ENINGEN. Trotz Hitze im Saal und auch draußen vor den Türen der HAP-Grieshaber-Halle blieben die drei Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Eningen ganz cool: Eric Sindek, Marcel Modschiedler und Christoph Beck beantworteten alle Fragen, mit denen ihnen die GEA-Redakteurinnen Kathrin Kammerer und Melinda Weber auf den Zahn fühlten, sachlich, überlegt und manchmal auch mit knitzem Humor. Dabei kamen etliche Themen zur Sprache, die den Eningern derzeit auf den Nägeln brennen. Welche das sind, erfuhren die gut 200 Besucher aus einem Video-Einspieler, in dem Einwohner der Achalmgemeinde darlegten, wo sie dringenden Handlungsbedarf sehen.
Kathrin Kammerer, GEA-Ressortleiterin Reutlingen und Region, begrüßte das Publikum und lud dann die Bewerber dazu ein, für ein kurzes Kreuzverhör schon einmal auf dem Chefsessel Probe zu sitzen. Dabei kam unter anderem heraus, dass Eric Sindek es mit dem Feierabend nicht so genau nimmt und lange Arbeitstage nicht scheut, dass der passionierte Marathonläufer Marcel Modschiedler seine Bestzeit von 3:24 Stunden beim Marathon in Hamburg 2022 gelaufen ist, und dass Christoph Beck seine sehr unterschiedlichen Hobbys Yoga und Schießen gut unter einen Hut bekommt, weil beide dazu beitragen, die Konzention zu schulen.
Fragen zu kommunalen Themen
Im zweiten Teil der Veranstaltung nahm GEA-Redakteurin Melinda Weber die Kandidaten mit Fragen zu kommunalen Themen wie bezahlbarem Wohnraum, Kinderbetreuung, Ortsentwicklung, Bürgerbeteiligung oder Engagement für den Klimaschutz in die Mangel. Auf die Frage, wie sie es mit der Kommunikation innerhalb der Verwaltung und mit dem Gemeinderat halten wollen, betonte Beck, dass ihm ein guter Kontakt mit allen Fraktionen wichtig sei, er mit ihnen in den Dialog treten wolle, um zu informieren und ihre Tendenzen zu bestimmten Sachverhalten auszuloten. »Wichtig ist, dass das dann gut vorbereitet ist«, erklärte er. Modschiedler setzt auf einen regelmäßigen Austausch mit den Ratsmitgliedern, »digital und per E-Mail«. Und er sieht den Bedarf bei den Bürgern, mitzuteilen, »wo der Schuh drückt«. Seine Konsequenz: »Wir müssen miteinander reden.« Offene Kommunikation sei »grundsätzlich das Wichtigste«, hob Sindek hervor. In der Verwaltung müsse jedes Problem, das Gemeinderäte vorbringen könnten, vorab besprochen werden. So halte er das auch in seinem derzeitigen Job als Hauptamtsleiter der Gemeinde Westerheim. Die Ratsmitglieder müssten frühzeitig einbezogen werden, »wenn irgendetwas hochkocht, damit sie informiert sind und den Bürgern Antwort geben können«.
Oft kritisiert wurde in der Vergangenheit, dass angedachte Projekte zu langsam oder gar nicht umgesetzt würden. »Die Verwaltung muss schneller und effektiver werden«, erklärte Modschiedler, warnte aber vor all zu großen Erwartungen. Von zehn oder zwölf Vorschlägen, die von den Fraktionen in die Haushaltsberatungen eingebracht würden, könnten tatsächlich nur drei oder vier schnell auf den Weg gebracht werden. »Der Gemeinderat ist das Zugpferd der Verwaltung«, betonte Sindek. Gemeinsam müsse überlegt werden, wo die Prioritäten liegen. »Wenn die Pflicht erledigt ist, können wir schauen, was an freiwilligen Aufgaben noch umgesetzt werden kann.« Für Beck ist eine gute Vorbereitung der Projekte wichtig, damit sie erfolgreich abgearbeitet werden können. »Wenn ein Plan da ist, lassen sich Projekte leicht verwirklichen«, sagte er. Es müsse darauf geachtet werden, sich nicht zu verzetteln.
