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Lichtensteiner Göllesbergsteige bleibt weiter zu

Der Lichtensteiner Gemeinderat trifft noch keine Entscheidung. Jetzt soll erstmal über Ausnahmegenehmigungen für Anlieger gesprochen werden.

Die Absperrung der Göllesbergsteige beim Schützenhaus steht schon lange und wird wohl auch noch lange stehen bleiben.
Die Absperrung der Göllesbergsteige beim Schützenhaus steht schon lange und wird wohl auch noch lange stehen bleiben. Foto: Sautter
Die Absperrung der Göllesbergsteige beim Schützenhaus steht schon lange und wird wohl auch noch lange stehen bleiben.
Foto: Sautter

LICHTENSTEIN. Wohl wissend, dass das Thema brisant ist, setzte Bürgermeister Peter Nußbaum gleich von Anfang an auf Transparenz. Zu den Fachvorträgen ließ er Verständnisfragen aus dem Publikum zu, um die zahlreichen Göllesberganlieger mitzunehmen und gründlich zu informieren, bevor der Gemeinderat über die Zukunft der Göllesbergsteige diskutieren sollte. Wie berichtet, ist diese seit November 2021 aufgrund akuter Felssturzgefahr für den Verkehr gesperrt. Jetzt steht die Entscheidung an, wie es dort weitergehen soll. Um es vorwegzunehmen: Eine Entscheidung für oder gegen die Steige fällte der Gemeinderat am Donnerstag nicht und es waren vor allem die Bürger, die sich in den rund drei Stunden zu Wort meldeten.

Im Mittelpunkt des Abends standen die Erläuterungen von Norbert Menz zu den Ergebnissen seines naturschutzfachlichen Gutachtens zu den geplanten Verkehrssicherungsmaßnahmen. Diese wiederum waren im vergangenen April ausführlich in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung vorgestellt worden. Um die Gefahr von großen abstürzenden Felsblöcken zu bannen, soll im oberen Bereich der Göllesbergsteige ein 320 Meter langer und zwischen fünf und sechs Meter hoher Schutzzaun gebaut werden.

Das war der Ausgangspunkt für das Gutachten des Büros Menz. Darin ging es darum, wie der Bau mit den in diesem Gebiet geltenden Naturschutzvorschriften unter einen Hut gebracht werden kann. Was umso schwieriger ist, wie Menz erläuterte, weil sich dort ein FFH- und ein Vogelschutzgebiet überlagern und außerdem der Artenschutz beachtet werden muss. Die entscheidende Frage also: »Kriegen wir das Projekt so klein, dass wir keine Ausnahmegenehmigung von der EU brauchen.« Sein Büro hat deshalb versucht die Eingriffe in den Wald, am Hang und auch den Zeitpunkt der Arbeiten so einzugrenzen, dass der Naturschutz das Projekt durchwinken kann. Das hat nicht geklappt, erklärte der Gutachter. Letztlich braucht es die Erlaubnis der EU, um die Hangsicherung wie geplant umzusetzen.

»Wenn der erste Stein runterkommt, dann haben wir die Realität«

An sich kein Problem, wäre da nicht die Frage nach zumutbaren Alternativen, die im Zuge der Ausnahmegenehmigung geprüft wird. Sprich: Gibt es eine Straße für die Anlieger, um den Göllesberg zu erreichen. Und die momentan gültige Umleitungsstrecke über den Stahlecker Hof ist problemlos in der Lage, die knapp 500 Fahrzeuge am Tag aufzunehmen, erläuterte Franz Kapfer vom Vermessungs- und Ingenieurbüro Herrmann und Mang. Um die Strecke auf lange Sicht zu ertüchtigen, müsste die Gemeinde rund 600.000 Euro in die Hand nehmen. Gelächter aus dem Publikum gab's für die Einschätzung Kapfers, dass sich die Fahrzeit nach Unterhausen nur um 1 bis 3 Minuten verlängert. In den Hauptverkehrszeiten können das auch 15 und mehr Minuten werden, so der Einwurf.

