MÜNSINGEN. Die letzte Generation, die im BW-Bad einen Schwimmkurs hatte, beendete diesen am Samstag. Angeboten und finanziert wurde der vom Sportkreis Reutlingen.
Die Schwimmkurskinder des Sportkreis-Schwimmkurses waren wohl definitiv die letzten Schwimmer, die offiziell im BW-Bad ihre Bahnen zogen. Letzteres schafften nach zehn Kurseinheiten nicht alle der Kinder ohne Hilfsmittel. Aber die Kinder verloren größtenteils die Angst vor dem Wasser.
Die Angst vor dem Wasser ist nämlich Gift, wenn’s darum geht, richtig schwimmen zu lernen. Wer seinen Kopf nicht unter Wasser tauchen kann und wer bei jedem Spritzer Wasser ins Gesicht Panik bekommt, tut sich schwer, sicher schwimmen zu lernen.
Kursleiterin Zszuzsanna Nagy Bacsómé empfiehlt deshalb schon bei Babys, mit dem Schwimmtraining zu starten. Optimalerweise bei einem Babyschwimmkurs oder auch in der Badewanne, wo sich die Kleinen spielerisch mit dem Element Wasser vertraut machen können.
Rückentechnik einfach zu lernen
Auch legt die Schwimmtrainerin und Fachangestellte für Bäder bei der Stadt Münsingen neben der Brustschwimmtechnik großen Wert aufs Rückenschwimmen. »Die Rückentechnik ist viel einfacher zu erlernen als das Brustschwimmen, und wenn die Kinder müde werden, können sie auf dem Rücken besser weiter atmen«, ist sich Nagy Bacsómé sicher und ergänzt, dass auf dem Rücken auch das Gleichgewichtsorgan im Ohr ganz gut geschult werden kann.
In Ungarn, dem Herkunftsland der einstigen Leistungsschwimmerin, erlernt jedes Kind vor dem Brustschwimmen das Kraulschwimmen auf dem Bauch und dem Rücken. »Es ist einfach viel einfacher, einem vier- oder fünfjährigen Kind den Kraulbeinschlag beizubringen, als den Brustbeinschlag«, weiß die Trainerin.
Wie dies spielerisch geht, davon konnte sich der Sportkreisvorsitzende Manuel Hailfinger beim letzten Schwimmkurstraining überzeugen. Spielerisch hielten die Kinder beim »Gummibärchentransport« ihr »Kuscheltier« (Schwimmbrett) in Rückenlage auf der Brust und achteten darauf, dass ihr Kopf dabei nicht hin- und herwackelte, weil sonst ja das auf die Stirn gelegte Gummibärchenpäckchen ins Wasser gefallen wäre. Richtig klasse, wie ein paar der Kinder bereits sowohl die Rücken- als auch die Brustschwimmtechnik perfekt umsetzen konnten und teils sogar schon vom Drei-Meter-Brett sprangen.
Einige Kinder legten neben der eigentlichen Kurseinheit noch ein paar Extraübungseinheiten ein. Üben, üben und nochmal üben lautet auch hier die Zauberformel, die zum schnelleren Erfolg führt.
Die Zahl der Grundschulkinder in Deutschland, die nicht schwimmen können, hat sich verdoppelt. Zu diesem Ergebnis kam laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) eine repräsentative Forsa-Umfrage im Jahr 2022. Die Befragung hatte die DLRG nach zuletzt 2017 erneut in Auftrag gegeben. Damals konnten den Angaben der Eltern zufolge zehn Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren nicht schwimmen. Nun sind es 20 Prozent.
Bedarf an Förderprogramm
Klar dürfte sein, dass ohne Bäder keine Schwimmkurse stattfinden können und die Zahl der Nichtschwimmer deutlich zunehmen wird. Mit Blick auf die in die Jahre gekommenen Bäder im Land sieht Hailfinger deshalb Handlungsbedarf durch Bäderförderprogramme. Das vom einstigen Sportkreisvorsitzenden Karl-Heinz Walter ins Leben gerufene Förderprogramm »Vom Nichtschwimmer zum Schwimmhelden« des Sportkreises Reutlingen unterstützt seit 2018 mit Geldern des Landkreises Reutlingen Kinder beim Schwimmen. Auch wenn’s vielen Sportvereinsmittgliedern nicht bewusst ist: Der Sportkreis ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Verein, Sportlern, Landkreis, Behörden, Verband und Kommunen. 259 Sportvereine mit über 96.000 Mitgliedern stehen unter dem Dach des rührigen Sportkreises Reutlingen, der kürzlich seinen 75. Geburtstag feierte. (szr)