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Wannweilerin ist erfolgreiche Westernreiterin

Kerstin Rutsch hat im Westernreiten schon beachtliche Erfolge gefeiert. Sie gibt Kurse in Wannweil.

Kerstin Rutsch beim »Sliding Stop«.  Bei diesem spektakulären Manöver gleitet das Pferd mit den Hinterbeinen über den Boden, wäh
Kerstin Rutsch beim »Sliding Stop«. Bei diesem spektakulären Manöver gleitet das Pferd mit den Hinterbeinen über den Boden, während die Vorderbeine weiterlaufen, bis das Tier zum Stillstand gekommen ist. Wie man an den losen Zügeln sieht, hat sie die Reiterin nicht zurückgerissen – ihr Pferd »Flash« hat auf ein unsichtbares Kommando hin eine Vollbremsung eingelegt. Eigentlich werden Westernpferde einhändig geritten, weil hier ein Jungpferd am Start ist, dürfen die Zügel in beiden Händen liegen. Foto: Lux Company
Kerstin Rutsch beim »Sliding Stop«. Bei diesem spektakulären Manöver gleitet das Pferd mit den Hinterbeinen über den Boden, während die Vorderbeine weiterlaufen, bis das Tier zum Stillstand gekommen ist. Wie man an den losen Zügeln sieht, hat sie die Reiterin nicht zurückgerissen – ihr Pferd »Flash« hat auf ein unsichtbares Kommando hin eine Vollbremsung eingelegt. Eigentlich werden Westernpferde einhändig geritten, weil hier ein Jungpferd am Start ist, dürfen die Zügel in beiden Händen liegen.
Foto: Lux Company

WANNWEIL. Alles Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Kerstin Rutsch würde das Sprichwort sofort unterschreiben, das dem deutschen Dichter Friedrich von Bodenstedt zugeschrieben wird. Im arabischen Original soll das Paradies der Erde auch noch an der »Gesundheit des Leibes« und »am Herzen des Weibes« festgemacht worden sein. Wie auch immer: Die 33-Jährige verbindet Pferde nicht nur mit sehr viel Glück, sie sind auch zu ihrem Lebensinhalt geworden – und das gleich doppelt: Kerstin Rutsch hat als Westernreiterin schon viele Turniere gewonnen. Sie reitet und trainiert fünf bis sechs Mal in der Woche. Im Oktober 2023 hat sie sich als Reitlehrerin in Wannweil selbstständig gemacht.

Wer an Westernreiten denkt, denkt erst mal an Cowboys. Völlig zu Recht: Westernreiten hat seinen Ursprung in Amerika. Die Sportart bildet die Arbeitsreitweise und den Alltag der Männer ab, die eigentlich keine Revolverhelden wie im Film waren, sondern einfach nur Rinderhirten. Im Gegensatz zu den harten Männern, die bis zu 16 Stunden im Sattel saßen, zeigen Westernreiter (oder Westernreiterinnen!) »nur«, dass und wie gut sie die kunstvollen Reitmanöver ihrer Vorbilder beherrschen.

Cowboys als Vorbilder

Angefangen hat alles, als Kerstin Rutsch zehn war. »Ich bin durch eine Nachbarin dazugekommen«, sagt die Frau, die in Sondelfingen aufgewachsen ist. Vier, fünf Jahre später nahm sie Reitstunden. »Ich habe erst mal klassisches Reiten gelernt«, sagt die 33-Jährige. Zwei Jahre später dann der Moment, in dem sie das Westernreiten kennen und lieben lernte. Nur folgerichtig, dass sie mit 18 ihr erstes Pferd kaufte. »Snooky«, ein Paint Horse, gleich ein richtiges Westernpferd.

Badeausflug zum Neckar und ein Spaziergang in der Nähe des Reitstalls in Wannweil: Kerstin Rutsch geht mit »Flash« spazieren. St
Badeausflug zum Neckar und ein Spaziergang in der Nähe des Reitstalls in Wannweil. Foto: Privat
Badeausflug zum Neckar und ein Spaziergang in der Nähe des Reitstalls in Wannweil.
Foto: Privat

Es käme wohl niemand auf die Idee, einen tonnenschweren Kaltblüter, den man eher vor einer Bierkutsche sieht, zum Westernpferd auszubilden. »Theoretisch kann man das aber mit jedem Pferd machen«, sagt Kerstin Rutsch. Tiere, die aus den USA stammen wie Quarter Horses, Paint Horses oder Appaloosas eignen sich einfach besser für den Sport. »Sie sind ruhiger, niedriger und haben mehr Ausdauer«, sagt die 33-Jährige über die »Arbeitsgeräte« von Cowboys. Sie selbst hat derzeit zwei Pferde: Der zehnjährige »Little« ist ein American Quarter Horse, der vierjährige »Flash« ein Paint Horse.

Kerstin Rutsch geht mit »Flash« spazieren. Stimmungsvoll mit der Kamera eingefangen hat die Szenen ihr Freund Björn Schaal.
Kerstin Rutsch geht mit »Flash« spazieren. Stimmungsvoll mit der Kamera eingefangen hat die Szenen ihr Freund Björn Schaal. Foto: Privat
Kerstin Rutsch geht mit »Flash« spazieren. Stimmungsvoll mit der Kamera eingefangen hat die Szenen ihr Freund Björn Schaal.
Foto: Privat

Mit dem wurde sie bei den Europameisterschaften in Kreuth vom 17. bis zum 25. August 2023 Europameisterin. Mit »Little« siegte sie beim Senior Reining. »Die Pferde treten nie gegeneinander an«, erklärt sie, »weil sie in unterschiedlichen Disziplinen an den Start gehen und nicht gleich alt sind.« Bei den Landesmeisterschaften der Ersten Westernreiter Union (EWU) vom 27. bis zum 30. Juli in Neudeck räumte sie mit »Little« beim Senior Ranch Riding und beim Senior Ranch Rail ab. Bei den Baden-Württembergischen wurde der vierjährige »Flash« auch noch als bestes Jungpferd gekürt.

