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Mobiles Bücherregal soll auf der Alb zum Thema Demenz aufklären

Demenz wird in der Gesellschaft immer noch tabuisiert und nicht ausreichend thematisiert. Daran soll das mobile Bücherregal in Büchereien etwas ändern.

Gabriele Blum-Eisenhardt (links) und Ulla Krämer stellen das mobile Bücherregal vor.
Gabriele Blum-Eisenhardt (links) und Ulla Krämer stellen das mobile Bücherregal vor. Foto: Maria Bloching
Gabriele Blum-Eisenhardt (links) und Ulla Krämer stellen das mobile Bücherregal vor.
Foto: Maria Bloching

MÜNSINGEN. Viele Menschen wissen nicht, wie sie mit Demenz umgehen sollen und haben Angst davor. Dies kann dazu führen, dass Betroffene und ihre Angehörigen sich isoliert fühlen. Umso wichtiger ist es, das Bewusstsein für Demenz in der Gesellschaft zu stärken. Das Demenznetzwerk Münsingen/südliche Alb mit Fachleuten, Angehörigen, Betroffenen und ehrenamtlich Aktiven will deshalb für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen Möglichkeiten schaffen, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.

»Unser Ziel ist es, Demenz in die Gesellschaft zu holen und damit mehr Verständnis zu erzeugen«, sagt Gabriele Blum-Eisenhardt vom Demenznetzwerk. Ortsnah müssten Infrastrukturen aufgebaut werden, so wie etwa mit dem Angehörigentreff, der sich in Münsingen etabliert hat und jetzt auch in Hohenstein eingerichtet wurde. Alle zwei Monate kommen Angehörige von Demenzerkrankten zusammen, um sich auszutauschen.

Auftaktveranstaltung

Am Freitag, 5. April, findet um 17 Uhr in der Münsinger Zehntscheuer die Auftaktveranstaltung zum »Mobilen Bücherregal« statt. Ulla Krämer stellt die Medien vor, die zur Ausleihe in der Stadtbücherei bereitstehen.

Blum-Eisenhardt ist davon überzeugt, dass durch eine offene und respektvolle Auseinandersetzung mit dem Thema Demenz die Gesellschaft dazu beitragen kann, Betroffene und Angehörige angemessen zu unterstützen. Denn für Angehörige bedeutet Demenz angesichts der Veränderungen und Einschränkungen ihres geliebten Menschen oft eine große Belastung. Sie müssen sich mit dem Verlust von Erinnerungen, Persönlichkeit und Selbstständigkeit auseinandersetzen, das belastet emotional und physisch.

Oft kommt es auch für sie zu einer Überforderung im Umgang mit der Krankheit, wenn Demenzkranke unvorhersehbares Verhalten zeigen und manchmal aggressiv oder verwirrt werden. Beschäftigung ist deshalb für Demenzkranke sehr wichtig. Dadurch bleiben sie geistig und körperlich aktiv und können ihre jeweiligen Fähigkeiten und Interessen weiterhin nutzen. Hier setzt das mobile Bücherregal an, das vom Demenznetzwerk als Projekt ins Leben gerufen, von der Seniorenstiftung der Kreissparkasse finanziell gefördert und von Klienten des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Zwiefalten in der dortigen Werkstatt gebaut wurde.

Das Regal wandert auch in andere Bibliotheken

Als einen »Sechser im Lotto« bezeichnet Blum-Eisenhardt den Kontakt mit Ulla Krämer von der Stadtbücherei Münsingen. Denn sie hat nun das zweiteilige Bücherregal auf Rollen mit reichlich Material bestückt. Fachbücher informieren darüber, welche Lebensmittel für Demenzerkrankte geeignet sind, wie das Leben mit Alzheimer aus Sicht eines Betroffenen aussieht, welche Beschäftigungsmöglichkeiten es gibt und was für Angehörige ratsam ist. Es gibt Sachbilderbücher für Kinder, die oft nicht verstehen, warum Oma nicht mehr den Namen ihrer Enkelin kennt oder den Weg nach Hause nicht mehr findet. Außerdem finden sich zur Ausleihe Jugendromane und klassische Romane, Geschichten zum Vorlesen, Filme und CDs zum Thema Demenz, sowie laut Krämer das »Highlight« mit Spielen, die an die Erinnerungsfähigkeit der Demenzerkrankten anknüpfen: Ratespiele zur Erkennung von alten Gegenständen oder zur Vervollständigung von bekannten Sprichwörtern, Memorys zum Thema »Erinnere dich«. Die Fachschule für Pflege wird noch einen Erinnerungskoffer mit alten Gegenständen packen, der dann ebenso wie die Inhalte aus dem mobilen Bücherregal ausgeliehen werden kann.

All diese Dinge, so sind Blum-Eisenhardt und Krämer überzeugt, können dazu beitragen, die Lebensqualität von Betroffenen zu verbessern und für positive und schöne Momente im Alltag zu sorgen. Bis Mitte Juli wird dieses mobile Bücherregal in der Stadtbücherei Münsingen stehen, danach geht es für jeweils drei Monate in die Bücherei des ZfP Zwiefalten und in die Stadtbücherei Trochtelfingen. Auch die Büchereien der evangelischen Kirchengemeinden Hayingen und Kohlstetten haben bereits Interesse bekundet. »Im besten Fall findet stets zum Auftakt der drei Monate eine Veranstaltung statt«, hofft Blum-Eisenhardt. In Münsingen wird das mobile Bücherregal am Freitag, 5. April, um 17 Uhr von Ulla Krämer in der Zehntscheuer vorgestellt, eingeladen sind alle Interessierte und die ganze Öffentlichkeit. »Das komplette Material eignet sich für Betroffene, Angehörige, Ehrenamtliche und Fachleute. Wir von der Stadtbücherei freuen uns wirklich, dass wir da mitmachen und jene Menschen unterstützen können, die von der Thematik betroffen sind«, sagt Krämer. Vorstellbar wäre weiter, dass das mobile Bücherregal auch von Arztpraxen ausgeliehen wird. Die Leiterin der Stadtbücherei Münsingen wird für jedes Ausleihmodell der jeweiligen Bücherei ein System entwickeln, das dann in jeden Rahmen passt. (GEA)