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Aktuell Krieg

Pfullinger Schönberghalle auf Ankunft der Ukraine-Flüchtlinge vorbereitet

Pfullingens neueste Sporthalle ist auf die Ankunft von bis zu 150 Menschen aus der Ukraine vorbereitet. Pragmatisches Handeln war beim Aufbau der Unterkunft in der Schönberghalle gefragt.

Seit Anfang der Woche bereiten Firmen, Stadtmitarbeiter und ehrenamtliche Helfer die Halle für die Ankunft der Kriegsflüchtlinge
Seit Anfang der Woche bereiten Firmen, Stadtmitarbeiter und ehrenamtliche Helfer die Halle für die Ankunft der Kriegsflüchtlinge vor. Noch ist nicht klar, wann die Ersten ankommen. Foto: Uwe Sautter
Seit Anfang der Woche bereiten Firmen, Stadtmitarbeiter und ehrenamtliche Helfer die Halle für die Ankunft der Kriegsflüchtlinge vor. Noch ist nicht klar, wann die Ersten ankommen.
Foto: Uwe Sautter

PFULLINGEN. Emotionen zeigen gehört nicht zum Berufsbild. Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall agiert rational und zielgerichtet – im Einsatz und in den vergangenen Tagen. Innerhalb kürzester Zeit hat die Stadtverwaltung in der Schönberghalle eine Erstunterkunft für die Aufnahme von maximal 150 Flüchtlingen aus der Ukraine eingerichtet, die Fäden für den technischen Part liefen und laufen bei Rall zusammen. Er koordiniert vom Aufbau der Feldbetten bis zum Brandschutz alles, was mit dem täglichen Leben der Flüchtlinge zu tun hat. Eine Frage nach der anderen wird sachlich und konzentriert abgearbeitet. Doch bei einem Gedanken wird es ihm mulmig: »Was ich mache, wenn ich zum ersten Mal einer Mutter mit ihren Kindern begegne, das weiß ich nicht.« Der Krieg ist nah, seine unschuldigen Opfer auch.

Und für alle die, die in den vergangenen Tagen von heute auf morgen vieles zurücklassen mussten, was ihr Leben ausmachte, legen sich in Pfullingen die Helfer ins Zeug: von der Stadtverwaltung, dem Bauhof, über die Jugendfeuerwehr bis zu den mehr als 100 ehrenamtlichen Helfern, die sich jetzt bei der Stadt gemeldet haben, um Kinder zu betreuen, Essen auszugeben oder zu dolmetschen.

Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall ist für den technischen Bereich in der Schönberghalle zuständig.
Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall ist für den technischen Bereich in der Schönberghalle zuständig. Foto: Uwe Sautter
Pfullingens Feuerwehrkommandant Dietmar Rall ist für den technischen Bereich in der Schönberghalle zuständig.
Foto: Uwe Sautter

Nicht zu vergessen die Betriebe, die schnell anrückten. Bürgermeister Stefan Wörner, der bei den Aufbauarbeiten in der Halle vorbeischaute, ist sichtlich beeindruckt von der Hilfsbereitschaft in der Stadt: »Es ist sehr schön, den großen Zusammenhalt zu sehen«, betonte er und lobte nachdrücklich die Helfer, die in der Halle Betten aufschlugen oder Trennwände einzogen, um zumindest etwas den Hallencharakter zu mildern.

100 Feldbetten

Gab’s große Probleme? Nein, versichert Rall, der fast etwas verschämt einräumt, dass die gute Zusammenarbeit über alle Ebenen auch Spaß macht. Die kommt nicht von ungefähr. Im Verlauf der Corona-Pandemie tagte im Pfullinger Rathaus regelmäßig ein Krisenstab, saßen Bürgermeister, alle Fachbereichsleiter und der Feuerwehrkommandant an einem Tisch, um die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten. Vor rund 14 Tagen ist daraus angesichts der Menschen auf der Flucht der Stab für außergewöhnliche Ereignisse geworden. »Und seither finden wir im Stab immer eine Lösung«, sagt Rall.

Eine davon ist es, die Schönberghalle für die kurzzeitige Unterbringung der Kriegsvertriebenen zu nutzen. Die Halle ist für 1 500 Besucher ausgelegt, ist barrierefrei, verfügt über genügend Fluchtwege und vor allem über eine ausreichende sanitäre Ausstattung. Hinzu kommt, dass über die kleine Ausgabeküche die Menschen auch dreimal am Tag mit Mahlzeiten versorgt werden können, zählt Rall noch einen weiteren Vorteil auf.

Nachdem die Standortfrage geklärt war, ging’s darum, die Halle bewohnbar zu machen. 100 Feldbetten stellte das DRK-Katastrophenzentrum zur Verfügung, drei Zelte hat die Jugendfeuerwehr am Montagabend aufgebaut. Sie sollen vor allem Müttern mit Kleinkindern – etwa beim Stillen – eine Rückzugsmöglichkeit bieten. Währenddessen machte sich der Fachbereich 2 daran, Schlafsäcke, Kissen und eine Grundausstattung an Hygieneartikeln für 100 Personen einzukaufen. Dass Duschen war also gesichert. Doch dann stellte sich heraus, in der Halle gibt es keinen einzigen Föhn. Abhilfe war aber schnell gefunden. Der Elektriker, der auch an jedes Feldbett eine Steckdose legte, damit die Handys eingesteckt werden können, spendete zehn Föhne und verlegte die Zuleitungen. »Jeder hat den Drang zu helfen«, sagt Rall.

Coronatest bei Ankunft

Immer neue Fragen tauchten auf: Wo bringen die Geflüchteten ihre Wertsachen sicher unter? Kurzerhand wurden die Schließfächer aus dem Freibad nebenan in die Halle verfrachtet. Vorerst erfüllt das seinen Zweck, und dauert die Flucht an – wird man sehen. 60 Ein-Euro-Münzen will Rall besorgen, damit die Schließfächer auf jeden Fall genutzt werden können.

Vor der Halle hat die Feuerwehr ihren Rollcontainer aufgestellt. Dort werden die Menschen aus der Ukraine empfangen und registriert. Auch ein Coronatest steht für sie bei der Ankunft an. In der kommenden Woche kommt das mobile Impfteam des Kreises vorbei, um Schutzimpfungen anzubieten. Mit dem Bund gegen Missbrauch der Tiere hat die Verwaltung gesprochen und gefragt, ob der Verein Tierboxen zur Verfügung stellen könnte, damit notfalls die vierbeinigen Begleiter untergebracht werden können.

Versorgt werden die Menschen von einem professionellen Caterer, der in der ersten Woche auch das Essen ausgibt, »bis sich alles eingespielt hat«, dann sollen Ehrenamtliche die Aufgabe übernehmen. Auf der To-do-Liste des Teams der Stadtverwaltung steht noch mehr: Vom Handout mit ukrainischen Basiswörtern, über die Kinderbetreuung im Gymnastikraum bis zum Rollator für ältere Menschen muss an vieles gedacht werden.

Rund zehn Helfer werden vor Ort sein. Darunter auch zwei Security-Mitarbeiter, die rund um die Uhr da sein werden, zwei Hausmeister schauen nach dem Rechten. Maximal drei Tage, so ist zumindest der Plan, sollen die Menschen in der Halle bleiben, bevor ihnen eine passende Unterkunft angeboten werden kann. Rall weiß aber genau, letztlich entscheiden die Dauer des Kriegs und die Zahl der Flüchtenden darüber, ob diese Vorgabe wirklich eingehalten werden kann. Wann die Ersten in Pfullingen ankommen, ist noch nicht klar. (GEA)