LICHTENSTEIN-HONAU. Die Auseinandersetzung mit dem richtigen Lebensweg in Wilhelms Hauffs Märchen »Das kalte Herz« war Thema eines Vortrags, den Prof. Dr. Christel Köhle-Hezinger, Volkskundlerin und Mitbegründerin des Bereichs Volkskunde/Kulturgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, am Samstag im Hauff-Museum Honau hielt.
Der Honauer Ortsvorsteher Wilfried Schneider begrüßte rund 30 Gäste, darunter Otto Züfle, Leiter des Hauff-Märchenmuseums, in Baiersbronn und Dr. h.c. Friedrich Pfäfflin, ehemals Leiter des Bereichs Museen im Literaturarchiv Marbach, der die Grundlagen für die Schwäbische Dichterstraße geschaffen hat und Ideengeber für das Hauff-Museum in Honau war. Schneider dankte auch Museumsmitarbeiterin Jutta Kraak, die das Jahresthema »Das kalte Herz« mit viel Liebe und Engagement auf die Beine gestellt habe.
Christel Köhle-Hezinger nahm als Einstieg die Gäste mit in ihre eigene Kindheit. 1951 bekam sie die Hauff-Märchen geschenkt und liebte es, wenn die Großmutter daraus vorlas. »Wir bewunderten den mutigen Peter Munk und die starken Flößer und fürchteten uns vor dem bösen Holländermichel«, so die Referentin. Natürlich freute man sich über das glückliche Ende, an dem alles wieder gut wurde. Und Peter Munk gelernt hatte, dass sein eigenes warmes Herz und Lebenszufriedenheit mehr zählten, als ein kaltes Herz und wirtschaftlicher Profit.
Der Wald, in dem die Handlung spielt, sei damals für die meisten ein gruseliger Ort gewesen, aber für die Adligen auch Jagdrevier und für die einfachen Landleute eine enorme Ressourcenquelle. »Man war sich bewusst, dass man sorgfältig mit dem Wald umgehen musste, um ihn für kommende Generationen zu erhalten.« In das Idyll brach im 19. Jahrhundert die Ausbeutung durch Holzhandel und Flößerei.
Wilhelm Hauff, studierter Theologe, habe mit Sicherheit die alttestamentliche Stelle aus Hesekiel gekannt, in der Gott spricht: »Und ich will euch ein neu Herz und einen neuen Geist in euch geben; und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischern Herz geben.« Auch die Pietisten hatten sich, so Köhle-Hezinger, des Themas der Herzenserneuerung angenommen. Im 18. Jahrhundert sei es in der Tradition der mittelalterlichen Mystik um die Lehre der Allversöhnung, der Wiederbringung aller Dinge und der Allbeseeltheit der Natur gegangen.
Um die Lehren der Allgemeinheit zugänglich zu machen, erschien 1812 »Das Herzbüchlein« von Johannes Goßner. Darin zeigte er in Sinnbildern das Herz eines Menschen als Tempel Gottes oder als Werkstätte des Bösen. Gleichzeitig erschienen Zwei-Wege-Bilder, die ebenfalls dazu aufforderten, sich für den bequemen, lasterhaften Weg zur Hölle oder den schmalen, tugendhaften zu entscheiden, der ins Paradies führte. »In unserer Kultur bleibt dies ein immerwährendes Thema«, schloss die Referentin. (GEA)