GAMMERTINGEN/INNERINGEN. Das Netz wird dichter, jetzt soll auch in Inneringen ein Verein gegründet werden, der sich der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) annimmt. Mittlerweile gibt es rund 400 solcher Vereine in Deutschland, etwa 100 seien in Gründung, erzählt Philipp Teufel im Gespräch mit dem GEA. Zwar ist das Interesse groß und die Zahl der Solawis stattlich, auf der Alb klafft aber noch eine Lücke.
Die Idee ist einfach: Ein Solawi-Verein besitzt oder pachtet einen Acker und die Mitglieder entscheiden, was dort angebaut wird. Der Ertrag kann dann in haushaltsgerechten Mengen in einer Kiste abgeholt werden.
»Ein Acker, ein Schuppen und eine Wohnung für den Gärtner sind da«
Die Vereine unterscheiden sich darin, wer den Acker bestellt. Das können die Mitglieder sein, ein Landwirt oder ein angestellter Gärtner. Für Inneringen ist ein Gärtner angedacht, die Stellenbeschreibung findet sich bereits auf der Webseite des Vereins. Falls sich die Mitglieder dafür entscheiden, soll der Profi in Vollzeit angestellt werden und den einen Hektar Fläche nach den Vorstellungen der Mitgliederversammlung bewirtschaften.
Am Donnerstag, 24. November, bekommen Interessierte und angehende Mitglieder bei einer Informationsveranstaltung in der Inneringer Alten Schule die Gelegenheit, sich über das Konzept zu informieren. Dann soll schnell der Verein gegründet werden, schließlich gilt es, das erste Anbausortiment festzulegen und den Acker vorzubereiten. Der ist derzeit noch eine Wiese, liegt aber innerorts in einem Mischgebiet, sodass die Umwidmung in einen Gartenbaubetrieb möglich ist. Die zuständigen Behörden hätten keine Einwände, sagt Teufel.
Philipp Teufel, Ehefrau Nadine und Melanie Störmer-Draskovic gehören zu den Initiatoren des Solawi-Projekts, 10 bis 20 weitere potenzielle Vereinsmitglieder sind an einem schnellen Aufbau interessiert, erzählt Nadine Teufel. Die Akteure kommen aus der Region von Bingen bis Trochtelfingen, Sonnenbühl oder Pfronstetten.
Vorbild für die Inneringer Anlage ist die Solawi in Sigmaringen, die seit vier Jahren besteht. Auch dieser Verein verfügt über einen Hektar Fläche, bis zu 50 Ackerfrüchte sind dort mittlerweile im Sortiment. In diese Richtung soll es auch in Inneringen gehen.
Philipp Teufel ist zuversichtlich, dass das schnell erreicht werden kann. Im Ort seien die Böden sehr gut, vielleicht ein Relikt aus der Zeit, als hier noch Gärten und Dunglegen zu finden waren. Wasser ist eine Herausforderung, kann aber von Dachflächen direkt am Solawi-Acker aufgefangen werden. »Wasser ist ein großes Thema«, sagt Philipp Teufel, »das hat der vergangene Sommer gezeigt.«
Ein Schuppen für Geräte grenzt ebenfalls an den Acker, dort können auch ein Verteilraum, ein Kartoffelkeller und sonstige Lagerräume eingerichtet werden. Sogar eine Wohnung für den Gärtner wäre vorhanden, falls der eine brauchen würde. Folientunnel sollen die Möglichkeiten erweitern.
Für Vereinsmitglieder gibt es zwei Möglichkeiten: Sie können über ihren Mitgliedsbeitrag rein finanziell unterstützen, mit halben oder ganzen Anteilen. Der Preis für einen Anteil dürfte sich pro Monat zwischen 50 und 80 Euro einpendeln, schätzt Nadine Teufel. Sie sollen aber auch die Möglichkeit bekommen, selbst die Hacke in die Hand zu nehmen. »Das würde auf jeden Fall den Ertrag für alle steigern«, sagt Teufel, »über Gegenleistungen für die Helfer kann man noch sprechen.«
»Wir sind keine Konkurrenz zu Handel und eigenem Garten«
Die Idee für die Solidarische Landwirtschaft komme ursprünglich aus den USA, erzählt Teufel. Dort sei es zuerst ein Marketinginstrument für Farmer gewesen, die nicht konventionell erzeugte Produkte auf den Markt bringen wollten. Der Vereinsgedanke sei dann in Deutschland hinzugekommen. Wenn die Gründung mit Satzungsbeschluss, Wahlen und den anderen lästigen, aber nicht unwichtigen Formalien über den Tisch gegangen sein wird, soll schnell über das erste Anbau-Sortiment beschlossen werden.
Im kommenden Frühjahr soll gepflanzt werden, die ersten Früchte könnten im Mai oder Juni an die Mitgliedern gehen, hofft Nadine Teufel. In diesem Jahr wird es nichts mehr, in der Sigmaringer Solawi wird aber noch fleißig Lauch und Rosenkohl geerntet, dazu kommen die lagerbaren Früchte in den Keller. Ab 2024 soll es auch in Inneringen rundlaufen, dann gibt es Kisten mit Gemüse übers ganze Jahr, mal mehr, mal weniger, mit unterschiedlichem Inhalt: Saisonal und regional gehört zum Credo.
Alles, was einfallsreiche Küchenchefs und -chefinen sich wünschen, wird es also nicht (immer) geben. »Wir sind keine Konkurrenz für den Lebensmittelhandel und auch nicht zum Garten«, sagt Teufel. Tomaten- und Zucchini-Schwemmen sollen vermieden werden, über das, was in Inneringen wachsen wird, entscheiden ja die Mitglieder. Es gäbe sogar die Möglichkeit, über den Verein die Überschüsse aus dem eigenen Garten weitergeben zu können. Zum Vereinsleben kann also mehr als Kistenabholen gehören.
Gemeinsame Feste sind denkbar, nicht nur zu Erntedank, auch kulturelle Veranstaltungen und Hilfe untereinander mit Rat und Tat, die Solidarität steht ja im Titel. (GEA)
INFOABEND
In Inneringen soll im kommenden Jahr die Solawi Inneringen entstehen. Die Initiative veranstaltet am Donnerstag, 24. November, einen Infoabend, um über das Konzept zu informieren und Mitglieder zu finden. Der Infoabend findet um 18.30 Uhr in der Alten Schule in Inneringen statt, es gibt einen Vortrag über den Aufbau einer Solawi im Allgemeinen und zu den Plänen für die Solawi in Inneringen. Zusätzlich gibt es einen Gastvortrag von zwei Vertretern der Solawi in Sigmaringen. (GEA)