RIEDERICH. Am Anfang der Amtszeit haben die neuen Gemeinderäte von Riederich ein Präsent bekommen. Nervennahrung, wie es der neugewählte Kommunalpolitiker Marco Allmendinger auf den Punkt brachte. Wo es aktuell in der Kommunikation nicht rund läuft, davon bekamen sie am Mittwochabend einen ersten Eindruck. Der Platz des Bürgermeisters Tobias Pokrop vorne auf der Verwaltungsbank blieb leer. Stattdessen leitete dessen Erste Stellvertreterin Petra Bäuerle die Sitzung. Davon hatte sie, wie sie sagte, erst einen Tag zuvor durch den GEA erfahren. Der hatte nämlich wegen einer seit knapp fünf Wochen unbeantworteten Anfrage im Rathaus angerufen und erfahren, dass der Bürgermeister seit einer Woche krank sei. Bäuerle wusste davon nichts.
In der Sitzung bat Bäuerle die Räte und die vielen Zuschauer im Saal um Entschuldigung für den Fall, dass sie etwas vergessen sollte oder es nicht so rund liefe, sei »dies der Kurzfristigkeit der heutigen Vertretung geschuldet«. Doch dazu kam es nicht. Bäuerle leitete die Sitzung souverän und vor allem bei den Verabschiedungen der langjährigen Räte im ersten Teil wurden ihre persönlichen Verbindungen deutlich.
Wenn das Alter zählt
Die sieben neuen und sechs erfahrenen Gemeinderäte verpflichtete Ulrich (Uli) Sensbach. »Weil der Bürgermeister heute nicht da ist, darf dies laut der Gemeindeordnung das älteste Mitglied des neu gewählten Gemeinderats tun«, erklärte Bäuerle. Mit einem Augenzwinkern ging Sensbach auf sein Alter ein. »So ist das mit dem Datenschutz. Jetzt wissen alle, wer der Älteste und wer der Zweitälteste im Rat ist.« Doch weil er selbst ja auch den Amtseid ablegen musste, übernahm diese Aufgaben der zweite Uli, Ulrich Büttel, als zweitältestes Ratsmitglied ans Rednerpult. Die Stimmung war locker, als Büttel Sensbach den Eid abnahm und dann trocken sagte: »Also, hiermit bist Du verpflichtet.« Als Erste Stellvertreterin des Bürgermeisters bestätigten die Räte Petra Bäuerle einstimmig und wählten ebenso einhellig die Zweite Stellvertreterin Doris Hagemann als Nachfolgerin des ausscheidenden Dietmar Hacker.
Petra Bäuerle würdigte die bisherigen und ausscheidenden Gemeinderäte: »Alle Ratsmitglieder haben sich als ehrenamtlich tätige Kommunalpolitiker in vorbildlicher Weise für unsere Gemeinde Riederich engagiert, oftmals persönliche Interessen und Termine zum Wohle der Allgemeinheit hintenangestellt, sich so für die Gemeinschaft eingesetzt und die Demokratie am Leben gehalten.« Das Besondere an der Kommunalpolitik sei die sehr intensive und sehr vielseitige Politik. »Unsere Entscheidungen sind unmittelbar sichtbar und spürbar und betreffen uns alle als Riedericher Bürger.«
Abschied der Urgesteine
Bäuerle ehrte Bettina Löffler, Herbert Schietinger und Bernhard Mutsch (in Abwesenheit) mit Stelen des Gemeindetags für ihr zehnjähriges Wirken im Rat. Sie hob besonders das Wirken der drei Urgesteine der Riedericher Kommunalpolitik hervor. Gisela Kromer gehörte dem Gremium seit 1994 an. »Es ist schwierig, für Deine unglaubliche Leistung für unser Riederich die richtigen Worte zu finden. Für mich ist ein Gemeiderat ohne Dich unvorstellbar.« Johanna Kruppa war seit 1999 Rätin. »Durch die von Ihnen gegründete Initiative 'Bürger helfen Bürgern' hatten Sie stets ein offenes Ohr für die Nöte unserer Mitbürger.« Auch Dietmar Hacker gehörte dem Gremium seit 1999 an. »Du warst unser Fachmann für sämtliche Bauangelegenheiten und im Gutachterausschuss. Ich schätze Dich sehr, und Deine Hartnäckigkeit wird uns im Gemeinderat sehr fehlen.«
Der ausscheidende Rat Lothar Schefenacker sagte, er habe sein Amt als mitunter frustrierend erlebt. "Mein Ziel war es, mich einzubringen und anstehende Themen zu bewältigen. Es sei teils nicht rund gelaufen. "Ich wünsche mir, dass alle respektvoll miteinander umgehen, nicht nur die Gemeinderäte untereinander, sondern das gesamte Gremium", deutete Schefenacker einen Konflikt an.
Vom Stillstand in die Bewegung
Der langjährige Rat und frühere Zweite Stellvertreter von Bürgermeister Pokrop, Ulrich Hacker, würdigte Bäuerle: »Du hast Dein Ehrenamt vorbildlich gemeistert, Petra. Deine Rede damals zum Volkstrauertag hat mich unglaublich berührt, und Du hast den Gemeinderat zusammen gehalten.« Für die Zukunft wünschte er, dass das Gremium »von Stillstand wieder in Bewegung kommt«. (GEA)