Alle Kandidaten wollen Vereine im Ort schützen
Allen drei Bewebern ist es wichtig, die Vereine im Ort zu unterstützen. »Sie sind die wichtigste gesellschaftliche Stütze, die wir haben«, hob Sindek hervor. Er würde regelmäßig Foren und Fortbildungen für die Menschen anbieten, die sich engagieren wollen. Und er schlug vor, altgediente Ehrenamtliche könnten sich als Ehrenamtsmanager einbringen, um vor allem jene Vereine zu entlasten, die Probleme bei der Besetzung von Funktionsposten haben. »Vereine brauchen ein offenes Ohr«, sagte auch Beck. Sie müssten »in kleinen Dingen« unterstützt und es müsse aktiv für sie geworben werden. »Wir müssen versuchen, Jugendliche heranzuführen und Ältere bei der Stange zu halten«, forderte er. Modschiedler hat sich bei vielen Vereinsbesuchen über deren Probleme informiert, wie er berichtete. Auch er würde ein regelmäßiges Forum für den Austausch mit den Vereinen einrichten und die Vereinsförderrichtlinien auf den Prüfstand stellen: »Das muss individuell für jeden Verein gestaltet werden.«
Spannend wurde es fürs Publikum, als die Kandidaten zum Zeitsprung ins Jahr 2031, dem Ende der anvisierten Amtszeit, aufgefordert wurden. Sie sollten schildern, was sich bis dahin im Ort verändert haben und wie es dann für sie weitergehen wird. »Wir werden Wohnraum geschaffen haben, Senioren-WGs, ein Mehrgenerationenhaus, die Ortsmitte wird grün gestaltet sein und meine zweite Amtszeit wird anstehen«, antwortete Modschiedler. Sindek reagierte abgeklärter: »Ich verspreche Ihnen kein Wolkenkuckucksheim.« Er könne sich vorstellen, dass bis dahin die Radwegeinfrastruktur fertiggestellt, die Kinderbetreuung vorangebracht und die Gemeinde mit dem Projekt Ortsmitte ins Landessanierungsprogramm aufgenommen worden sei. »Ich hoffe, dann meine zweite Amtszeit zu beginnen, der eine dritte und vierte folgen wird«, erklärte er. »Mein Ziel ist es, bis dahin die Kommunikation zu verbessern und ein Miteinander zu schaffen, sodass sich jeder im Ort wohlfühlt«, entwarf Beck sein Zukunftsbild. »Und ich biete Ihnen die Chance, dann einen neuen Bürgermeister zu wählen«, sagte der 60-Jährige.
Zum Schluss persönliche Fragen
Mit ganz persönlichen Fragen an jeden Einzelnen beendete Melinda Weber ihre Fragerunde. Sindek, der weiterhin stellvertretender Vorsitzender und stellvertretender Bereitschaftsleiter beim Eninger DRK tätig bleiben will, fragte sie: »Glauben Sie nicht, dass das zeitlich eng wird und ist das nicht ein Interessenskonflikt?« Er sehe darin keine Interessenskonflikt, betonte er. Bevölkerungs- und Katastrophenschutz, wie sie DRK und Feuerwehr leisteten, sei sehr wichtig. »Das DRK ist mein Lebensanker, das sind meine Freunde, meine Familie, ich werde das DRK auf keinen Fall im Stich lassen«, erklärte er und erntete dafür viel Beifall.
»Fehlt Ihnen nicht die praktische Erfahrung in der Verwaltung?« lautete die Frage an Beck, der prompt antwortete: »Wenn jemand Erfahrung hat, bin’s ja ich!« Als Unternehmer leiste er ebenfalls Verwaltungsarbeit, in seiner Zeit als Gemeinderat habe er Einblick in die Gemeindeverwaltung bekommen und: »Auch mit 60 bin ich noch neugierig, Neues zu lernen. Ich würde mich fachlich schnell einarbeiten.«
Modschiedler, der von 2004 bis 2017 bei der Gemeinde Eningen gearbeitet hat, wurde gefragt, ob es eine gute Idee sei, zu einem alten Arbeitgeber zurückzukehren. »Da habe ich gar keine Bedenken«, erwiderte er. Die Gemeinde habe eine gute Struktur, hier arbeiteten hilfsbereite Menschen. »Ich war hier glücklich«, betonte er und merkte an, er habe nur deshalb in eine andere Gemeinde gewechselt, weil es in Eningen seinerzeit mit einer Stelle im gehobenen Dienst nicht geklappt habe.
