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Aktuell Ausstellung

Leidenschaft für die Kunst erkennbar

PFULLINGEN. »Jeder möchte die Kunst verstehen. Aber warum versucht man nicht die Lieder eines Vogels zu verstehen, warum liebt man die Nacht, die Blumen, alles um uns herum, ohne es verstehen zu wollen? Aber wenn es um ein Bild geht, denken die Leute sie müssten es verstehen«, zitierte Bürgermeistervertreter Gert Seeger am Freitagabend bei der Eröffnung der Jahresausstellung Pfullinger Künstler den Maler, Grafiker und Bildhauer Pablo Picasso. Die musikalische Umrahmung übernahmen Tempei Kurate mit seiner 19-saitigen Laute und Ayako Yasudo mit ihrer beeindruckenden Altstimme.

Gisela Meyer bewundert in der Klosterkirche die Arbeiten ihrer Pfullinger Künstlerkollegen. FOTO: LEIPPERT
Gisela Meyer bewundert in der Klosterkirche die Arbeiten ihrer Pfullinger Künstlerkollegen. Foto: Gabriele Leippert
Gisela Meyer bewundert in der Klosterkirche die Arbeiten ihrer Pfullinger Künstlerkollegen.
Foto: Gabriele Leippert
»Wir können dem großen spanischen Maler erwidern, wir sind in der Klosterkirche, um die Bilder zu genießen und nicht unbedingt, um sie zu verstehen«, so Seeger weiter. Kaum einem der Kunstwerke sehe man an, wie viel Liebe, Engagement und Arbeitszeit darin stecken. Die Künstler hätten ein Niveau erreicht, das über Pfullingen hinaus strahle und der Stadt gut tue, stellte Seeger anerkennend fest. Bereits zum 33. Mal wird die Schau gemeinsam von Stadt und dem Pfullinger Kunstkreis, einem losen Zusammenschluss von etwa 40 Künstlern, ausgerichtet. 111 Exponate von 31 Künstlern seien eingereicht, 41 Arbeiten von 26 Kunstschaffenden schließlich ausgewählt worden, sagte Dagmar Waizenegger, die sich begeistert »von der wunderbaren Ausstellung« zeigte.

Bereicherung für die Szene

Gemeinsam mit dem Tübinger Kunst- und Prähistoriker Thomas Becker sowie dem Galeristen Wilfried Thron aus Reutlingen hatte die Kunsthistorikerin die Werke für die Schau ausgesucht. Vor acht Jahren habe sie schon einmal die Jahresausstellung eröffnet, sagte Waizenegger. »Es spricht für Pfullingen, dass hier so viele unterschiedliche Kunstschaffende aktiv sind und die Kulturlandschaft bereichern«. In der Ausstellung gebe es eine bemerkenswerte Bandbreite von Techniken, Motiven und Ausdrucksmöglichkeiten. Abstraktion und Gegenständlichkeit seien gleichwertig vertreten.

»Alle Künstler eint eine große Leidenschaft für die Kunst und ein großes künstlerisches Können«, lobte die Kunsthistorikerin und lud die mehr als hundert Eröffnungsgäste ein, »mit offenen Augen durch die Ausstellung zu gehen und dadurch vielleicht Anregungen zu erfahren«. Patrice Bérard zeigt Figuren, die er aus alten Eisenbahnschwellen mit der Kettensäge geschnitzt hat. Alois Glinka lässt sein »Tanzpaar« aus Zwetschgenholz im Pas de deux verweilen, Siegfried Benndorfs Holzplastik »Zwiespalt« bringt den Betrachter zum Rätseln, die »Beziehung« der aus Draht, Gips und Holz gefertigten Figuren von Susanne Werner offenbart sich im wahrsten Sinn des Wortes als verbunden.

Gisela Meyers Steinfiguren sind auf das Wesentliche beschränkt, während der »Gnom« von Peter Häußler mit seiner riesigen Knollennase im Gesicht aus Gauinger Travertin fasziniert. Die Akte von Dorothee Betz sind eher zurückhaltend, dagegen strotzt der Zyklus »Wut« von Axel Standke vor Kraft.

Große Farbexplosion

Emma Boley porträtierte drei Frauen beim »Shopping« mit farbintensivem Ölpinselstrich, Wolfgang Weiler charakterisiert Musiker sehr wirksam auf der Leinwand. Gisela Landaus Stillleben sind moderner Art, Cornelia Raff beschert eine wahre Farbexplosion in ihrem großformatigen Blumenbild. Birgit Hartsteins Drucktechniken geben verwickelte Drahtgeflechte wieder, bei Sabine Heids Acryl-Collagen muss der Betrachter genau hinsehen, um die eingearbeiteten Motive zu erkennen.

Jutta Peschkes »Bedeutung« ist sehr abstrakt, die Leinwände von Hildegund Munz wirken durch gerade Linien in Rost und Bitumen, bei Helene Holzherrs »Asphaltdschungel« hat der Betrachter das Gefühl, sich in einem Straßennetz zu verlieren. Paul Jenner, Gabriele Frey-Bantle, Roswitha Konrad, Gisela Götz und Lisa Voss zeigen Landschaften oder Jahreszeiten in unterschiedlichsten Darstellungen und Farbkompositionen. Hingucker sind auch »die große Sause« von Melanie Knobel oder das Bodenobjekt »Erlkönig« von Margarete List.

Auch die »Poesie« von Renate Schöck ist mit ungewöhnlicher Technik gearbeitet, während die originelle Installation von Helmut Bachschuster, bei der sich etwa die Heiligen Drei Könige in der Sauna vergnügen, zum Schmunzeln verführt. (GEA)