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Hayinger hat bei Diskussion um G9 mitentschieden

Nico Erzberger war einer von 64 »Zufallsbürgern«. Der Hayinger hat beim Bürgerforum mitgemacht und sich für die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium ausgesprochen.

Nico Erzberger aus Hayingen hat als einer von 64 »Zufallsbürger« am Bürgerforum G8/G9 teilgenommen.
Nico Erzberger aus Hayingen hat als einer von 64 »Zufallsbürger« am Bürgerforum G8/G9 teilgenommen. Foto: Maria Bloching
Nico Erzberger aus Hayingen hat als einer von 64 »Zufallsbürger« am Bürgerforum G8/G9 teilgenommen.
Foto: Maria Bloching

HAYINGEN. 6.000 Bürger aus 45 Kommunen in Baden-Württemberg, alle über 16 Jahre, aber jeglichen Alters, unterschiedlicher Herkunft und Geschlechter waren per Zufallsgenerator ausgewählt und angeschrieben worden, 315 Personen haben sich zurückgemeldet. Unter ihnen auch Wirtschaftsinformatiker Nico Erzberger. Der 25-Jährige aus Hayingen war sehr überrascht über die Post vom Staatsministerium für Bürgerbeteiligung. »Ich sollte bei einem von der Landesregierung breit angelegten, dialogischen Beteiligungsprozess zum Thema G8/G9 mitmachen. Bisher hatte ich mir über diese Sache noch nicht groß Gedanken gemacht. Aber mich interessierte die Vorgehensweise des Bürgerforums, deshalb wollte ich dabei sein«, erzählt er.

Im Team mit insgesamt 64 »Zufallsbürgern« sollte darüber debattiert werden, wie lang das allgemeinbildende Gymnasium in Baden-Württemberg künftig dauern soll. Weiterhin acht Jahre oder – so wie früher – neun Jahre? Nico hat dazu eine klare Meinung, wollte sich deshalb einbringen. »Es war wirklich sehr interessant und auch faszinierend, mit so vielen verschiedenen Leuten aus ganz Baden-Württemberg zu tun zu haben und sich mit unterschiedlichen Standpunkten und Positionen auseinanderzusetzen«.

Teilnehmer des Bürgerforums wurden umfassend informiert

Im Rahmen der Auftaktveranstaltung Ende September lernten die Teilnehmer auch Kultusministerin Theresa Schopper kennen, immerhin ist es vor allem ihr Metier, um das es beim Bürgerforum ging. Es folgten vier weitere Online-Sitzungen, in denen man sich über verschiedene Kategorien mit Experten – Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Bildungseinrichtungen, Elternschaft, Schülerschaft und Medizin – austauschte. »Dabei haben wir uns auch angeschaut, wie es für Schüler ist, viermal in der Woche Nachmittagsunterricht zu haben, welche Auswirkungen der hohe Druck auf sie hat und wie viele Stunden sie auf sozialen Plattformen verbringen«, erzählt Nico Erzberger.

Man diskutierte das Für und Wider von G8 und von G9, sammelte Ideen und Vorschläge und einigte sich schließlich auf Kernaussagen, die sich nun in einem Bürgergutachten wiederfinden. Darin wird klar eine Rückkehr zu G9 empfohlen, wobei in jedem Landkreis ein wählbares G8-Konzept möglich sein soll. »Ich bin nicht überrascht vom Ergebnis, auch ich war für die Rückkehr zu G9«.

»Ich bin kein Freund von Gemeinschaftsschulen«

Der persönliche Lebenslauf von Nico Erzberger zeigt, dass Zeit manchmal für die persönliche Entwicklung entscheidend sein kann. Er selbst besuchte zunächst in Zwiefalten die Hauptschule, wechselte nach dem Abschluss an die zweijährige Wirtschaftsschule und machte dann am dreijährigen Wirtschaftsgymnasium das Abitur. Anschließend studierte er dual Wirtschaftsinformatik, legte einen sehr guten Bachelorabschluss ab und hat nun einen hervorragenden Job bei Liebherr in Ehingen. »Ich bin kein Freund von Gemeinschaftsschulen, weil ich befürchte, dass einige Schüler überfordert werden und andere ausgebremst. In vielen Gesprächen mit Schülern konnte ich heraushören, dass das nicht so gut funktioniert, wie es eigentlich geplant war. Eine verlängerte Grundschule bis Klasse 6, wie von einigen im Bürgerforum gefordert, bringt meiner Meinung nach nichts. Der Vorschlag wurde ins Gutachten mit eingebaut, die Zustimmung beim Voting war aber insgesamt zurückhaltend.«

G9 ohne Kompromisse

Nico Erzberger hätte sich die Rückkehr zum G9 aber flächendeckend und ohne die Wahlmöglichkeit für G8 gewünscht. »Ich bin überzeugt, dass nur wenige Leute diese Wahl in Anspruch nehmen. Trotzdem muss dafür sehr viel Geld in die Hand genommen werden. Und das nur, um ein Jahr früher mit der Schule fertig zu sein.«

Er selbst hat für seinen Abschluss länger als andere gebraucht, dennoch war es für ihn genau richtig. »Es ist wichtig, dass jeder so lernen kann, wie es seinen Möglichkeiten entspricht. Der Druck sollte nicht zu groß sein, sonst kommt man mit den Anforderungen nicht klar«, ist der 25-Jährige überzeugt. Das Problem beim derzeitigen G8 sei, dass Schüler aufgrund der nicht verbindlichen Grundschulempfehlung am Gymnasium sind, die da eigentlich nicht hingehören und in der Folge überfordert und psychisch belastet sind.

Nico Erzberger hofft nun, dass die Landesregierung auf die Empfehlung des Bürgerforums hört und sich für eine Reform des achtjährigen Gymnasiums entscheidet. Sollte es nicht dazukommen, hat die Teilnahme ihn persönlich dennoch weitergebracht: »Ich konnte meinen Horizont erweitern und habe gelernt, objektiver und offener gegenüber der Meinung anderer zu sein. Es war eine sehr lehrreiche Zeit für mich«. (GEA)