BURLADINGEN-GAUSELFINGEN. »Es ist eine Liebeserklärung an die Hunde«, sagt Christiane Breinig, seit acht Jahren Vorsitzende der Nothilfe für Polarhunde. Denn es ist sehr aufwendig, aus dem Unterfell von Polarhunden wie den Huskys Wolle zu machen. Sie verlieren im Frühjahr ihr Unterfell. Christine Breinig hat ihre eigenen Hunde ausgebürstet, und dabei ist so viel Wolle zusammengekommen, dass sie sich dachte, man müsse daraus doch etwas machen können. Nicht nur von den eigenen Vierbeinern, auch von den 25 Fellnasen, die in der Auffangstation der Nothilfe für Polarhunde in Gauselfingen untergebracht sind, kommt einiges an Wolle zusammen, die Breinig sammelt, nach Farben sortiert und reinigt.
Die Suche nach einer Spinnerei gestaltete sich schwierig und bleibt es weiter, weil die bisherige Spinnerin aufgegeben hat. Es ist aufwendig und komplizierter, Garn aus der Husky-Wolle zu spinnen als zum Beispiel aus der von Schafen, denn die Hundehaare sind kürzer. Gekämmt, gewaschen, gereinigt und zu Knäuel gewickelt kommt die Wolle wieder zu Christiane Breinig, die zu den Stricknadeln greift.
Mal reine Husky-Wolle, mal gemischt mit Wolle vom Collie - dann ist das Garn derber - oder mit Alpaka, das macht sie schön flauschig, entstehen mit flinken Fingern Handschuhe, Mützen, Sofasocken, Stirnbänder, Baskenmützen und Babyschuhe.
Das alles ist kein Selbstzweck. Die wärmenden Strickwaren kommen der Nothilfe für Polarhunde zugute. Der Verein verkauft sie bei seinem Weihnachtsmarkt am Samstag, 2. September, in seiner Auffangstation in Gauselfingen. Günstig sind die Husky-Woll-Accessoires nicht - wegen des schon erwähnten Aufwands und der vielen Handarbeit. Dafür aber kann der Träger eines solchen gestrickten Warmhalters nie mehr über kalte Hände & Co. klagen.
Husky-Wolle wärmt fünfmal so gut wie Schafwolle, sagt Breinig. Was dem Hund also das Überleben in frostigen Gebieten ermöglicht, kann dem menschlichen Woll-Nutzer nur recht sein. Weiterer Vorteil: Die Husky-Wolle riecht nicht nach Hund. »Das alles ist kein Geschäftsmodell«, sagt Christiane Breinig, aber der Verein kann so ein wenig zusätzlich verdienen. Denn die Nothilfe für Polarhunde lebt ausschließlich von Spenden.
1994 wurde der Verein gegründet, seit 2014 betreibt er die Auffangstation auf dem Hasleberg in Gauselfingen an der Reutlinger-Sigmaringer Landkreisgrenze. Ein echter Glücksfall für die Huskyretter: Sie fanden einen alten Pferdestall auf der Schwäbischen Alb und bauten ihn zu der Auffangstation mit den räumigen Gehegen um. Sie bietet mittlerweile Platz für 25 Hunde. 2019 wurde eine Stiftung gegründet, die das Unternehmen finanziell absichert.
Weihnachtsmarkt der Nothilfe für Polarhunde
Am 2. Dezember, einen Tag vor dem ersten Advent, veranstaltet die Nothilfe für Polarhunde in ihrer Auffangstation auf dem Hasleberg in Gauselfingen (Klepperteil 4) einen Weihnachtsmarkt. In der Halle erwarten die Besucher von 12 bis circa 17 Uhr Stände mit handgemachten Geschenkideen, unter anderem Handgestricktes aus Huskywolle. Die Nothilfe informiert außerdem über ihre aktuellen befellten Bewohner und die Station. Für das leibliche Wohl wird mit frischen Waffeln, diversen herzhaften Köstlichkeiten, Kaffee, Glühwein und Kaltgetränken gesorgt. (GEA)
Normale Tierheime seien nicht immer darauf eingerichtet, Huskys aufzunehmen, sagt die Vorsitzende Christiane Breinig. Denn manchmal werden gleich mehrere Tiere auf einmal abgegeben, die zum Beispiel aus dem Schlittenhundesport kommen. Huskys sind Gruppenhunde, sagt Breinig. Deshalb gebe es rassespezifische Nothilfen, die auch Hunde aus Tierheimen aufnehmen. »Im Tierschutz muss man zusammenhalten.«
»Der Hund braucht Führung, einen Menschen, der Schutz bietet, klare Regeln und Abläufe hat und diese konsequent umsetzt«
Huskys seien menschenfreundlich, lauffreudig, haben einen gewissen Jagdtrieb, darauf seien sie gezüchtet, und sie seien eigenwillige Hunde. »Wir fördern die Hunde, arbeiten mit ihnen und vermitteln sie.« Dabei schaut sich das Nothilfe-Team genau an, in welches Umfeld die Fellnasen kommen, und die potenziellen neuen Herrchen und Frauchen sollen auf jeden Fall in die Auffangstation kommen, um den künftigen vierbeinigen Mitbewohner kennenzulernen. Die Besitzer müssen dafür sorgen, dass die Tiere körperlich und geistig ausgelastet sind. Wichtig ist, die Tiere nicht zu vermenschlichen. Das sei immer wieder ein Problem, sagt Breinig, wenn Menschen einen Hund als Partner- oder Kinderersatz halten wollen. »Der Hund braucht Führung, einen Menschen, der Schutz bietet, klare Regeln und Abläufe hat und diese konsequent umsetzt.«
An der Personalsituation sei die Arbeit der Nothilfe schon einmal fast gescheitert. Ein Problem, das auch Tierheime kennen. Die Durststrecke - ein Jahr Arbeit im Notbetrieb wegen mangelnder Fachkräfte - ist überwunden: Im Januar erhielt die Nothilfe vier gute Bewerbungen, zwei Pflegerinnen und die Stationsleiterin arbeiten nun in der Auffangstation, dazu kommen 15 Gassigeher und ehrenamtliche Helfer, die sich auch handwerklich einbringen. Die Nothilfe für Polarhunde werde gerade wieder überrollt von Anfragen, ist aber voll belegt, die Warteliste ist lang. Entscheidend ist die Vorgeschichte des Hundes, wie lang er in der Auffangstation bleibt. Mancher kann schnell in ein neues Zuhause ziehen, andere Huskys sind Langsitzer und bleiben Jahre auf dem Hasleberg. Klar aber ist: »Wir sind kein Gnadenhof.« (GEA)