BAD URACH. Nur fünf Sekunden fliegt sie über den Bildschirm, aber Freunde und Arbeitskollegen haben sie direkt erkannt. Spätestens als die blonde Turnerin nach einem Flickflack mit abschließender Schraube in ihrem pinken Gymnastikanzug posiert, ist ihnen klar: Es ist Valerie Burdukov, die in einem TV-Einspieler zur TV-Show »Ninja Warrior Germany« zu sehen ist. »Viele haben mir geschrieben und gratuliert«, sagt die 22-Jährige aus dem Bad Uracher Ortsteil Sirchingen strahlend. Sie wurde von ihrem Kurzauftritt »komplett überrascht« und fühlt sich geehrt, als eines der Werbegesichter für solch eine große Show ausgewählt worden zu sein. Am Freitag (20.15 Uhr) wird nun ihr ganzer Auftritt beim Fernsehsender RTL zu sehen sein. Und ein Millionenpublikum wird zuschauen, wie sie sich als Neuling in der Vorrunde am anspruchsvollen Hindernis- und Kletterparcours schlägt.
@vaali_gym Wer schaut auch immer Ninja Warrior?#gymnastics #gymnast #ninjawarrior #rtl #staffel8 ♬ Play with Fire (feat. Yacht Money) - Sam Tinnesz
Das sportliche TV-Format hat Valerie Burdukov schon seit mehreren Jahren interessiert verfolgt. »Ich habe mich aber nie getraut, mich zu bewerben.« Im vergangenen Winter änderte sich das plötzlich. Ein Training der Drittliga-Turnerinnen des SV Hülben lief für sie so gut, dass sie das Gefühl hatte: »Ich bin auf meinem besten Niveau«. In der Euphorie setzte sich der selbsternannte »alte Sack des Teams« nach dem Training spontan an die Bewerbung für »Ninja Warrior«. Das Problem: Sie hätte ein Video von sich abgeben sollen, aber das Hochladen auf einem Internet-Portal funktionierte nicht. »Deswegen habe ich nicht daran geglaubt, dass es etwas werden könnte.« Doch zu ihrer großen Überraschung wurde sie trotzdem als eine von 240 Kandidaten aus mehr als 8.000 Bewerbern ausgewählt.
Turn-Videos auf TikTok gehen viral
Was könnte der Grund für diese Ausnahme gewesen sein? »Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich eine Frau bin«, sagt Valerie Burdukov. Die seien in dem Format bislang immer unterrepräsentiert gewesen. Die wahrscheinlich größere Rolle haben aber wohl ihre Kanäle in den sozialen Medien gespielt, die sie bei ihrer Bewerbung angegeben hatte. Relativ schnell dürfte das Produktionsteam festgestellt haben, dass zwei Turn-Videos auf dem Schwebebalken und am Stufenbarren auf TikTok viral gegangen und mehr als dreieinhalb Millionen Mal angeschaut worden sind.
