Kandidaten der WfS. Ansprechbar will die WfS sein und sachorientiert, konsequent und zielstrebig die Interessen und Standpunkte der Bürger vertreten.
Die Liste will die Zukunft St. Johanns mitgestalten und weiter aktiv Impulse setzen, um die Gemeinde bedarfsorientiert und nachhaltig zu entwickeln. Dafür strebt WfS ein mittel- und langfristiges Gemeindeentwicklungskonzept an.
Die Sicherung der Daseinsvorsorge dürfe auch im Gemeinderat nicht aus dem Blick geraten. Wirtschaft, Natur, Tourismus und Energiewende soll zum Wohle der Gemeinde in Einklang stehen. Und dazu sollen die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde zum maximalen Gemeinwohl genutzt werden.
Ohne eine zukunftsfähige Verwaltung und Infrastruktur geht das nicht, hier will WfS Zeichen setzen, ebenso beim bürgerschaftlichen Engagement. WfS unterstützt die Bedürfnisse der Jugend, glaubt an ein St. Johann, will aber gleichzeitig die jeweiligen Dorfgemeinschaften stärken.
Die dafür notwendigen guten Entscheidungen könnten nur im offenen Austausch mit allen Beteiligten getroffen werden und müssen transparent sein.
- Offene Bürgerliste
Auch der zweite Herausforderer, der damals bei der Wahl gegen Bürgermeister Florian Bauer antrat, bewirbt sich nun um einen Platz am Ratstisch: Alexander Knabe steht neben Stefan Linder auf der Offenen Bürgerliste (OBL). Annette Aichele, die Ende 2021 für den verstorbenen Claus Dollinger nachrückte, will nicht weitermachen. Und auch die langjährige Rätin und Stellvertreterin des Bürgermeisters Ingrid Eißler-Bimek zieht sich aus der Kommunalpolitik zurück.
»Wir sind die Richtigen, weil wir die Probleme der Menschen kennen und verstehen«, schreiben Linder und Knabe in ihrem Programm. Sie wollen Kultur und sanften Tourismus – Stichwort Biosphärengebiet – voranbringen, und mehr gestalten als verwalten. Sich selbst charakterisieren sie als »unvoreingenommen, offen, ehrlich und authentisch«.
Konkret wollen sie sich für den Fortbestand des Schulstandorts Würtingen und die Förderung der Inklusion einsetzen, die Gemeindeverschuldung abbauen und die kontinuierliche Sanierung von Straßen und öffentlichen Gebäuden in allen Ortsteilen voranbringen. Junge Familien nach St. Johann zu bringen ist ihnen ebenso wichtig wie die Jugendarbeit wieder zu beleben – auch in Zusammenarbeit mit Schule, Vereinen und Nachbargemeinden.
Eine Vision ist die Energieunabhängigkeit der Gemeinde: Der Ausbau von »landschaftsschonenden erneuerbaren Energien« und der Ausbau von PV-Anlagen auf kommunalen Gebäuden steht deshalb ebenfalls weit oben auf der Agenda der Offenen Bürgerliste.
Bürgerbeteiligung ist Linder und Knabe ein großes Anliegen, nicht nur mit Blick auf transparente Entscheidungen, sondern auch auf genossenschaftliche Projektbeteiligung. (GEA)