ENINGEN. Bei einem Einsatz der Feuerwehr zählt jede Minute. Wenn es brennt, geht es oft nicht nur um das lodernde Feuer, das Haus und Gut zerstört, sondern auch um Menschen- und Tierleben, die gerettet werden müssen. »Was einen dabei wirklich bei der Arbeit behindert, sind Falschparker, die sich nicht an die Straßenverkehrsordnung halten«, erklärt Eric Sindek. Der Eninger Bürgermeister ist schon viele Jahre beim Deutschen Roten Kreuz aktiv und kennt von dort dieses Problem. »Manchmal behindern parkende Autos, vor allem in der Nacht oder am Wochenende, den Einsatz. Das kann im schlimmsten Fall Menschenleben kosten.« Sindek war schon bei seinem Amtsantritt klar, dass er gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr Eningen und dem Ordnungsamt der Gemeinde solche Falschparker ahnden möchte. Bei einer dieser »Knöllchen-Touren« ist der GEA mit an Board.
Los geht's um Punkt 18 Uhr mit dem Gerätewagen der Feuerwehr, der 9,60 Meter lang und 2,50 Meter breit ist. »Die Feuerwehrautos haben einen großen Wendekreis und brauchen auf den Straßen Platz, um zu jedem Haus gelangen zu können«, sagt Sindek. Keine zehn Minuten nach dem Knöllchen-Tour-Start, fallen den beiden Gemeindevollzugsbediensteten Andreas Bögel und Mario Schenk die ersten Probleme auf: Viele Autos stehen zu weit vom Bordstein entfernt. »Die parken zwar richtig in ihren vorgegebenen Zonen, behindern dann aber trotzdem«, sagt Bögel. Der Grund: Vom geparkten Auto bis auf die gegenüberliegende Bürgersteigseite müssen drei Meter Abstand sein. »In vielen, vor allen engen Straßen ist das nicht immer gegeben.« An einigen der Wagen fahren sie ohne weitere Probleme vorbei, bei einem Mercedes messen die Bögel und Schenk mit einem Stab sicherheitshalber nach und siehe da: »Ein klarer Fall für einen Strafzettel.«
»Das kann im schlimmsten Fall Menschenleben kosten«
Auch wenn »mal nur« 30 Zentimeter fehlen - Bögel, der auch bei der Freiwilligen Feuerwehr ist, weiß aus eigener Erfahrung, wie problematisch das werden kann: »Wir sind mal zu einem Brand mit Menschenleben in Gefahr gerufen worden und konnten nicht auf dem direkten Weg zum Einsatzort, weil ein Auto zu weit auf der Straße stand. Das behindert dann schon ungemein.« Verletzt wurde bei dem Brand damals »zum Glück keiner«, aber: »Bevor man nicht am Einsatzort ist, weiß man das ja noch nicht«, so Bögel. »Mit unseren Kontrollen wollen wir niemandem schaden«, sagt Sindek. »Wir sind ja keine Unmenschen, aber gerade, wenn es um die Feuerwehr oder das DRK geht, sollten die Wege frei sein und das müssen wir gewährleisten.«

Weitere Probleme, die bei der Tour durch Eningen auffallen: Autos, die in die falsche Fahrtrichtung parken, die klar im Halteverbot oder zu nah an Kreuzungen stehen. Da wird nicht lang gefackelt. Bögel hält das Feuerwehrauto an, Schenk steigt aus und zack liegt ein Strafzettel unter dem Scheibenwischer. »Das ist echt angenehm, dass wir heute mit mehreren Menschen unterwegs sind«, sagt Schenk. »In letzter Zeit wurden wir immer wieder dumm angemacht und beleidigt. Da fühlt man sich einfach sicherer, wenn noch jemand dabei ist.« Auch, wenn die meisten Eningerinnen und Eninger mit strahlenden und staunenden Augen den imposanten Feuerwehrwagen betrachten, zeigt sich keine halbe Stunde später, was Schenk und Bögel schon lang erleben: Ein Pkw-Besitzer sieht aus dem Fenster, dass Schenk ihm einen Strafzettel ausstellt, und kommt mit ernster Miene aus dem Haus auf ihn zu gesprintet.
