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Wie sich die Pfullinger vor Starkregen schützen können

Er kommt plötzlich, ist lokal eng begrenzt und sorgt immer wieder für Schäden an Haus und Eigentum. Was kann, was sollte jeder tun, um sich vor Starkregen zu schützen? Das war das Thema einer Info-Veranstaltung der Stadt Pfullingen.

Die Griesstraße ist bei Starkregen besonders gefährdet. Die Aufnahme dokumentiert die Überflutung im Jahr 2016.
Die Griesstraße ist bei Starkregen besonders gefährdet. Die Aufnahme dokumentiert die Überflutung im Jahr 2016. Foto: Schöbel
Die Griesstraße ist bei Starkregen besonders gefährdet. Die Aufnahme dokumentiert die Überflutung im Jahr 2016.
Foto: Schöbel

PFULLINGEN. Er kommt schnell und ohne Vorwarnzeit und ist deshalb so gefährlich: der Starkregen. Pfullingens Bürger haben damit leidvolle Erfahrungen gemacht. Jetzt hat die Stadt sogenannten Starkregengefahrenkarten veröffentlicht, sie zeigen auf, ob und in welchem Maße jedes einzelne Haus bei so einem extremen Wetterereignis betroffen ist. Jeder kann dort sehen, ob er Maßnahmen ergreifen muss, wenn er sein Hab und Gut schützen will. Der Info-Abend in den Pfullinger Hallen, zu dem knapp 50 Bürger gekommen waren, sollte das Bewusstsein für potenzielle Gefahren schärfen und helfen, Möglichkeiten zur Schadensminimierung zu erkennen, betonten Markus Heberle und Hannah Wendang vom Ingenieurbüro Heberle. Das hat im Auftrag und gemeinsam mit der Stadt ein Starkregenrisikomanagement erarbeitet.

Für Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall ist die Stadt vorbildlich in der Daseinsfürsorge aufgestellt, betonte er am Rande der Veranstaltung. Die Starkregengefahrenkarten tragen dazu bei, das Risiko noch besser abzuschätzen und sich darauf vorzubereiten. 2018 hatte der Gemeinderat entschieden, in das Risikomanagement einzusteigen, erklärte Sonja Seeger, Fachbereichsleiterin Infrastruktur und Stadtwerke, und damit unter anderem für die Kanäle zuständig. Diese, das machten Seeger und Heberle an diesem Abend gleich mehrfach deutlich, können nicht so dimensioniert werden, dass sie die Wassermassen bei einem Starkregen problemlos aufnehmen könnten. »Das kann keine Stadt der Welt leisten«, so Heberle. Ganz verstehen wollten das einige der Zuhörer nicht, sie sahen die Stadt in der Pflicht und forderten eine Aufdimensionierung der Kanäle.

Private Vorsorge nötig

Heberle erklärte, dass die Kommunen für diese extremen Ereignisse die Kanäle nicht anpassen müssen. Gleichwohl sind auch sie gefordert, etwa bei der Gewässerunterhaltung. So soll unter anderem die Einlaufsituation an den vorhandenen Regenwasserkanälen, etwa am Amselweg, der Talackerstraße, am Starenweg oder der Rötsteige, verbessert werden, damit das Oberflächenwasser gefasst werden kann und somit die Straßen nicht überflutet. Dazu sollen auch neue Wassergräben an der Stuhlsteige dienen oder die Aufweitung vorhandener Gräben an verschiedenen Orten. Wichtig sei ebenfalls, die jetzt veröffentlichten Gefahrenkarten bei der Bauplanung zu berücksichtigen.

Klar ist aber, die Kommune allein wird und muss es nicht richten, wie ein Blick in das Wasserhaushaltsgesetz zeigt: »Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflichtet, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen, insbesondere die Nutzung von Grundstücken den möglichen nachteiligen Folgen für Mensch, Umwelt oder Sachwerte durch Hochwasser anzupassen.« Die Gefahrenkarten helfen dabei, das persönliche Risiko abzuschätzen. Sie zeigen die Ausdehnung bei einer Überflutung, wie hoch das Wasser dann steht, die Fließgeschwindigkeit und den zeitlichen Ablauf des Ereignisses. Wobei Heberle und Wendang deutlich machten, die Karten zeigen immer das Maximum der Überflutungen in drei Szenarien an (selten, außergewöhnlich und extrem).