DIE DREI WESTERNREITEN-DISZIPLINEN VON KERSTIN RUTSCH

Reining, Ranch Riding und Ranch Rail

Für Laien ist die Vielzahl an Westernreiten-Disziplinen unüberschaubar. Kerstin Rutsch kennt sie natürlich alle, hat sich aber erst mal auf drei spezialisiert und ist darin höchst erfolgreich. Hier ihre kurzen Erklärungen: In der Reining wird ein sorgsam ausgebildetes Pferd verlangt, das rasante Manöver wie die Sliding Stops (gleitende Vollbremsung auf der Hinterhand aus dem vollen Galopp), Spins (schnelle 360-Grad-Drehungen) und Roll Backs (180-Grad-Wendungen auf der Hinterhand) willig ausführt. Die einzelnen Elemente der Reining sind Aufgaben, die das Pferd ur-sprünglich bei der Arbeit mit Rindern beherrschen. Ziel der Disziplin Ranch Riding ist es, ein Pferd zu präsentieren, das auch in höheren Gangarten leicht zu kontrollieren ist. So werden verschiedene Pflichtmanöver wie Galoppwechsel und das Überreiten von Stangen gefordert, um die Vielseitigkeit und Rittigkeit des Pferdes herauszustellen. Beim Ranch Rail soll sich das Pferd auf der ganzen Bahn in den Grundgangarten losgelassen und ausbalanciert mit gutem Raumgriff vorwärtsbewegen und sich in einer natürlichen Haltung eines Ranch-Pferdes bewegen und jederzeit willig und kontrollierbar sein. (eg/GEA)

Für solche Erfolge braucht’s mehr als Talent und Leidenschaft – dahinter steckt hartes Training. Und viel Zeit. »Ich reite und trainiere fünf bis sechs Mal in der Woche«, sagt Kerstin Rutsch. Pro Pferd zwei bis drei Stunden. Manche Reiter lassen ihre Tiere von Kindern und Teenagern versorgen, die dafür darauf reiten dürfen. »Ich mache das alles allein«, sagt die 33-Jährige. Da bleibt nicht viel Zeit für andere Dinge. Kerstin Rutsch, die eigentlich Verkäuferin gelernt hat, hat schon seit 2014 in Teilzeit als Inklusionshelferin gearbeitet. »Vormittags in der Schule, nachmittags im Sattel«, wie sie sagt. Im Oktober 2023 dann der Schritt in die Selbstständigkeit. Die 33-Jährige arbeitet als Reitlehrerin. Weil sie selbst die »klassische Reitschule« gelernt hat, kann sie die ebenso vermitteln wie das Westernreiten. Wer bei ihr was lernen will, kommt entweder zum Reitverein Wannweil, oder sie fährt zu ihren Kunden. Die müssen dann daheim aber ein eigenes Pferd haben, weil sie kein Schulpferd besitzt.

Ein teurer Spaß

Die Frau, die beide Welten kennt, sagt heute: »Westernreitern ist ein viel entspannteres Reiten.« Wobei dahinter jahrelanges, diszipliniertes Training steckt. Geritten wird mit nur einer Hand an den Zügeln. Weil die Vorbilder – die Cowboys – die andere ja für das Lasso brauchten. »Ziel beim Westernreiten ist es, unsichtbar zu reiten«, sagt Kerstin Rutsch. Heißt: Zuschauer (und Preisrichter erst recht) sollen keine Körperbewegungen oder Kommandos der Reiter sehen oder hören, die Gerte ist eh tabu. Bei den Turnieren geht’s dann aber viel lauter und entspannter zu als beim klassischen Reiten. »Da wird gejohlt und gepfiffen«, sagt die 33-Jährige, »das ist alles viel entspannter als beim klassischen Reiten. Die Pferde sind’s ja auch.« Nebenher läuft, klar: Country-Musik.

Die Trophäen eines Jahres. So viel hat Kerstin Rutsch allein 2023 gewonnen.  FOTO: PRIVAT
Die Trophäen eines Jahres. So viel hat Kerstin Rutsch allein 2023 gewonnen. Foto: Privat
Die Trophäen eines Jahres. So viel hat Kerstin Rutsch allein 2023 gewonnen.
Foto: Privat

Weil beim Westernreiten die hohe Kunst des Cowboy-Reitens gezeigt wird, sehen auch die Reiter und Reiterinnen so ähnlich aus. Man trägt Cowboystiefel. Und Chinks, die ledernen Überhosen. Und natürlich Cowboyhüte, wo man hinsieht, auch bei den Preisrichtern. »Da wird schon auf den Stil geachtet«, sagt Kerstin Rutsch. Das gilt erst recht, wenn’s um die Oberteile der Frauen mit vielen Glitzersteinen geht. »Da legt man locker tausend Euro hin«, sagt sie, »nach oben gibt’s keine Grenzen.« Die Sache mit dem Geld, wie so oft. »Von den Preisgeldern kann man nicht leben«, stellt Kerstin Rutsch klar. Es gibt schon ein paar, die es können, aber wirklich nur ganze wenige. »Ein teurer Spaß«, gibt die 33-Jährige zu. Aber einer, der verdammt Spaß macht. »Und man lebt nur ein Mal.« (GEA)