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Pfullinger läuft Pilgerweg, den er selbst mitkonzipiert hat

Es ist seine 15. Pilgerreise und eine ganz besondere: Wolfgang Silver geht den Wolfgangweg, an dessen Konzipierung der Pfullinger maßgeblich beteiligt war. Der 77-Jährige tut aber keine Buße, sondern liebt das Pilgern und das Leben. Es ist seine Art, Danke zu sagen.

Daumen hoch für den Wolfgangweg: Wolfgang Silver hat die Pilgerroute mitgestaltet und war 36 Tage unterwegs.
Daumen hoch für den Wolfgangweg: Wolfgang Silver hat die Pilgerroute mitgestaltet und war 36 Tage unterwegs. Foto: nn
Daumen hoch für den Wolfgangweg: Wolfgang Silver hat die Pilgerroute mitgestaltet und war 36 Tage unterwegs.
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PFULLINGEN/ST. WOLFGANG. Wer pilgert, will auch seine Ruhe haben. Das sagt der Pfullinger Wolfgang Silver, der bis vor ein paar Tagen auf dem neuen Wolfgangweg unterwegs war. Aber um Eindrücke darüber von ihm zu erhalten, musste der GEA ihn stören auf dem Weg, der zum Andenken an den vor 1.100 Jahren in Pfullingen geborenen St. Wolfgang angelegt worden ist. Selbst in Zeiten von Handys ist es nicht einfach, so jemand zu erwischen.

Mobile Telefone kann man ausschalten. Das vergessen viele, aber ein Pilger wie Wolfgang Silver nicht. Als der GEA Silver dann doch an die Strippe bekommt, ist dieser schon 31 Tage unterwegs und nähert sich langsam aber sicher St. Georgen in Österreich. Beim ersten Anruf gibt’s die erste Lektion: »Ich bin gleich so weit, muss erst meine Füße richten.«

Ritual am Morgen

Das wichtigste Fortbewegungsmittel der Pilger muss gehegt und gepflegt werden. Silver klebt Problemzehen ab und reibt seine Füße mit Hirschtalg ein. Das ist ein Ritual am Morgen, genauso wie die immer gleiche Aufstehzeit: 7.13 Uhr. Warum? »Weil 13 meine Glückszahl ist«, sagt der 77-Jährige. Danach wird Gymnastik gemacht, noch im Bett gedehnt, anschließend geduscht, gepflegt und zu guter Letzt gefrühstückt. Das alles erlebt er nicht zum ersten Mal.

Das macht Pilgern aus: spontanes Zusammentreffen mit einem Feuerwehr-Team, das sich zur Maiwanderung getroffen hat.
Das macht Pilgern aus: spontanes Zusammentreffen mit einem Feuerwehr-Team, das sich zur Maiwanderung getroffen hat. Foto: nn
Das macht Pilgern aus: spontanes Zusammentreffen mit einem Feuerwehr-Team, das sich zur Maiwanderung getroffen hat.
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Es ist Silvers 15. Pilgerreise. Im vergangenen Jahr war er 720 Kilometer auf dem Jakobsweg von Hamburg nach Frankfurt unterwegs. Dieses Mal allerdings ist einiges anders, nicht nur die Streckenlänge, die in diesem Jahr mit ein paar Umwegen bei 800 Kilometern liegt. Wobei der Wolfgangweg an sich rund 620 Kilometer umfasst. Die zusätzlichen Kilometer ergeben sich unter anderem aufgrund eines Abstechers nach Böbrach, das nicht am Wolfgangweg liegt, wo er aber zwei Pilger-Freunde besucht hat. Dabei findet er nicht so viel Ruhe, wie er gerne hätte. Denn er ist sozusagen auch ein Pionier und Botschafter des Wolfgangwegs. Den Teilabschnitt zwischen Pfullingen und Regensburg gibt es erst seit Oktober 2023.

Mitinitiator der 19 Etappen

Der Pfullinger ist einer der Mitinitiatoren der 19 Etappen von der Pfullinger Wolfgangskirche bis nach Regensburg, dem Bischofssitz des Heiligen. Daran schließt sich der schon bestehende Wolfgangweg an, der nach St. Wolfgang im österreichischen Salzkammergut führt. Zwei Jahre hat Silver in der mehrköpfigen Projektgruppe mitgewirkt, geplant und gestaltet. Nun liegt also die erste durchgängige Pilgerreise für ihn darauf hinter ihm. Auch deshalb findet er nicht so die Ruhe, die er gerne hätte. Denn dadurch ist Wolfgang Silver interessant für die Medien.

Immer wieder traf er auf die Figur von St. Wolfgang, wie hier in Regensburger Wolfgangskirche.
Immer wieder traf er auf die Figur von St. Wolfgang, wie hier in Regensburger Wolfgangskirche. Foto: nn
Immer wieder traf er auf die Figur von St. Wolfgang, wie hier in Regensburger Wolfgangskirche.
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Zeitungen wie der GEA stören und wollen hören, wie es ihm geht. Auch das österreichische Fernsehen hat angeklopft. »Es ist anstrengender als sonst«, sagt er ganz offen. Gleichwohl genießt er die Augenblicke auf dieser Pilgerreise, saugt die schönen Momente ein, die es nur auf solch einem Trip gibt. Unzählige Begegnungen mit Menschen, die einem helfen, spontan etwas zu essen oder zu trinken geben.

