ENGSTINGEN. Engstingen wird sich in der kommenden Dekade verändern, vielleicht mehr als andere Albkommunen. Die Gemeinde ist bereits Verkehrsknotenpunkt und »Tor zur Alb« mit zwei Bundesstraßen und einer Bahnanbindung. Wenn die Regionalstadtbahn dereinst hoch auf die Alb führt, wird Engstingen gefühlt ein gut Stück näher ans Unterland heranrücken. Das Quartier »Neue Ortsmitte« zwischen Groß- und Kleinengstingen bekommt da einen ganz anderen Stellenwert, ob mit oder ohne das neue Feuerwehrhaus der Abteilungen Groß- und Kleinengstingen. Wie werden Windparks und Photovoltaik das Ortsbild verändern?
- Freie Bürger
Aus der Mitte der Gesellschaft und ideologiefrei: So treten die Freien Bürger in Engstingen an. Alle Berufsbilder sind vertreten – Landwirte, Handwerker, Akademiker, die meisten schmücken sich mit mindestens einem Vereinsmandat, von Mitgliedschaften ganz zu schweigen.
Auf der Liste bewerben sich 15 Kandidaten um die 15 Plätze im Gemeinderat, bisher sitzen sieben freie Bürger im Rat – stärkste Fraktion vor der CDU, (fünf Räte), der Offenen Grünen Liste (drei Räte) und der freien Frauenliste (zwei Rätinnen). Unter den Kandidaten finden sich drei Frauen, Gemeinderat Anton Hummel ist mit 66 Jahren der Senior, Neuling Felix Gekeler mit 30 Jahren der Jüngste. Ein guter Querschnitt durch die Bürgerschaft, meinen die Freien Bürger. Parteipolitisch ungebunden sein, mit Blick auf die Interessen der Bürger, so sehen sie ihren Anspruch, mit pragmatischen Lösungen.
Die Förderung des Zusammenwachsens der Teilorte steht im Wahlprogramm, aber auch mehr Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden. Was braucht’s dafür? Die Ortsentwicklung soll fortgeführt werden, auch mit Blick auf die Neue Ortsmitte. Bauland soll weiter erschlossen werden, für eine solide Basis für die Entwicklung der Albgemeinde.
Wer baut, hat meist Kinder, Engstingen hat als Schulstandort regionale Bedeutung. Die Umsetzung der Ganztagesschule stellt alle Kommunen vor finanzielle Herausforderungen, das wird auch die Engstinger Gemeinderäte noch lange beschäftigen. Ebenso die Stärkung der Kinderbetreuung und die Unterstützung der Jugendlichen über die Schule hinaus. Und darüber hinaus kulturelle Veranstaltungen und ein aktives Dorf- und Vereinsleben.
Dafür braucht es Kapital, die Leistungsfähigkeit der Kommune soll erhalten bleiben. Unter dem Vorzeichen der Ausgabendisziplin aber auch Stärkung des Gewerbes beziehungsweise der Gewerbesteuerzahler. Der Beitritt zum Biosphärengebiet treibt die Gemeinde um, Natur- und Landschaftsschutz müssten ausgewogen berücksichtigt werden.
Die Freien Bürger streben dafür eine konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit im Gemeinderat und mit der Gemeindeverwaltung an.
- CDU
Der jüngste Kandidat, Fabian Hartmann, ist gerade einmal 16 Jahre alt, Otto Barann hat seinen 71. Geburtstag schon hinter sich – die Liste der CDU deckt das Altersspektrum weit ab. Mit Mirella Gauß und Barbara Elsner stehen auch zwei weibliche Kandidaten auf der Wahlvorschlagsliste. Insgesamt bietet die Union 15 Kandidaten auf, acht in Großengstingen, vier in Kleinengstingen und drei in Kohlstetten. Josef Leippert, Samir Halabi, Christoph Rehmann und Benedikt Wagner haben bereits Erfahrung im Gemeinderat gesammelt, aus der alten Riege tritt Jörg Betz nicht mehr an.
Die CDU hat in Engstingen eine lange Geschichte, ein Grund, warum hier zwei bürgerliche Listen konkurrieren. Parteizugehörigkeit und Bundespolitik stehen aber im Programm der Engstinger Union nicht im Vordergrund, auch die Kandidaten müssen nicht Mitglied der Partei sein. Nah am Bürger und der Verwaltung will die Fraktion sein und bleiben: »Entscheidungen nach gesundem Menschenverstand und keine Ideologie im Gemeinderat« heißt es im Wahlprospekt.
Wo das neue gemeinsame Feuerwehrhaus der Abteilungen Groß- und Kleinengstingen stehen wird, wird in einem Bürgerentscheid besiegelt. Wo auch immer, die Feuerwehr und ein zentraler Standort liegen den Kandidaten am Herzen. Damit verbunden ist eine lebenswerte neue Ortsmitte für die Gemeinde.
Was ist für die Zukunft wichtig? Erschwinglicher Wohnraum besonders für junge Familien und ein gesicherter Schulstandort gehören dazu. Dazu passt die Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements nicht nur in Vereinen.
All das muss finanziert werden, in Engstingen braucht es Unternehmen vor Ort. Die Union setzt sich daher für ein neues Gewerbegebiet auf Engstinger Gemarkung ein, damit die Gewerbesteuereinnahmen tatsächlich in der Gemeinde ankommen.
