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Die Flurbereinigung in Kohlstetten ist geschafft

Das Flurneuordnungsverfahren in Kohlstetten ist abgeschlossen. Es hat 24 Jahre gedauert. Radfahrer profitieren.

Doris Wüllner (Landratsamt), Kurt Class (Teilnehmergemeinschaft) und Bürgermeister Mario Storz mit Plakette.  FOTOS: WURSTER
Doris Wüllner (Landratsamt), Kurt Class (Teilnehmergemeinschaft) und Bürgermeister Mario Storz mit Plakette. Foto: Steffen Wurster
Doris Wüllner (Landratsamt), Kurt Class (Teilnehmergemeinschaft) und Bürgermeister Mario Storz mit Plakette.
Foto: Steffen Wurster

ENGSTINGEN. 24 Jahre hat es gedauert, aber jetzt ist es vollbracht. Die Flurneuordnung Engstingen-Kohlstetten ist zu einem glücklichen Ende gekommen. Aus den vorher 1.367 Flurstücken sind 699 geworden, 752 Hektar Fläche wurde in Augenschein genommen und neu zugeschnitten, 216 Eigentümer waren betroffen. Das Generationenprojekt hat 1,5 Millionen Euro verschlungen – 1,2 Millionen Euro haben Land, Bund und EU zugeschossen –, nicht zu reden von den ungezählten Arbeitsstunden, die auf dem Landratsamt, dem Rathaus und bei der Teilnehmergemeinschaft der Flurneuordnung angefallen sind.

»Gut Ding will Weile haben und vortreffliche Sachen werden ohne große Mühe und Arbeit nicht erworben«, sagte Engstingens Bürgermeister Mario Storz zum guten Schluss.

Jetzt atmet er auf, dass dieses Verfahren zu einem glücklichen Ende gekommen ist, es habe einiges an Kapazität im Rathaus beansprucht. »Da führten viele Wege übers Rathaus«, erinnert sich Kurt Class. Die braucht man jetzt an anderer Stelle, jetzt kann die Flurbereinigung in Groß- und Kleinengstingen in Angriff genommen werden.

Die hartverdiente Plakette.
Die hartverdiente Plakette. So sieht sie aus. Foto: Steffen Wurster
Die hartverdiente Plakette. So sieht sie aus.
Foto: Steffen Wurster

Warum tut eine Gemeinde sich so etwas an? Schuld ist die Realteilung, die gerechte Aufteilung eines Besitzes auf alle Erben. Was eben dazu führte, dass Grundstücke im Laufe der Generationen immer kleiner wurden. Äcker und Wiesen in Handtuchgröße wieder zusammenzuführen ist daher ein Hauptanliegen der Flurbereinigungen – wenn die Höfe größer, aber die Äcker kleiner werden, passt das ja nicht recht zusammen.

Daneben gibt es weitere handfeste Gründe. Manche Flurstücke waren über Wege gar nicht zu erreichen, Überfahrtsrechte haben funktioniert oder nicht, erklärt Doris Wüllner, leitende Ingenieurin im Bereich Flurneuordnung des Landkreises. Dass es im Landratsamt einen eigenen Bereich braucht, sagt schon allein einiges über den Umfang der Maßnahmen aus. Zurzeit laufen zwölf Verfahren auf 109 Quadratkilometern Fläche.

»Ein Grundstück ohne Zugang ist unverkäuflich und nichts wert«

»Ein Grundstück ohne Zugang ist eigentlich nichts wert«, sagt Kurt Class, Vorstandsvorsitzender der Teilnehmergemeinschaft und ergänzt: »Wer kauft denn so was?« Jetzt kommt jeder Landwirt zu seinem Grund, außerdem wurde das neue Wegenetz so angelegt, dass die Fuhrwerke immer um den Flecken fahren können, zur Freude der Chauffeure und der Kohlstetter Anwohner. Vom Wegenetz profitieren auch Spaziergänger und Radfahrer. Sie können sich jetzt auf 6,5 Kilometern Asphalt-, sieben Kilometern Schotter- und zehn Kilometern Grünwegen bewegen. »Die Wege werden sehr gut angenommen«, hat Class beobachtet.

Die sieben Bänke entlang der Wege auch, neben dem Findling, der stolz die Flurneuordnungsplakette trägt, laden zum Beispiel gleich zwei Ruhebänke ein. Der Findling hat einiges an Arbeit gekostet, er musste mit dem Raupenbagger vorsichtig Schritt für Schritt auf die prominente Höhe oberhalb von Kohlstetten gebracht werden. »Genau den Stein wollten wir«, verteidigt Class das Unterfangen.

Es haben also nicht nur die Landwirte etwas vom neuen Zuschnitt. Im Laufe der Jahrzehnte wurden zum Beispiel 138 Obstbäume gepflanzt, »das machen wir immer«, erklärt Doris Wüllner. Als Ausgleich für das Wegenetz wurden Biotope geschaffen oder erweitert, dabei wurde Wert auf die überregionale Biotopvernetzung gelegt. Es spielen also wirtschaftliche, ökologische und Freizeitaspekte zusammen. Im Jahr 2000 hat das Verfahren begonnen, damals war noch Klaus-Peter Kleiner Bürgermeister, Mario Storz folgte 2013. Kurt Class ist der dritte Vorsitzende der Teilnehmergemeinschaft nach Bernd Heinzmann und Kurt Schrade, Doris Wüllner hat das Verfahren zwölf Jahre begleitet. Zu Beginn wurde noch in D-Mark abgerechnet und einige Gesetzesänderungen haben die Arbeit immer wieder verzögert. Etwa die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die etwa zur Halbzeit mit dem Schutz von Magerwiesen dazwischengrätschte: »Das Verfahren musste ganz neu aufgerollt werden«, so Wüllner.

»Das Verfahren musste wegen FFH-Richtlinien neu aufgerollt werden«

Denn wenn Flächen neu verteilt werden, müssen sie auch bewertet werden, und eine geschützte Mähwiese hat halt einen anderen Wert als ein tiefgründiger Acker.

Dass letztlich alle Beteiligten zufrieden waren, sei auch der Gemeinde zu verdanken, lobt Class. Wenn einer mit dem Tauschangebot nicht ganz einverstanden war, waren Gemeindeflächen der Puffer. Zum guten Schluss wurden aber alle Wünsche mehr oder weniger erfüllt, vor Gericht zog niemand. »Dann hätte es noch ein paar Jahre länger dauern können«, glaubt Doris Wüllner. Sie kann sich jetzt mit Bürgermeister Storz auf den Rest von Engstingen stürzen. (GEA)