»In letzter Zeit wurden wir immer wieder dumm angemacht und beleidigt«
»Ja, können sie denn nicht einfach klingeln, bevor sie direkt einen Strafzettel ausstellen«, kommt prompt die Frage des Anwohners. Nachdem Schenk ihn aufgeklärt hat, dass dies nicht seine Aufgabe sei - zumal er nicht mal wüsste, wo er klingeln müsste - und ihn darauf aufmerksam macht, dass der Eninger klar im Halteverbot steht, beginnt die Diskussion erst richtig. »Ich zahle Straßensteuer, also stelle ich mich auch auf die Straße. Da muss die Feuerwehr halt drumherum fahren, wenn sie kommt«, lautet das letzte Gebot des Anwohners, der sich uneinsichtig gibt. Mittlerweile sind auch Bögel und Sindek ausgestiegen, um zu beschwichtigen. Das Ende vom Lied: Der Strafzettel wird ausgehändigt, das Auto umgeparkt und die Knöllchen-Tour fortgesetzt.
Ein Punkt, der in der Diskussion aufgekommen war: die fehlenden Parkplätze. »An dem Thema sind wir in der Verwaltung ja schon dran und versuchen, es so schnell wie möglich umzusetzen«, sagt Anke Arnold, die Leiterin des Eninger Ordnungsamts. »Ich verstehe es ja, dass die Eningerinnen und Eninger Stellplätze brauchen und wollen. Aber ich verstehe es nicht, wenn sie sich dann trotzdem nicht an die Regeln halten«, sagt Sindek. Nicht an die Regeln halten sei dabei das eine, zu beleidigen und zu drohen, sei eine ganz andere Hausnummer. »Das ging schonmal so weit, dass ich einen Strafzettel mit einer wüsten Beleidigung zurückbekommen habe«, sagt Bögel. »Der hing dann an meinem privaten Auto.« Eningen sei dann doch so klein, da kenne man sich dann irgendwann. »Wir haben in dem Fall von einer Anzeige abgesehen«, sagt Sindek.
»Ich verstehe es ja, dass die Eninger Stellplätze brauchen«
»In vielen Fällen sind wir auch mal kulant und stellen sogar keinen Strafzettel aus, aber das sehen die meisten Menschen nicht wirklich«, sagt Schenk. »Ich glaube, dass viele Leute an manche Regeln einfach nicht mehr denken«, vermutet Arnold. So glaubt sie auch, dass einigen Bürgerinnen und Bürgern nicht bewusst sei, ihre Hecken und Bäume so zu schneiden, dass diese nicht über die Grundstücksgrenze hinaus wuchern. An einigen Stellen in Eningen passt das Feuerwehrauto gar nicht durch. »Wenn ich jetzt weiterfahren würde, dann hätten wir bestimmt ein paar Kratzer am Gefährt«, sagt Bögel. Viele der Stellen, an denen die Begrünung bis auf die Straße ragt, seien den Ordnungshütern schon bekannt. »Die Anwohner bekommen dann einen Brief von uns mit der Bitte, ihre Pflanzen zurückzuschneiden«, so Bögel. Passiert dies nicht, werden weitere Schritte eingeleitet.
Nach gut zweieinhalb Stunden neigt sich die Knöllchen-Tour dem Ende zu. Insgesamt wurden 21 Vergehen mit Bußgeldern in Höhe von 665 Euro geahndet. »Ich habe wirklich den größten Respekt vor meinen Angestellten, die das tagtäglich machen und vor allem auch ab und zu mit Beleidigungen umgehen müssen«, sagt Sindek zum Abschluss. »Aber ich möchte an dieser Stelle auch nochmal eine Bitte aussprechen: Parkt ordentlich, im besten Fall rettet das Menschenleben.« (GEA)