Kandidaten nehmen sich gegenseitig ins Kreuzverhör
Erst kurz vor der Veranstaltung hatten die drei Bewerber erfahren, dass sie sich am Ende gegenseitig ins Kreuzverhör nehmen können. Beck fragte Sindek nach seinem Lieblingswitz. »Treffen sich zwei Jäger im Wald, beide tot«, kam die Replik wie aus der Pistole geschossen. »Wie stehen Sie zur Gesunden Gemeinde?«, wollte Modschiedler von Sindek wissen. »Ich halte sehr viel davon, das ist ein tolles Netzwerk hier in Eningen«, erwiderte er und ergänzte: »Wir müssen schauen, dass sich die Jugendlichen mehr bewegen.« Sindek richtete seine Frage an Modschiedler: »Wie würden Sie Ihre ehemaligen Mitarbeiter im Eninger Rathaus beschreiben?« Die Antwort: »Als herzliche Menschen, hilfsbereit und strukturell gut aufgestellt.«
Nach einer Pause von zwanzig Minuten – die das Publikum dankbar dafür nutzte, sich bei den Häbles-Wetzern mit kühlen Getränken zu versorgen und frische Luft zu schnappen – kamen die Bürger zu Wort und etliche Eninger nutzten diese Gelegenheit. Jürgen Rothe wies darauf hin, dass die Ergebnisrechnung seit Jahren negativ sei, die Verluste immer größer würden und der Eninger Haushalt bald nicht mehr genehmigungsfähig sei. »Was tun Sie, um die Ergebnisrechnung zu verbessern?«, wollte er von allen drei Bewerbern wissen. »Nicht so viele Projekte gleichzeitig und freiwillige Aufgaben nur dann angehen, wenn sie machbar sind«, erklärte Modschiedler. Auch Beck würde jeden Haushaltsposten »auf Machbarkeit prüfen« und forderte: »Wir brauchen mehr ertragskräftige Unternehmen, die uns Gewerbesteuer bringen.« Zudem setzt er auf eine »schlanke Verwaltung«. Sindek stellte zum einen heraus, dass Bund und Land den Kommunen immer mehr Aufgaben aufdrückten. Zum anderen würde er schauen, »wo wir bei den Gebühren nicht kostendeckend sind«, und er setzt auf die Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke, die in absehbarer Zeit eingeführt werden und den Gemeinden zusätzliche Einnahmen bringen soll.
Alle Kandidaten für Erhalt des TSV-Sportheims
Einig waren sich die Kandidaten in ihren Antworten zur Frage des TSV-Vorsitzenden Rainer Hawel: »Wie stehen Sie zum Erhalt des TSV-Sportheims auf der Wenge?« Alle drei sprachen sich für die bewährte Gastronomie an diesem Standort aus. »Man kann hier gut essen«, betonte Sindek. »Wir müssen um jedes Lokal kämpfen«, erklärte Beck und Modschiedler kann sich vorstellen, angelehnt an die Vereins-Förderrichtlinie als Bürgermeister auch eine Gastronomie-Förderrichtlinie zu entwerfen.
Wie es die drei Kandidaten, die allesamt in Eningen verwurzelt seien, denn künftig als Bürgermeister mit dem Umgang mit Verwandten, Freunden und ehemaligen Kollegen halten würden, fragte eine Zuschauerin, die sich selbst als Rei’geschmeckte bezeichnete. »Ich sehe da keinen Interessenskonflikt«, sagte Beck, »ich sehe die Vernetztheit im Ort als etwas Gutes an: Man erfährt vieles, das kann viele Aufgaben erleichtern.« Als »Verwaltungsbeamten par excellence« bezeichnete sich Sindek, selbstverständlich werde er Neutralität wahren. »Ich würde auch meinen Schwestern eigenhändig einen Strafzettel ausstellen, wenn sie vor meinem Haus falsch parken«, erklärte er und betonte: »Vetterleswirtschaft lasse ich mir nicht nachsagen.« Und auch Modschiedler, der noch persönliche Kontakte und verwandtschaftliche Beziehungen nach Eningen hat, hob hervor: »Mit mir wird es keine Vetterleswirtschaft geben.« (GEA)