»Wir kommen um die Sicherung nicht rum«

Schnell wurde durch die Fragen deutlich, die Göllesberger sind größtenteils nicht bereit, sich mit der Alternativstrecke anzufreunden und stellen schon die Notwendigkeit einer Sicherung infrage. »Seit zwei Jahren ist die Steige gesperrt«, einen Felsabgang habe es bisher aber nicht gegeben. Das räumte Nußbaum ein, gleichwohl müsse die Gemeinde handeln. »Wenn der erste Stein runterkommt und ein Auto trifft, dann haben wir die Realität.« Er verwies auf die klaren Aussagen des Gutachtens zur Situation im oberen Bereich der Steige. »Wir kommen um die Sicherung nicht rum.«

Corinna Himming, Abteilungsleiterin Natur- und Artenschutz beim Landratsamt Reutlingen, machte deutlich, dass im Bereich der Göllesbergsteige, das gleiche Regelwerk angewendet werde, wie an allen anderen Steigen. Es ergebe wenig Sinn, die Sicherungsmaßnahmen weiter zu reduzieren: »Eine schlechte Umsetzung würde nichts bringen.« Das Büro Menz habe die Situation sehr sorgfältig aufgearbeitet und den möglichen Handlungsspielraum ausgereizt.

Das scheint auch den Göllesbergern klar zu sein, die vor allem darauf setzen, dass die momentane Umleitungsstrecke keine zumutbare Alternative ist. Neben der längeren Fahrzeit führten sie auch die Anfahrt des Notarztes an. Wenn die Holzelfinger Steige gesperrt sei, käme dieser nicht rechtzeitig auf dem Göllesberg an, so ihre Argumentation. Das, so Nußbaum werde von der integrierten Leitstelle widerlegt. Diese habe ihm auf Nachfrage mitgeteilt, dass die erforderliche und ordnungsgemäße Rettungsversorgung der Göllesbergsiedlung über die Umleitungsstrecke möglich sei. Der Notarzt würde vorrangig von Trochtelfingen anfahren. Glauben wollten ihm das die Zuhörer nicht.

Der Gemeinderat mischte sich in die gesamte Diskussion nicht groß ein. Bernd Hageloch (CDU) bekam erwartungsgemäß viel Beifall für seinen Vorschlag, zu schauen, dass die Steige so schnell wie möglich wieder befahrbar ist. Das Problem sei die Sicherungspflicht. Man müsse schauen, dass man da rauskomme, erklärte er. Er will die Straße sperren und sie für die Göllesberganlieger freigeben. »Da wäre ich gleich dabei«, erklärte Bürgermeister Nußbaum fügte aber hinzu: »Wir sollten keine Augenwischerei betreiben.« Er werde nicht gelingen, eine rechtliche Abkürzung zu nehmen. Das hätten auch die bisherigen Gespräche gezeigt.

»Wir sollten keine Augenwischerei betreiben«

Wilfried Schneider (FWV) hatte einen ähnlichen Vorschlag wie Hageloch. Ihm ist klar, dass die Gemeinde aus der Verkehrssicherung nicht rauskommt. Andererseits dauere es womöglich noch lange, bis diese umgesetzt sei, da die Gemeinde finanziell gar nicht in der Lage sei, das Geld dafür in einem Jahr aufzubringen. Man müsste den Bau auf mehrere Abschnitte verteilen. Schneider regte auch eine Ausnahmegenehmigung für die Anlieger an, die im Gegenzug die Steige aber auf eigenes Risiko nutzen müssten, also eine Haftung der Gemeinde ausschließen. Nußbaum erklärte sich bereit, darüber erneut Gespräche mit dem Landratsamt zu führen: "Ich hätte aber gerne einen Vertreter jeder Fraktion dabei.

Außerdem kam der Gemeinderat am Ende der gut dreistündigen Debatte zum Ergebnis, den Antrag auf Ausnahmegenehmigung so schnell wie möglich zu stellen, in der Hoffnung, dass das Regierungspräsidium (RP), über das das Verfahren läuft, möglichst schnell erklärt, ob überhaupt eine Chance besteht, diese zu bekommen. Oder ob das RP gleich darauf verweist, dass die Hangsicherung nicht möglich ist, weil es für die Göllesberger eine zumutbare alternative Zufahrt gibt. So wie es zumindest, »auch wenn es niemand hören will«, Rolf Goller (SPD) befürchtet. (GEA)