Tagesetappen von 20 bis 25 Kilometer

Ganz grob geht es in Tagesetappen von 20 bis 25 Kilometer über Wiesensteig, Giengen an der Brenz, Dillingen, Donauwörth, Ingolstadt bis Regensburg. Von dort über Landshut, Altötting, Burghausen bis nach St. Wolfgang. Die Landschaft empfindet er »zu Zweidrittel« als »wunderschön«, den Rest so lala. »Am Muttertag bin ich die ganze Zeit an der Straße oder Autobahn gelaufen. Da kann sich jeder denken, dass es nicht so toll ist. Aber das ist halt so.«

Am Ende gab's ein Wiedersehen mit dem Dekan: Hermann Friedl (links) fuhr nach St. Wolfgang und empfing Wolfgang Silver.
Am Ende gab's ein Wiedersehen mit dem Dekan: Hermann Friedl (links) fuhr nach St. Wolfgang und empfing Wolfgang Silver. Foto: nn
Am Ende gab's ein Wiedersehen mit dem Dekan: Hermann Friedl (links) fuhr nach St. Wolfgang und empfing Wolfgang Silver.
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Auf der ganzen Strecke aber erlebt er das, was Pilgern eben ausmacht: sich selbst begegnen und vielen anderen Menschen. Das Glück liegt in den kleinen Dingen. Auf der 29. Etappe kommt er auf einen einsamen Hof. Er braucht Wasser, hatte sich zuvor schlechtes aufgefüllt. Die Bäuerin empfängt ihn, sie kommen ins Gespräch, sie lädt ihn ein, sie essen gemeinsam. »Wir unterhalten uns eine dreiviertel Stunde. Das ist Pilgern. Es sind die spontanen Momente, die den Reiz machen und Glück bringen«, schwärmt Silver.

Begegnungen sind Herzstück

Am ersten Mai trifft er auf eine Feuerwehrgruppe in Thalmassing, wo auch die Wolfgang-Eiche steht. Die Gruppe sammelt sich gerade zur Maiwanderung. Als sie sich verabschieden und er weiterläuft, singen sie alle: »Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus«. »Da geht einem das Herz auf«, erzählt er. »Schöner kann ein Moment kaum sein.« Solche Begegnungen sind das Herzstück solch einer Reise. Menschen, die wie er den Wolfgangweg laufen, trifft er nicht viele. »Der Weg ist noch unbekannt. Auch deshalb bin ich ja hier unterwegs, um ihn bekannt zu machen.«

Eine Rast – natürlich unter einem Wegkreuz. Hier vespert es sich besonders gut.
Eine Rast – natürlich unter einem Wegkreuz. Hier vespert es sich besonders gut. Foto: nn
Eine Rast – natürlich unter einem Wegkreuz. Hier vespert es sich besonders gut.
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In Landshut trifft er zwei Mädels, die das gleiche Ziel haben wie er: St. Wolfgang. »An dem Tag sind sie erschöpft, können nicht mehr weiter.« Silver organisiert ihnen eine Autofahrt zu ihrem Nachtlager in sieben Kilometer Entfernung. Tage später treffen sich die drei wieder im Kloster Mallersdorf. »Wunderschön« sei es dort, »wunderschön ist das Wiedersehen gewesen«. Aber genauso wertvoll sind die stillen Momente.

Alles ordnen und richten

Nur das Gehen, das Vorwärtskommen, im Stillen mit sich und seinen Gedanken irgendwo. Alles ordnen und richten. Das genießen solche Menschen wie Wolfgang Silver. Es gibt dabei nur einen Haken. Das Übernachten. Silver bucht nicht vor. Er entscheidet am Morgen, wo er am Abend unterkommt. Der Schlafplatz ist ein Schlüsselort für einen Pilger, schildert der 77-Jährige.

Begegnungen sind das Herzstück von Pilgerreisen.
Begegnungen sind das Herzstück von Pilgerreisen. Foto: nn
Begegnungen sind das Herzstück von Pilgerreisen.
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»Es läuft sich leichter, wenn man weiß, wo man am Abend schläft. Dabei kommt es schon vor, dass man lange suchen, oder eben auch einen Umweg laufen muss, weil es am gewünschten Zielort – wie etwa in Burghausen – einfach zu teuer ist«. Ist die Pension, das Gasthaus, Pfarrhaus oder kirchliche Einrichtung gefunden, dann legt er erst einmal seinen Rucksack ab, setzt sich hin und gönnt sich ein Abendmahl. Es darf Fleisch sein und auch das eine oder andere Radler.

Dank ans schöne Leben

»Denn ich bin ja nicht auf Buße, sondern es ist für mich ein Dankesweg. Mit Pilgern sag’ ich Danke für mein schönes Leben, das ich bis jetzt gehabt habe, und auch für meine tolle Familie.« Am Ende in St. Wolfgang angekommen, erreicht der GEA ihn noch einmal per E-Mail. Silver berichtet von seiner letzten, der 36. Etappe. »Ich bin gemütlich los, war nach anderthalb Stunden oben an der Wolfgangs-Kapelle am Falkenstein. Hab’ das alles in Ruhe aufgenommen. Das ist eine wunderbare Sache, wenn man nun die Dinge alle sieht, die mit der Geschichte des Heiligen Wolfgang verbunden sind.«

Immer wieder Kirchen.
Immer wieder Kirchen. Foto: nn
Immer wieder Kirchen.
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Später ist er vom »sehr freundlichen neuen Pfarrer« der St. Wolfgang-Kirche empfangen worden. »Im dortigen Pfarramt habe ich dann den letzten Stempel bekommen, dazu zwei Tassen Kaffee. Ein Kästchen ist jetzt noch frei im Pilgerbuch.« Sein abschließendes Fazit, ein Wort: »Wunderschön.« (GEA)