@vaali_gym #fy #fyp #gymlife #gymmotivation #gymgirl #gymnastics ♬ Somebody's Watching Me - Chico Rose & 71 Digits
In ihren Postings auf TikTok und Instagram zeigt die gebürtige Russin aber nicht nur ihre sportliche Seite. Valerie Burdukov modelt gelegentlich für die Bekleidungsfirma ihres Freundes. Aber vor allem geht es in ihren Beiträgen um ihre zweite große Leidenschaft neben Turnen: Schminken. In Videos und Fotos zeigt sie, was sie an sich selbst bei einem Kurs zum Make-Up-Artist gelernt hat. »Ich mag es, mein Talent zu zeigen und kreativ zu sein.« Aktuell ist das alles nur ein Hobby neben ihrer Arbeit als Finanzassistentin bei der Kreissparkasse. »Aber es wäre natürlich ein Traum, das irgendwann als Fulltime-Job zu machen.«
Die Verantwortlichen von »Ninja Warrior« hat Valerie Burdukov mit ihren vielseitigen Talenten offenbar so sehr überzeugt, dass diese im April ein Kamerateam für Dreharbeiten auf die Schwäbische Alb schickten. Dabei entstand auch in der Hülbener Turnhalle die Szene aus dem TV-Einspieler. Natürlich wurde sie auch beim Schminken ihrer Schwester im elterlichen Haus in Sirchingen gefilmt. »Das Team war von acht bis acht da. Es war sehr anstrengend, aber auch sehr spannend.«
»Brutal aufgeregt«, war die 22-Jährige dann Ende Juni, als in Köln die Aufzeichnung zu Sendung anstanden. Für wenige Minuten durften sich die Kandidaten den Parcours ansehen, ausprobieren durften sie ihn nicht. »Man durfte sich auch nichts von den anderen abschauen, bevor man an der Reihe war.« Das dauerte bei ihr »drei bis vier Stunden«. Und wie ist es gelaufen? Das darf vor Ausstrahlung niemand verraten. Nur so viel: »Ich war mit meiner Leistung nicht zufrieden. Es ist viel schwieriger als die meisten es sich vorstellen.«
Ninja Warrior »andere Hausnummer« als Turnen
Durch ihre 15 Jahre Erfahrung als Turnerin hat Valerie Burdukov »meinen Körper unter Kontrolle«, auch die für die Parcours wichtige Griffkraft habe sie. »Aber Ninja Warrior ist eine andere Hausnummer. Nur durch das Turnen wird man in diesem Sport kein Profi. Ohne spezielles Training geht das nicht«. Das hat sie vernachlässigt, gibt sie zu. Nur zweimal ging es zum Üben in eine Ninja-Halle in Stuttgart. »Mir hat die Zeit gefehlt«, sagt die Sirchingerin. Abends nach der Arbeit geht sie drei- bis viermal die Woche ins Turn-Training. »Das wollte ich nicht schwänzen, weil wir noch Wettkämpfe hatten.«
Darum geht's bei Ninja Warrior Germany
»Ninja Warrior Germany« ist eine seit 2016 vom TV-Sender RTL produzierte Spielshow. In dieser müssen die Kandidaten in möglichst kurzer Zeit verschiedene Hindernisparcours überwinden. Die achte Staffel, die von Laura Wontorra, Jan Köppen und Frank Buschmann moderiert wird, läuft seit dem 13. Oktober immer freitags um 20.15 Uhr. Insgesamt gibt es sechs Vorrunden, zudem zwei Halbfinal-Folgen und zwei Final-Folgen. Die Kandidaten, die dabei in einem Parcours am weitesten kommen, ziehen in die nächste Runde ein. Wer im Finale alle Hindernisse absolviert und am Ende als schnellster das finale Hindernis, den »Mount Midoriyama«, bezwingt, erhält den Titel »Ninja Warrior« sowie 300.000 Euro Siegprämie. Das ist bislang erst einem Kandidaten gelungen, dem Zirkus-Artisten René Casselly (2021). Schafft niemand den Final-Parcours komplett, bekommt der Kandidat und die Kandidatin, die am weitesten gekommen sind, eine Prämie von je 25.000 Euro. (der)
Ihr Ehrgeiz ist nun aber geweckt. »Ich will auf jeden Fall wieder mitmachen.« Dann will sie auch mehr trainieren. »Und beim zweiten Mal wäre ich nicht mehr so nervös.« Kaum weniger aufgeregt ist Valerie Burdukov kurz vor der TV-Ausstrahlung. »Es könnte etwas peinlich werden, weil ich nicht weiß, wie alles zusammengeschnitten wird.« Trotzdem will sie Freunde und Familie ins elterliche Haus nach Sirchingen zum »Public Viewing« einladen. »Die Freude überwiegt auf jeden Fall.« (GEA)