MÜNSINGEN. »Knöllchen ade«: Unter diesem Motto werden in der zweiten Pfingstferienwoche Falschparker in der Münsinger Innenstadt verschont. Statt eines Knöllchens gibt's dann einen freundlichen Hinweis in Form einer richtig eingestellten Gratis-Parkscheibe. »Damit wollen wir Gästen, aber auch Einkaufenden entgegen kommen«, sagt Sarah Rohloff. Sie ist im Rathaus für die Wirtschaftsförderung zuständig und koordiniert die Aktion gemeinsam mit ihrer Kollegin Lena Rehm vom Ordnungsamt. Was Strafzettel mit Wirtschaft zu tun haben? Ganz einfach: Wenn man nach dem Innenstadt-Bummel zurück zum Auto kommt und einen Zettel unterm Scheibenwischer findet, ist die Freude über das neue Kleidungsstück, das frische Brot oder die leckere Pizza schnell getrübt. Das kann nicht im Sinne der Stadt sein, die sowohl glückliche Touristen als auch glückliche Bürger haben will. Mit im Boot sind deshalb auch die Einzelhändler in der Stadt: In ihren Geschäften werden die zur Aktion gehörenden Plakate ausgehängt und Parkscheiben zum Mitnehmen ausgelegt.
Um Einheimischen wie Gästen den unnötigen Ärger zu ersparen, will die Stadt deshalb auf freundliche Art die Verkehrsregeln in Erinnerung rufen. Die sind im Grunde genommen ganz einfach. »Seit 2005 gilt: In der Innenstadt darf man mit Parkscheibe zwei Stunden kostenlos parken«, sagt Sarah Rohloff. Dass das, vor allem für auswärtige Autofahrer, nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen ist, räumen sie und ihre Kollegin Lena Rehm ein. Grund dafür ist ein Münsinger Spezifikum, das vom Gemeinderat damals ausdrücklich gewünscht und beschlossen wurde: die sogenannte Zonenbeschilderung. Das heißt konkret: Nur an den Zufahrtsstraßen zur Stadtmitte stehen Stelen, die auf die Parkregeln hinweisen - an den Parkplätzen selbst findet sich kein Hinweis mehr. »Das spart uns zwar jede Menge Schilder, macht es vor allem Ortsfremden aber manchmal schwer«, sagt Lena Rehm.
Dafür, dass Autofahrer die Hinweis-Tafeln vor lauter Freude über die Münsinger Sehenswürdigkeiten oder aber vor lauter Konzentration auf die Parkplatzsuche übersehen, hat Alfred Weber durchaus Verständnis. Im Wechsel mit seinen Kollegen Ralf Richert, Gerhard Muhsal und Panagiotis Paraskevopoulos durchstreift er die Straßen - mit wachsamem, manchmal aber auch gütigem Auge. Wenn die Männer vom städtischen Vollzugsdienst auf Streife sind, ergeht - auch außerhalb der Aktionswoche und abhängig von der jeweiligen Situation - auch mal Gnade vor Recht. »Wenn ich jemanden aussteigen und zum Bäcker reingehen sehe, weise ich schon darauf hin, dass man hier eine Parkscheibe braucht«, sagt Weber.
Während manche einfach nur Schilder übersehen oder vergessen, die Parkscheibe einzustellen, legen es andere auf den Konflikt mit der Straßenverkehrsordnung und denen, die über deren Einhaltung wachen, an. Es sind die Dauerparker, die den beharrlichen Ermahnungen vom kommunalen Ordnungsdienst zum Teil ziemlich unbeeindruckt trotzen - und das Bezahlen der Strafzettel keck als Spende an die Stadt bezeichnen. Witzig finden das die Herren vom Vollzugsdienst nicht: »Es gehört zu einer lebendigen Innenstadt, dass nicht alle Parkplätze dauernd belegt sind. Sondern dass man einfach mal kurz reinfahren kann, einen freien Platz findet und ein Eis essen gehen kann. Sonst stirbt die Stadt doch aus«, findet Panagiotis Paraskevopoulos. Bleiben die Dauerparker uneinsichtig, wird im schlimmsten Fall das Landratsamt eingeschaltet, das die Fahreignung des notorischen Sünders prüft.
Knöllchen verteilen ist nur eine von vielen Aufgaben
Das sind allerdings Ausnahmen, bei den meisten Menschen dämpfen ein freundliches Gespräch und der dazugehörige Gesichtsausdruck den Ärger über das lästige Knöllchen dann doch ziemlich effektiv, schildert Alfred Weber seine Erfahrungen aus dem Alltag. »Ich versuch's auf die lustige Art und sage dann zum Beispiel: An die Parkscheibe denken lohnt sich - für die 20 Euro hätten Sie beim Metzger gut einkaufen können.« Jemand, der sich an so eine Begegnung erinnert, hat vielleicht beim nächsten Mal nicht nur Leberkäswecken und Wurstsalat, sondern auch die Parkscheibe im Kopf.
Die »Überwachung des ruhenden Verkehrs«, wie es im offiziellen Jargon heißt, ist übrigens längst nicht die einzige Aufgabe der vier Vollzugsmitarbeiter. Wenn die Polizei beispielsweise Wohnungen durchsucht, ist jemand von der städtischen Ordnungsbehörde als Zeuge dabei. Auch Flüchtlingen und Obdachlosen, die in die städtischen Container-Unterkünfte einquartiert werden, stehen die vier Männer zur Seite: Sie weisen Zimmer zu, erklären die Hausregeln und kümmern sich darum, dass Kinder zur Schule oder in den Kindergarten gehen.
Ein Ärgernis sind auch die wilden Müll-Ablagerungen rund um Glas- und Altkleidercontainer: Die Kollegen vom Bauhof finden dort regelmäßig Tüten und Kartons voller Dinge, die eigentlich woanders hin gehören - in die Restmülltonne oder in den Sperrmüll zum Beispiel. Gut für die Leute vom Ordnungsamt, dass es die meisten Müllsünder naturgemäß nicht so mit dem Vorsortieren haben: »Wir hatten schon Tüten voller Lohnabrechnungen oder Kontoauszüge, gibt's alles«, erzählen Alfred Weber und Ralf Richert. Fundstücke , die die weiteren Ermittlungen, an denen auch die Polizei beteiligt ist, dann doch sehr erleichtern. (GEA)