Was ist Starkregen

Von Starkregen spricht man, wenn es in kurzer Zeit und lokal begrenzt intensiv regnet. Niederschlagsereignisse von zum Beispiel 40, 60 oder mehr als 100 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde können gerade in den Sommermonaten in Verbindung mit heftigen Gewittern große Schäden verursachen. Im Gegensatz zu Hochwasser an großen Flüssen ist der genaue Ort und Zeitpunkt von Starkregen kaum vorhersagbar. Die meisten Betroffenen werden von solchen Ereignissen daher komplett überrascht. In hügeligem oder bergigem Gelände fließt das Niederschlagswasser zum großen Teil außerhalb von Gewässern auf der Geländeoberfläche als sogenannte Sturzflut ab. Solche Sturzfluten verfügen über hohe Strömungskräfte und können große Mengen an Treibgut (zum Beispiel Holz, Heu- oder Silageballen) und erodierte Materialien (zum Beispiel Boden oder Geröll) mit sich reißen. Dieses Material sammelt sich an Verdolungseinläufen, Engstellen oder Brücken. Durch den Rückstau wird das umliegende Gelände überflutet und es kann zu weiteren schweren Schäden an Gebäuden und Infrastruktur kommen. Quelle; Umweltministerium Baden-Württemberg

Die Karten decken sich mit den bisherigen tatsächlichen Erfahrungen, wie Wendang betonte, da sie die Berechnungen mit den vergangenen Starkregenereignissen in der Stadt abgleichen konnte. »Das Glück haben wir nicht überall«, scherzte sie. Den Bereich Griesstraße/Römerstraße hat das Büro als Problembereich ausgemacht, kritisch ist es auch in der Hohe Straße, im Gebiet Krausstraße /Große Heerstraße, in der Marktstraße oder im Gewerbegebiet Steinge.

Aufwand lohnt sich

Während das Ingenieurbüro in den öffentlichen Gebäuden das Risiko für Personen, Hab und Gut abschätzen kann, habe es in private Gebäude keinen Einblick: »Da müssen Sie schauen.« Etwa, wie die Keller genutzt werden, was eine Überflutung für Folgen hätte. Es gelte, das persönliche Risiko anhand der Karten abzuschätzen und entsprechend zu handeln. »Wir wollen Ihr Risikobewusstsein stärken.« Ob dann eine Rückstauklappe im Haus ausreicht, um Hab und Gut sicher zu wissen, oder etwa die Lichtschächte höher gesetzt oder die Kellerfenster gegen den Wasserdruck gesichert werden sollten, das müssten letztlich die Bürger selbst entscheiden. Fördermittel von Land und Bund für die private Vorsorge gebe es nicht, so Heberle auf Nachfrage. Er ist aber sicher, dass sich der Aufwand lohnt. »Schon durch kleinere Maßnahmen kann der Schutz verbessert werden.« Er stellt aber auch klar: »Bei Extremereignissen gibt es keinen 100-prozentigen Schutz.«

Die Starkregengefahrenkarten sind jetzt auf der Homepage der Stadt eingestellt und können dort heruntergeladen werden, auch die Präsentation der Info-Veranstaltung findet sich dort sowie hilfreiche Links zu Checklisten oder auch Wetterdiensten. (GEA)

Die Bürger informierten sich an den ausgehängten Karten.
Die Bürger informierten sich an den ausgehängten Karten. Foto: Sautter
Die Bürger informierten sich an den ausgehängten Karten.
Foto: Sautter
Was kann ich tun?
Was kann ich tun? Foto: Sautter
Was kann ich tun?
Foto: Sautter