Sanierung wäre unwirtschaftlich
»Ein Riese in Top-Lage.« So charakterisiert Bürgermeister Betz das Feriendorf, das sich zwar in seiner Gemeinde, aber wohlgemerkt nicht in deren Eigentum befindet. Gebaut und betrieben hat das Feriendorf von 1970 und noch bis Ende dieses Jahres die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart. Zuletzt mit einem jährlichen Defizit von 300 000 Euro, wie Hermann Beck berichtet, der bei der Gesamtkirchengemeinde für die Finanzen zuständig ist.Ihre besten Jahre hat die Anlage mit ihren 40 kleinen Häuschen und einigen größeren Gemeinschaftsgebäuden hinter sich: »In den 70er-Jahren sah es die Kirche als ihre Aufgabe an, kinderreiche Familien aus der Stadt, die sich keinen Urlaub leisten konnten, zu unterstützen«, erläutert Beck. Je mehr Billigflieger und Pauschalpakete in den Reisekatalogen auftauchten, desto weniger wurde das Angebot der Kirche genutzt. Über den Verkaufspreis schweigen sich beide Vertragspartner aus, Becks Kommentar lässt allerdings den Rückschluss zu, dass es nicht allzu viel gewesen sein kann: »Im Prinzip wäre ein Euro noch zu viel – gemessen daran, dass allein die Abbrucharbeiten im hohen sechsstelligen Bereich liegen werden.«
Eine Sanierung der alten Betonbauten, bilanziert Rainer Walser, lohne sich nicht. »Null Dämmung an den Wänden«, sagt er, außerdem seien die Raumgrößen nicht mehr zeitgemäß. Der Mann aus Bad Schussenried will nicht nur gemeinsam mit Wolfram Wäscher die Finanzierung stemmen, sondern vor allem auch die konkreten Planungen und Umsetzungen übernehmen. Wie der »Bio-Vital-Park« genau aussehen soll, verrät der Bauingenieur, Zimmermeister, Energieberater und Bausachverständige noch nicht. Nur so viel: Das Profil des 8,5 Hektar großen Geländes soll weitestgehend erhalten bleiben. Damit die Erschließungskosten nicht ausufern, sollen die neuen Häuser etwa dort stehen, wo die alten abgrissen werden. Gebaut werden sie nicht aus Beton, sondern aus Holz und anderen natürlichen Werkstoffen.
Und zwar so, wie Walser ausführt, »dass die Energiekosten jahrzehntelang auf der sicheren Seite sind«. Das »Hotel in der Natur« soll Passivhausstandard haben, wie die Investoren erläutern. Sind die 40 bis 60 Häuschen und Apartments fertig gebaut, wollen Wäscher und Walser den Stab weitergeben: Dann soll ein bisher nicht namentlich genannter Hotelier den Betrieb als Pächter führen.
Eine Chance für das Hallenbad
Im Vital-Park Gomadingen soll man nach Vorstellung von Wolfram Wäscher nicht nur wohnen. Dahinter steht eine ganze Philosophie, die er wortreich darlegt, dabei aber nur wenig Greifbares liefert. Klar wird so viel: Dienstleistungen rund ums Wohlfühlen und die Gesundheit sollen breiten Raum einnehmen, Fitness, Ernährung und Nachhaltigkeit sind Schlagworte. Dafür brauchen Walser und Wäscher deutlich mehr Personal: Die Kirchengemeinde beschäftigt derzeit gut ein Dutzend Mitarbeiter im Feriendorf, künftig sollen es vier, wenn nicht gar fünf Mal so viele sein.Im Interesse eines »touristischen Gesamtkonzepts« streben die Investoren eine Zusammenarbeit mit den Zugpferden der Region an: Das Haupt- und Landgestüt und das Biosphärenzentrum wissen schon Bescheid, immerhin laufen die Investoren-Gespräche seit über einem Jahr hinter verschlossenen Türen. Fünf potenzielle Investoren habe man, so Kirchenvertreter Beck, angesprochen, eine öffentliche Ausschreibung gab es nicht. Ob am Ende der Gespräche nur einer übrig blieb? Der Verdacht liegt nahe. Von den fünf, sagt Klemens Betz, sei ihm nur der eine vorgestellt worden.
Von den Streitereien, die es um Wäscher-Projekte beispielsweise in Adelberg und Winterberg gab, hat auch der Gomadinger Bürgermeister gehört. Er habe, sagt Betz, mit Kollegen in anderen Gemeinden gesprochen, die schon mit Wäscher zusammengearbeitet hatten. Auch einer Prüfung des Landratsamts habe die Übergabe des Feriendorfs von der Kirchengemeinde an die Investoren standgehalten. Vor allem die »Bodenständigkeit« des zweiten Investors, Rainer Walser, gebe ihm ein gutes Gefühl – zumal der aus dem nahegelegenen Schussenried stammt.
Mit dem Verkauf des Feriendorfs selbst hat der Bürgermeister zwar nichts zu tun, doch gibt es einen Berührungspunkt: Das Hallenbad gehört bisher zu gleichen Teilen der Gemeinde Gomadingen und der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart, deren Teil mit dem Verkauf an die neuen Investoren übergeht. Jeweils 120 000 Euro Abmangel pro Jahr musste jede Partei bisher abfangen. Wäre die Gemeinde mit dem Ausstieg der Kirche alleinige Betreiberin, könnte sie das Defizit nicht mehr finanzieren und müsste das Bad schließen. Das Angebot der Investoren, nicht nur die bisherige Rolle der Kirche zu übernehmen, sondern das Bad grundlegend energetisch zu sanieren, sei, so Betz, »die einzige Chance«, das Bad weiterzubetreiben. (GEA)