ENINGEN. Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kann Deutschland sein Klimaschutzziel für 2030 erreichen. Denn: »Wir sind auf Kurs.« Das gilt auch für die Gemeinde Eningen. Deren Gemeinderäte stimmten am Donnerstag den Plänen des Regionalverbands Neckar-Alb (RVNA) bezüglich der Vorrangflächen für Windenergie- und Flächensolar-Anlagen zu. Und zwar jeweils mit großer Mehrheit: Die Gebiete für Windenergieanlagen (WEA) auf Eninger Gemarkung gingen mit zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung, jene für Freiflächenphotovoltaik-Anlagen (FFPA) gegen drei Stimmen durch.
Gut zwei Dutzend Zuhörer waren am Donnerstagabend in den großen Sitzungssaal im Rathaus 2 gekommen. Sie verfolgten mit Interesse die der Abstimmung vorangegangenen Ausführungen von Regionalverbandsdirektor Dr. Dirk Seidemann zur »Teilfortschreibung Wind- und Solarenergie des Regionalplans Neckar-Alb« - und die darauf folgende etwa halbstündige Debatte der Gemeinderäte.
Bürgermeister Eric Sindek hat die Richtung vorgegeben: »Wir sollten dringlichst zustimmen.« Es gelte, Widerstände gegen die vom Bund und Land im Zuge des Umstiegs auf Erneuerbare Energien geforderten Flächenvorschläge abzubauen. Vor allem das komplett auf Eninger Gemarkung liegende WEA-Gebiet »RT-18« auf der Albhochfläche erachtet er als »sehr wichtig, um die Energiewende voranzutreiben«. Die Gemeinde führe bereits Gespräche mit Projektierern, also Firmen und Genossenschaften, die dort gern Windräder erstellen und betreiben würden. Nicht zuletzt könne man für die Verpachtung von vier Windkraft-Anlagen auf den gemeindeeigenen Flächen mit Einnahmen von »roundabout 600.000 Euro« pro Jahr rechnen.
»RT-18« befindet sich auf der Hochfläche vor dem Gestütshof St. Johann rechts und links der Straße Richtung Würtingen auf Höhe des Oberen Stausees beziehungsweise des Schafstalls und ist 68 Hektar groß. Seidemann zufolge umfasst es teils Waldflächen und teils Freigelände. CDU-Rat Eckhard Hennenlotter erklärte, gerade um das Steingebühl herum lebten viele Greifvögel und Wildtiere. »Flora und Fauna sind dort im Einklang.« Er wolle sich gar nicht vorstellen, was geschehe, wenn da gebaut werde - zumal es dort seiner Einschätzung nach nicht genügend windet. Dem widersprach der RVNA-Direktor: Der Windertrag sei auf allen bislang ausgewählten Flächen dem Windatlas des Landes zufolge ausreichend. Eine gewisse Abholzung lasse sich nicht vermeiden, doch werde das Areal »ja nicht vollumfänglich bebaut«. GAL-Rat Thomas Rose erinnerte an einen Besuch des Revierförsters, der den Räten versichert hatte, die Infrastruktur für die Bauarbeiten sei in Form geteerter Feldwege größtenteils vorhanden. Solange man die Energie brauche, gebe es zu Erneuerbaren keine Alternative. »Schön oder nicht, das ist einfach eine Notwendigkeit.«
Windkraftvorranggebiet bei Eningen ist zudem »RT-19«: Das 77 Hektar große Areal liegt am Fuße der Alb, westlich des Glemser Stausees, und gehört zum größeren Teil zu Metzingen. Das einzige auf Eninger Gemarkung befindliche Solarenergie-Vorranggebiet »En01« ist 42 Hektar groß, liegt Sindek zufolge jedoch nicht auf gemeindeeigenem Land. CDU-Rat Cliff Werz bemängelte, dass es sich dabei um landwirtschaftliche Flächen handelt: »Das heißt nicht umsonst Erdbeerfeld. Wir brauchen diese Flächen noch dringend, um Nahrungsmittel anzubauen.«
Werz outete sich »als absoluter Windkraftgegner«, bezeichnete die Debatte bezüglich des zu verbauenden Betons und der in Windenergieanlagen verwendeten Seltenen Erden als unehrlich und wollte wissen: »Wie lange muss sich solch ein Windrad drehen, bis es CO2-neutral ist?« Nach zirka sieben Monaten sei das ausgeglichen, beruhigte Seidemann. Annegret Romer von der Grün-alternativen Liste (GAL) hielt den christdemokratischen Kritikern entgegen: »Klimaschutz ist durchaus ambivalent, aber unehrlich ist da nichts!« Man habe viel zu lange gewartet mit dem Umstieg auf alternative Energiequellen. Die jetzt vorgestellten Pläne seien »eine ehrliche, überschaubare Sache«. - »Energie gibt's nicht umsonst und die Klimakrise wartet nicht. Deshalb müssen wir da jetzt ran!« Dafür erhielt sie Applaus von den Zuhörern.
Ralph Sautter (CDU) fragte, ob die Leitungen die Übertragung aushalten würden und es ausreichend Speicherkapazitäten gebe? Beides »wichtige Themen, um die wir uns kümmern müssen«, stimmte der Verbandsdirektor zu. »Auch wenn der Regionalverband dafür nicht zuständig ist, so wollen wir uns doch politisch einsetzen.« Grundsätzlich sei es deswegen wichtig, dass die vorgehaltenen Flächen breit gestreut und auf viele Kommunen verteilt werden.
Rebecca Hummel von der SPD zeigte sich »überzeugt, dass die vorgeschlagenen Flächen ein Maß darstellen, das erträglich ist« und sieht die Chance, die »Wertschöpfung im Ort zu behalten«. Hans-Peter Nau von den Freien Wählern (FWV) sieht sich »irgendwo dazwischen« und argumentierte, »es ist halt die Gesetzesvorlage - und als Nebeneffekt fällt noch etwas ab für die Gemeinde«.
Wo gibt es Infos zum Regionalplan?
Verbandsdirektor Dr. Dirk Seidemann zufolge geht es dem Regionalverband Neckar-Alb (RVNA) bei den Plänen zum Wind- und Sonnenenergie-Ausbau um eine gerechte Verteilung, gestreute Netzauslastung und »dezentrale Konzentration«. Das bedeute auch, »Freiräume zu erhalten«. Gerade in Bezug auf Windkraftanlagen bilde der Regionalplan eine Möglichkeit, um »die kommunale Steuerung zu erhalten«. Infos zur Teilfortschreibung Wind- sowie Solarenergie sind im Internet nachzulesen und beim RVNA (Löwensteinplatz 1 in 72116 Mössingen) oder auf dem Landratsamt einzusehen. Jeder darf noch bis 11. April Stellung beziehen, auf Probleme hinweisen und Einwände erheben. (dia)
Nach der Abstimmung wandte sich der Bürgermeister noch an Räte wie Zuhörer gleichermaßen mit der Aufforderung: »Beteiligen Sie sich! Machen Sie mit! Das ist wahre Demokratie!« (GEA)