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Aktuell Windkraft

Gemeinderat setzt sich für die Gammertinger Albgemeinden ein

Die Gammertinger Albgemeinden Harthausen, Feldhausen und Kettenacker sollen nach Planungen des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben überproportional viele Windenergievorrangflächen bekommen. Der Gemeinderat will mit seiner Stellungnahme die Last erleichtern.

Bürger und Gemeinderat wollen mehr Abstand zu den geplanten Windrädern auch für die Gammertinger Albgemeinden.
Bürger und Gemeinderat wollen mehr Abstand zu den geplanten Windrädern auch für die Gammertinger Albgemeinden. Foto: Jens Büttner/dpa/dpa
Bürger und Gemeinderat wollen mehr Abstand zu den geplanten Windrädern auch für die Gammertinger Albgemeinden.
Foto: Jens Büttner/dpa/dpa

GAMMERTINGEN. Der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben hatte geplant, die Stadt Gammertingen hat jetzt ihre Stellungnahme zur Teilfortschreibung auf den Weg gebracht. Wo werden sich die Windräder drehen, die künftig einen guten Teil des Stroms in der Republik liefern sollen? Auf 1,8 Prozent der Landesfläche, so haben es der Bundestag und für Baden-Württemberg der Landtag in Gesetze gegossen. Demokratisch legitimiert, wie der Gammertinger Gemeinderat Wolfgang Lieb, Sprecher der Fraktion Gleiches Recht für Alle (GRfA), im Rat betonte. Angesichts einer Koalition aus SPD, Grünen und FDP im Bund und einer grün-schwarzen im Land dürfte er recht haben. »Die Regierungen haben Sie gewählt«, erklärte Lieb, diese Aussage rief bei einigen der zahlreichen Bürger im historischen Schlosssaal, die der Gemeinderatssitzung folgten, Unmutsäußerungen hervor.

Anwaltliche Unterstützung bei der Stellungnahme

Der Bund hat das Ziel zwei Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien vorgegeben, das Land hat präzisiert, dass es mindestens 1,8 Prozent für Windkraft und 0,2 Prozent für Photovoltaik sein müssen - Betonung auf müssen. Die Regionalverbände gießen die Vorgaben in einen Teilregionalplan Energie. Für die Kommunen bleibt am Ende der Gesetzes- und Verordnungskette zumindest bei der Windkraft wenig Mitspracherecht. »Wir als Kommunen sind nicht Herr des Planungsverfahrens«, machte Bürgermeister Andreas Schmidt klar.

Tricksen, etwa indem man noch schnell Gewerbegebiete ausweist, geht auch nicht. »Flächennutzungspläne dürfen dem Windvorrang nicht widersprechen«, sagte Nikolas Winter vom Büro Juscomm Rechtsanwälte aus Stuttgart. Und: »Das einzige Recht der Kommunen ist das Recht zur Stellungnahme.« Juscomm hat der Stadt beim Verfassen der Stellungnahme zur »Fortschreibung des Teilregionalplans Energie« geholfen. Der Wunsch nach anwaltlicher Unterstützung wurde von der CDU-Fraktion in der Februarsitzung eingebracht, Bürgermeister Andreas Schmidt kam dem nach, der Entwurf der Stellungnahme wurde jetzt vom Gemeinderat abgesegnet.

