Logo
Aktuell Astronomie

Joachim Groß: Erwählt für eine besondere Mission

Joachim Groß, Leiter des SFZ in Eningen, darf in den USA an Forschungsflügen von Sofia teilnehmen

FOTO: DLR
FOTO: DLR
FOTO: DLR

ENINGEN/PALMDALE. Für Dr. Joachim Groß startet das Jahr mit einem Paukenschlag. Als »Once in a Lifetime«-Erlebnis beschreibt der Leiter des Schülerforschungszentrums Reutlingen-Tübingen-Neckaralb in Eningen und Lehrer am Graf-Eberhard-Gymnasium in Bad Urach das, was ihn schon bald erwartet. Als einer von vier Lehrern wurde er ausgewählt, an Forschungsflügen von Sofia, dem Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie, teilzunehmen. Dazu wird er von 17. bis 24. Februar nach Palmdale in Kalifornien reisen.

Sofia ist ein deutsch-amerikanisches Vorhaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA) zur Erforschung des Weltalls. Mit einem Boeing-747SP-Verkehrsflugzeug, das ein Infrarot-Teleskop mit einem Spiegel von 2,70 Metern Durchmesser und 17 Tonnen Gewicht an Bord hat, werden dabei astronomische Beobachtungen im Infrarot- und Submillimeter-Wellenlängenbereich oberhalb der störenden erdnahen Lufthülle durchgeführt.

Ziel ist die Erforschung der Entwicklung von Milchstraßensystemen und die Entstehung und Entwicklung von Sternen und Sonnensystemen. Das Flugzeug kann bis in die Stratosphäre aufsteigen. Die Flughöhe von über dreizehn Kilometern ist notwendig, da unterhalb des Bereichs der absorbierende Wasserdampf in der unteren Atmosphäre Beobachtungen im Infrarotbereich behindert. Das Sofia German Ambassador Program (SGAP) bietet Lehrern, die an deutschen Schulen unterrichten, die Möglichkeit, an bis zu zwei Sofia Forschungsflügen teilzunehmen. Dadurch sollen einerseits die Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und Schulen gestärkt werden. Zum anderen sollen die ausgewählten Lehrer durch den Mitflug und den direkten Kontakt mit Wissenschaftlern, Ingenieuren und Piloten inspiriert werden und ihre Begeisterung im Klassenzimmer auf die Schüler übertragen. Langfristiges Ziel ist, den Nachwuchs für natur- und ingenieurwissenschaftliche Themen zu gewinnen.

Dr. Joachim Groß leitet das Schülerforschungszentrum (SFZ) in Eningen.  Er ist Physiker und begeistert von der Astronomie. FOTO:
Dr. Joachim Groß leitet das Schülerforschungszentrum (SFZ) in Eningen. Er ist Physiker und begeistert von der Astronomie. FOTO: HAI
Dr. Joachim Groß leitet das Schülerforschungszentrum (SFZ) in Eningen. Er ist Physiker und begeistert von der Astronomie. FOTO: HAI

In einem Online-Bewerbungsverfahren können sich Lehrer vorab mit einem Konzept bewerben, mit dem sie ihre Mitflugerfahrung im Nachhinein nachhaltig in ihren Unterricht einbringen wollen.

Joachim Groß hat es unter die auserwählten Lehrer geschafft und ist schon jetzt ganz angetan. »Mich begeistert an der Astronomie die einzigartige Kombination aus Physik, Mathematik und Ingenieurwissenschaften, die nötig ist, um ein Observatorium wie Sofia entwickeln und betreiben zu können«, so der Physiker. Von dem Mitflug erhoffe er sich eine Erfahrung, die intensiver als das Literaturstudium oder Videodokumentationen ist. »Dadurch wird auch mein Unterricht authentischer.«

SPEZIALKAMERA AN BORD

Das kalte Universum im Visier

Sofia, das ist eine Boeing mit eingebautem Teleskop. Das Teleskop sei vergleichbar mit einem riesigen Teleobjektiv, erklärt Joachim Groß vom SFZ in Eningen. Dort, wo beim Objektiv die Kamera montiert wird, sitzen bei Sofia die Instrumente, die auswechselbar sind. Beim Flug im Februar heißt das Instrument FIFI-LS. Die Spezialkamera liefert Bilder in 16 Farbkanälen – eine normale Digitalkamera hat drei Farbkanäle.

Groß erklärt auch, was Sinn und Zweck der Kamera ist: Sichtbares Licht wird im All von heißen Objekten wie unserer Sonne abgestrahlt. Will man das kalte Universum beobachten, braucht man Instrumente im Infrarotbereich. Im Alltag werden diese in Bewegungsmeldern und Wärmebildkameras eingesetzt, im Weltall sehen sie die Geburt von Sternen aus kalten Staubwolken und vieles mehr.

Pro Jahr unternimmt Sofia etwa 160 astronomische Messflüge. (hai)

Bereits im Dezember war Groß bei einem Vorbereitungstreffen des Deutschen Sofia Instituts (DSI) in Stuttgart. Dort ging es unter anderem um eine Einführung in den Arbeitsplatz der Lehrer an Bord, an dem über Computerbildschirme alle Informationen über Ausrichtung und Zustand des Teleskops sowie das aktuelle Sichtfeld zu sehen sind. Auch wurden den Mitfliegern Benimmregeln vermittelt, die auf dem Stützpunkt und an Bord gelten. Möglichst viel erleben und erfahren, möglichst wenig eingespielte Arbeitsabläufe der Bedienmannschaft stören und sich der strengen Regeln auf einem Stützpunkt für Luft- und Raumfahrtforschung bewusst sein: Sicherheit für Mensch und    Gerät geht    immer vor, das hat Groß gelernt. So dürfe etwa auf dem Rollfeld kein Fitzelchen Abfall herumliegen, der von Sofia eingesaugt werden und ein Triebwerk zerstören könnte.

Nach den Flügen ist ein weiteres Treffen der Lehrer mit dem DSI und beteiligten deutschen Wissenschaftlern geplant. Jetzt steht für Joachim Groß aber erst einmal das große Abenteuer bevor. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen wird es für ihn und die drei anderen Gäste an Bord von Sofia hoch hinaus gehen. Start ist immer bei Sonnenuntergang, Landung bei Sonnenaufgang. Unterwegs werden die       Wissenschaftler je rund zehn Stunden sein. (em/hai)