ENINGEN. Erzählen die Mitglieder des Partnerschaftskomitees vom Beginn der Städtepartnerschaften mit Calne in Großbritannien und Charlieu in Frankreich, geraten sie ins Schwärmen: Von der Gastfreundschaft, der Entdeckung der Länder, den gemeinsamen Ausflügen, den Konzerten und Sportveranstaltungen. Zwar hat Corona die Partnerschaften ausgebremst. Doch das Komitee ist sicher, dass sich die Wiederbelebung lohnt, auch im Hinblick auf den europäischen Gedanken.
1968 wurde die Partnerschaft Eningens mit Charlieu geschlossen. »Weil wir dort immer wieder Vertretern der Partnerstadt Calne begegnet sind, entstand die Idee einer Dreierkonstellation«, erinnert sich Schriftführer Rupert Klos. 1988 wurde dann auch die Partnerschaft mit Calne besiegelt. Seither gab es immer wieder wechselseitige Besuche.
Vorstufe der Europäisierung
Schon 1974 erlebte Klaus Schult zusammen mit Dieter Baumann, Eninger Lehrer am Pfullinger Gymnasium, einen Schüleraustausch in Charlieu. Pfullingen hatte damals noch keine französische Partnerstadt. Die Vorfreude der Kinder, so Schult, sei enorm gewesen. Heute kaum noch vorstellbar, war es in Zeiten ohne Internet etwas ganz Besonderes, manchmal geradezu exotisch, andere Länder kennenzulernen. Und die Schülerinnen und Schüler erlebten es selbst, dass man andere Sprachen tatsächlich brauchen könne. »Mama, ich weiß jetzt, wofür ich Englisch lerne«, habe ihre Tochter gesagt, berichtet Elke Hohenschläger, die Vorsitzende des Eninger Partnerschaftskomitees.
»Im Prinzip waren diese Partnerschaften auch eine Annäherung der Länder in der Nachkriegszeit, die damals noch nachwirkte«, meint Elke Hohenschläger und Klaus Schult ergänzt: »Und eine Art von Vorstufe der Europäisierung.«
Ein Herz und eine Seele
Nicht zuletzt sei es eine Möglichkeit gewesen, günstig ins Ausland zu kommen und dort am Alltag einer einheimischen Familie teilzunehmen, so die Zweite Vorsitzende Catherine Schäfer. »Viele Gespräche wurden geführt«, erinnert sich Schult. Sehr bereichernd und interessant sei das gewesen und habe auch allen jenen, die selbst kein Englisch oder Französisch sprachen, den Kontakt ermöglicht. »Man sah, die Menschen dort haben genau dieselben Freuden und Sorgen wie wir.«
Von Eninger Seite seien DRK, Musikverein, TSV Fußball und Tischtennis, DLRG, Feuerwehr, Gesangverein und die Blechbläser der Musikschule häufig mit dabei gewesen. Kamen Besucher aus den Partner-Orten nach Eningen, habe man beispielsweise zusammen Discgolf gespielt. Freundschaften seien entstanden, die bis heute andauern. »Wenn wir nach Calne oder Charlieu fuhren, fühlte es sich irgendwann an wie nach Hause kommen«, sagt Klos. »Wir waren oft ein Herz und eine Seele.«
An einem Strang ziehen für die Demokratie
Während der Coronazeit blieben, so Elke Hohenschläger, die Kontakte zwar bestehen, doch in der Zwischenzeit habe ein Generationenwechsel stattgefunden. Die Gründer der Partnerschaften seien aus Altersgründen nicht mehr so aktiv wie früher. Deshalb habe am 21. Oktober 2023 ein Online-Workshop aller drei Orte stattgefunden, um zu beraten, wie es weitergehen könne. Während in Eningen Hauptamtsleiterin Ute Petrick zuständig ist, möchte ihre Kollegin Alison Robinson in Calne die Fäden zusammenführen. In Charlieu ist Aurélien Monard Vorsitzender des Partnerschaftskomitees.
»Momentan herrscht bei uns beispielsweise bei den Pfadfindern großes Interesse an einem Austausch«, so Hohenschläger. Im nächsten Sommer wolle man alle Komitees einladen. Im kommenden halben Jahr sollen die Weichen gestellt werden. »Der europäische Gedanken sollte wichtiger sein denn je.« Man hoffe, die Partnerschaften wieder ans Laufen zu bekommen, sei es auch nur mit einer kleinen Gruppe. »Das Wir-Gefühl ist wichtig und dass man an einem Strang zieht für die Demokratie.« (GEA)