Jede Liste hat Ziele, die CDU formuliert auch, was sie nicht will: Grund- und Gewerbesteuer sollen nicht weiter erhöht werden. Gendersprache habe in Verwaltung und Veröffentlichungen der Gemeinde nichts verloren, aktuelle Vorhaben der Kommune sollten nicht durch parteipolitische Interessen verzögert werden. Und bei allen berechtigten Anliegen: Keine neuen Projekte ohne gesicherte Finanzierung, meint die Union, die Kassenlage sei nicht nur in Engstingen angespannt.
- Offene Grüne Liste (OGL)
Die Offene Grüne Liste ist bereits mit drei Personen im Gemeinderat vertreten, vier oder fünf dürften es ruhig werden, meint Rudi Giest-Warzewa, Gemeinderat und wieder auf dem Wahlzettel – insgesamt sind es zwölf Kandidaten aus allen Teilorten. Giest-Warzewas Ratskollegen Hans-Martin Hipp und Ulrich Gundert stellen sich ebenfalls zur Wiederwahl. Die OGL steht damit für eine Tugend ihrer Liste: Kontinuität und das Bohren dickeren Bretter. Wie etwa die »Bretter« Tempo 50 am Kohlstetter Bahnhof oder den »Schlängelweg« zwischen Klein- und Großengstingen, für die sich die Liste stark gemacht hat.
Bundespolitik habe im Gemeinderat nichts verloren, meint die OGL, mit ihren Auswirkungen müssen sich Gemeinderäte aber auseinandersetzen. Mit der kommunalen Wärmeplanung müsse es schnell weitergehen, auch wegen der Planungssicherheit für die Bürger.
Engstingens Bildungslandschaft ist vielfältig, dass auf den begehrten Montessori-Zug an der Freibühlschule verzichtet wurde, bedauert die OGL. Mehr Vielfalt wünscht sich die OGL auch bei den Kindergärten – die OGL setzt sich für mindestens einen Waldkindergarten ein. Der Ausbau der Schule in Kleinengstingen zur Ganztagsschule und eine Erweiterung der Zahl an Kindergartenplätzen müssten sichergestellt werden.
Die Planung der Neuen Ortsmitte sollte über den Standort des Feuerhauses hinausgehen, damit keine »Nichtorte«, unbelebte Plätze entstehen. Dazu biete der Bau der Regionalstadtbahn hoch auf die Alb Chancen, etwa für einen barrierefreien Bahnhof, hier kämen große planerische Aufgaben auf die Kommune zu.
Weitere Projekte, die beispielhaft von der OGL genannt werden, sind der Kläranlagenneubau, Bushaltestellen mit mehr Komfort durch Überdachung und digitale Anzeigen oder die Umsetzung der von vielen Engstingern begleiteten Radwegeplanung.
Dazu kommen die laufenden Pflichtaufgaben und die energetische Sanierung der kommunalen Liegenschaften mit Unterstützung des Klimaschutzmanagers der Gemeinde. Über mehr Personal im Rathaus für den wichtiger werdenden Bereich »Kinder, Jugend, Bildung, Senioren und Kultur« müsse nachgedacht werden. Auch der Bereich Soziales mit den Themen altersgerechtes Engstingen, Jugendarbeit und Integration sei anspruchsvoll.
- Freie Frauenliste
Gemeinsam. Für Engstingen: Dafür stehen die sieben Kandidatinnen der Freien Frauenliste Engstingen (FFL). Vor 35 Jahren gegründet, hat die Liste mit ihren Gemeinderätinnen so einiges in Engstingen auf den Weg gebracht, von der Schulsozialarbeit über die Nachbarschaftshilfe bis hin zu kulturellen Veranstaltungen.
Die derzeitigen Gemeinderätinnen Iris Kemmner und Dunja Class treten am 9. Juni nicht mehr zur Wahl an. Neu oder wieder am Start sind: für Kohlstetten Carmen Koch, für Kleinengstingen Daniela Halder und Jennifer Muffler sowie für Großengstingen Sina Freudigmann, Andrea Kostial, Astrid Hille und Cornelia Lassen. Vielfältig engagiert aus einem breiten beruflichen Spektrum kommend, stehen sie bereit, um die Ziele der FFL in der nächsten Amtsperiode im Gemeinderat zu unterstützen beziehungsweise einzubringen. Gemeinsam treten sie mit allen in der FFL aktiven Mitstreiterinnen für die kleinen aber auch die großen Belange Engstingens ein.
Dabei auf Bewährtem aufzubauen und Neues zu initiieren, sind ihre Leitlinie. Hierzu zählen die Stärkung Engstingens als attraktiven Ausbildungsstandort, eine zukunftsfähige Wohnraumentwicklung und die Unterstützung einer vielseitigen Mobilität für alle Altersgruppen, was Barrierefreiheiten ebenso beinhaltet wie die Schaffung von attraktiven innerörtlichen Mitfahrgelegenheiten. Ein verlässliches Betreuungsangebot für Kinder, Mitgestaltungsmöglichkeiten für Jugendliche sowie die Unterstützung älterer Gemeindemitglieder, die Stärkung der vielfältigen Vereinslandschaft und die Förderung von Kulturangeboten schließen den Kreis, der Engstingen zu einer attraktiven Gemeinde für Urengstinger und Zugezogene formt. Aktiv fördert die FFL die Stärkung eines Gemeinschaftsgefühls innerhalb Engstingens: durch gemeinsame Aktionen und die Schaffung eines generationenübergreifenden Treffpunktes. (GEA)