Der Regionalverband hatte in der vergangenen Woche den bisherigen Stand der Planungen in der Mensa der Laucherttalschule vorgestellt (der GEA berichtete). Verbandsdirektor Wolfgang Heine hatte dabei auf die Schwierigkeiten in seinem Beritt hingewiesen, dass 1,8-Prozent-Ziel zu erreichen: Im Bodenseekreis eignen sich nur vier Prozent der Flächen, im Kreis Ravensburg sind es 37 Prozent, die Hauptlast trägt der Kreis Sigmaringen mit 59 Prozent wegen seiner tendenziell dünn besiedelten, aber windstarken Hochflächen. Und auch im Kreis sind nur wenige Gebiete auserwählt, dazu zählen die Flächen um die Gammertinger Albgemeinden Harthausen, Feldhausen und Kettenacker und - einen Windstoß entfernt - Inneringen und Hettingen. Erschwerend hinzu kommt, dass auch die hier angrenzenden Regionalverbände Neckar-Alb und Donau-Iller in Sichtweite Windvorrangflächen gen Trochtelfingen-Mägerkingen, Pfronstetten und Langenenslingen ausweisen.

Da könnten einige Windräder zusammenkommen. Beim bisherigen Stand der Planungen wird es auf der Gammertinger Gemarkung 685 Hektar Windvorranggebiete – 12,9 Prozent der Gemeindefläche – geben, an zwei Stellen: Das Vorranggebiet »Gammertingen Ost« zwischen der Stadt und den Albgemeinden Feldhausen und Harthausen umfasst 365 Hektar, das Vorranggebiet »Kettenacker Ost« 320 Hektar. Und weil der Regionalverband sich schwertut, seine 1,8 Prozent zusammenzukratzen, rücken die Gebiete sehr nahe an die Ortschaften heran.

Mehr Abstand, weniger Umzingelung

Rechtsanwalt Winter stellte die Stellungnahmen vor: Die Stadt sieht sich in ihrer in Grundgesetz und Landesverfassung verbrieften Selbstverwaltungsgarantie beschränkt. Denn wo sich Windräder drehen, geht sonst nicht viel. Die Stadt plant ja Wohngebiete in Harthausen, auch die Baugebiete Hettinger Weg in Feldhausen und Oberer Bol in der Kernstadt wären von der Windkraftplanung betroffen. Die Bürger trifft es direkt: Die schiere Zahl der Windräder und die Nähe - der Regionalverband plant mit 800 Metern Abstand zu Wohngebieten - hätten Folgen: »Erdrückende Wirkung erscheint geradezu als Verharmlosung der zukünftigen Entwicklung«, heißt es in der Stellungnahme. Windradfreie Sichtfenster gäbe es nur noch wenige, insbesondere von Kettenacker aus, wenn man die Nachbarverbände mit in den Blick nimmt. Um Kettenacker könnten die Anlagen auf Höhenzügen stehen, was die optische Wirkung, aber auch den Schattenwurf noch verstärken würde.

In der umfangreichen Stellungnahme werden einige Punkte betont: mehr Mindestabstand zu den Siedlungen, mehr Sichtfenster - in Kettenacker vor allem gen Süden -, weniger Umzingelung, Erhalt des Planungsspielraums der Stadt. Die Fraktionen im Gemeinderat waren sich hier einig. »50 Meter Abstand sind zu wenig«, sagte Gerhard Jaudas von der CDU. Zehn Prozent der Fläche von Gammertingen anstatt der geplanten 12,9 Prozent seien genug, meinte GRfA-Sprecher Wolfgang Lieb, warnte aber davor, den Regionalplan scheitern zu lassen: Wenn das 1,8-Prozent-Ziel nicht erreicht werde, greife die sogenannte »Superprivilegierung«, dann könne überall gebaut werden, wo sich Projektierer und Grundstückseigentümer einigen.

Ortsvorstände mit eigener Stellungnahme

Die Ortsvorstände der Albgemeinden, Matthias Gulde, Hans Steinhart und Manfred Rogg, sahen ihre Anliegen in der Stellungnahme gut aufgegriffen und lobten die klare Sprache. Sie haben ein eigenes Positionspapier erarbeitet, das auch Dinge wie Wertverlust von Wohngebäuden, gesundheitliche Folgen oder Gewässerschutz aufgreift. Das Papier wird dem Antrag in einer endgültigen Fassung der Stellungnahme der Stadt angefügt. (GEA)