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Aktuell Leben im Alter

Engstinger Sozialstation St. Martin bringt »Essen auf Rädern«

Seit Anfang des Jahres bietet die Sozialstation St. Martin in Engstingen »Essen auf Rädern« an. Damit soll das Leben zu Hause im Alter ermöglicht und betreuende Angehörige entlastet werden.

Herbert Werz hat es beim Probeessen geschmeckt. Eva Perske und Klaus Stuhlmüller sind zufrieden.
Herbert Werz hat es beim Probeessen geschmeckt. Eva Perske und Klaus Stuhlmüller sind zufrieden. Foto: Steffen Wurster
Herbert Werz hat es beim Probeessen geschmeckt. Eva Perske und Klaus Stuhlmüller sind zufrieden.
Foto: Steffen Wurster

ENGSTINGEN. Herbert Werz schätzt ein ordentliches Mittagessen mit allem drum und dran. Aber der Engstinger Senior lebt allein und selbst kochen ist nicht so sein Ding. Und jeden Tag ins Restaurant mag er auch nicht gehen. Jetzt hat er sich beim Probeessen in der Sozialstation St. Martin mal das dortige Angebot angeschaut. Er probiert den Sauerbraten mit Rotkohl und kleinen Knödeln und ihm schmeckts. »Wie daheim, als da noch gekocht wurde«, sagt der Kenner guter Hausmannskost. Ob er zum Stammkunden wird, will er sich noch überlegen.

Die Chance hat er nun, seit Anfang des Jahres bietet die Sozialstation einen »Essen-auf-Rädern«-Service an. An allen sieben Tagen in der Woche bringen die Fahrer von St. Martin Mittagessen zu Menschen wie Werz, die mit dem Kochlöffel nicht viel anfangen können, in der Küche nicht mehr zurechtkommen oder einfach keine Lust haben, für sich allein ein kleines Menü zuzubereiten.

Hohe Nachfrage nach Betreuungsangeboten

Alleinstehende ältere Menschen gibt es auch in Engstingen und Umgebung immer mehr, weiß Klaus Stuhlmüller, Leiter der Sozialstation mit Stützpunkten in Großengstingen, Sonnenbühl-Undingen und Pfronstetten aus eigener Erfahrung. Seine Kunden sind Senioren mit mehr oder weniger hohem Pflegebedarf quer über die Alb. Alles Menschen, die noch selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben wollen und das mit ein bisschen Unterstützung auch noch können. »Die Nachfrage nach Betreuungsangeboten ist hoch«, weiß Stuhlmüller.

Zum Leben gehört eine vernünftige Ernährung, und da hapert es, sehen Stuhlmüller und seine Mitarbeiter bei den Besuchen bei ihren Kunden. »Es kann sein, dass nur Actimel-Becher im Kühlschrank stehen«, spitzt Stuhlmüller zu. Viele Senioren geht es wie Herbert Werz: Für sich allein kochen ist aufwendig und macht wenig Freude. Mit Essen auf Rädern will St. Martin dafür sorgen, dass die Selbstständigkeit möglichst lange erhalten wird. Pflege zu Hause sei ein wichtiger Baustein für das Leben im Alter. In Deutschland fehlen heute schon hunderttausende Pflegeheimplätze. »Und selbst wenn wir die bauen könnten, hätten wir das Pflegepersonal nicht«, sagt der Fachmann.

Täglich drei Menüs

Eva Perske managt den Essensservice und bietet täglich drei Menüs zur Auswahl an. In den Kategorien Vollkost, fleischlos und leichte Vollkost ist vom »Deftigen Schweinebraten« über Kässpätzle bis zu Hähnchenmedaillons alles zu finden. Dazu kann Suppe und Nachtisch bestellt werden. Die Speisekarte wechselt täglich, ein Abo gibt es nicht: Was gefällt, kann bestellt werden, ob man das Sieben-Tage-Angebot annimmt oder nur an ein, zwei Tagen »was rechts« in den Magen will, entscheidet der Kunde. Das Essen kommt dank Wärmeplatten in den Transportbehältern und Isolierboxen »superheiß« ins Haus und bleibt das auch bis zu zwei Stunden, verspricht Perske. Beim Auspacken können die Fahrer helfen, die haben auch Zeit für ein kurzes Schwätzchen und kennen die Besonderheiten. »Beim Einen dauert es ein bisschen länger, bis er an der Tür ist, ein Anderer will die Box lieber vor die Türe gestellt bekommen«, sagt Stuhlmüller, »und das wissen wir.«

Keine Konkurrenz zu privaten Anbietern

In der Sozialstation wird nur beim gemeinsamen Kochen in der Gruppe selbst gekocht. Die Essen werden tiefgekühlt angeliefert und zwischengelagert. Perske und ihr Team bringen sie auf Temperatur, aber wer will, kann sich auch mit Tiefkühlkost eindecken. Oder für ein Familienfest mehrere Portionen bringen lassen. »Warum sollen Senioren keine Partys feiern?«, fragt Stuhlmüller. Das Hauptessen kostet 8,90 Euro, die Suppe 3,95 Euro, dazu kommen die Fahrtkosten von 3,90 Euro. »Wir können kein Billigheimer sein«, sagt Stuhlmüller. Die Sozialstation zahlt nach Tarif und setzt beim Lieferanten und der eigenen Dienstleistung auf Qualität. Allerdings werden ab Pflegestufe 2 3,10 Euro erstattet. »Eine gelieferte Pizza ist auch nicht billiger«, ordnet Stuhlmüller das Angebot ein. Als Konkurrenz zu privaten Lieferdiensten, ob Metzger oder Pizzaservice, sieht sich St. Martin sowieso nicht, eher als Ergänzung mit dem besonderen Touch, dass das Team viele der Essenskunden und ihre Bedürfnisse schon kennt.

Am Donnerstag, 14. März, gibt es wieder ein Probeessen, Eva Perske lädt ausdrücklich auch betreuende Angehörige ein. »Die Familien sind der größte Pflegedienst in Deutschland«, sagt Stuhlmüller. Und auch die Angehörigen würden durch St. Martins Essen-auf-Rädern-Angebot wenigstens ein Stück weit entlastet. (GEA)