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Aktuell Bundestagswahl

Reutlinger Wahlkreiskandidaten stellen sich in Metzingen den Schülerfragen

Podium am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Metzingen mit den Reutlinger Wahlkreiskandidaten zur Bundestagswahl und 200 Schülern.

Rund 200 Elft- und Zwölftklässler haben den Wahlkreiskandidaten in der Gymnasiums-Aula zugehört. Auf dem Podium sitzen (von link
Rund 200 Elft- und Zwölftklässler haben den Wahlkreiskandidaten in der Gymnasiums-Aula zugehört. Auf dem Podium sitzen (von links) Dr. Ulrich Bausch (SPD), Michael Donth (CDU), Beate Müller-Gemmeke (Grüne), Pascal Kober (FDP), Hansjörg Schrade (AfD) und Jessica Tatti (Linke). Diese durften während Redebeiträgen ihre Maske abnehmen. FOTO: NIETHAMMER
Rund 200 Elft- und Zwölftklässler haben den Wahlkreiskandidaten in der Gymnasiums-Aula zugehört. Auf dem Podium sitzen (von links) Dr. Ulrich Bausch (SPD), Michael Donth (CDU), Beate Müller-Gemmeke (Grüne), Pascal Kober (FDP), Hansjörg Schrade (AfD) und Jessica Tatti (Linke). Diese durften während Redebeiträgen ihre Maske abnehmen. FOTO: NIETHAMMER

METZINGEN. »Es ist eine unfassbare Katastrophe«, kommentierte ein hörbar geschockter Dr. Ulrich Bausch die verheerenden Flutfolgen in Westdeutschland, »der Klimawandel ist absolut prioritäres Thema.« Nicht nur beim SPD-Bundestagswahlkandidaten im Wahlkreis Reutlingen stand der Klimaschutz im Fokus, sondern auch bei Dr. Ennio Bauer und rund 200 Elft- und Zwölftklässlern des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums. Der Gemeinschaftskundelehrer moderierte das vom Kollegen Christian Schulz hauptorganisierte Wahlpodium am Freitag in der Gymi-Aula, das dank niedriger Inzidenzen kurzfristig möglich geworden war und auf dem alle sechs Wahlkreiskandidaten saßen, also auch die bereits im Bundestag sitzenden Michael Donth (CDU), Beate Müller-Gemmeke (Grüne), Pascal Kober (FDP) und Jessica Tatti (Linke), ergänzt durch Hansjörg Schrade (AfD).

Die maskierten Schüler hörten eineinhalb Stunden lang zu und warfen ein paar Fragen ein. Der Moderator setzte zwei Schwerpunkte: die Corona-Pandemie und den Klimawandel. Eine echte Diskussion kam nicht in Gang, es blieb bei kleineren Abtauschen etwa zwischen Bausch und Schrade oder zwischen Kober und Tatti. Ein enges Programmkorsett mit zwei Minuten Redelimit und viele Fragen und Antworten ließen wenig Spielraum.

- Corona

»Trägt vor allem die Jugend die Last der Pandemie?«, fragte Bauer in die Runde. Beate Müller-Gemmeke, die die Lockdown-Einschränkungen gleichwohl verteidigte, will der vielfach betroffenen jungen Generation nun Gutes tun, »es braucht viel Geld für Kinder und Familien«. Freizeitangebote möge der Bund finanziell fördern, etwa »ein kostenloses Interrailticket« möglich machen. Bei der weiteren Beurteilung der Pandemie »müssen wir weg vom reinen Inzidenzwert« hin zu mehr Differenzierung: »Was macht das Gesundheitssystem mit der Situation?« Nicht zuletzt »brauchen wir Lüftungsanlagen an den Schulen – da muss Geld in die Hand genommen werden.« Das tut der Bund laut Michael Donth bereits, »auch für mobile Geräte«. Jetzt seien die Länder und Städte als Schulzuständige am Zug. Donth weiter zum Regierungsgeschehen: »Das Abrücken von einer Zahl, der Inzidenz, wird gerade entwickelt.« Selbst in der Hand haben viele Menschen, ob sie sich gegen Corona impfen lassen, Impfstoff gibt es genug. »Dr. Dufraine in der Inneren Kelter in Neuhausen sucht händeringend Impfwillige.«

»Wir wollen alles dafür tun, dass die Schulen offenbleiben«, betonte Jessica Tatti und mahnte nicht nur Luftfilter, sondern auch mehr Bundesgeld für die Digitalisierung an. Hansjörg Schrade hingegen meinte: »Viel Leid ist von der Regierung gemacht worden.« Raunen und Murmeln im Saal. »Jugendliche brauchen soziale Begegnung, Rückzugsräume und Orte zum Feiern«, ist für Ulrich Bausch klar, »safe Spaces mit 100 Prozent Testung.« Impfen auch für Jugendliche ab zwölf hält der SPD-Kandidat für geboten, Filteranlagen, die Virenlast und Aerosole in der Luft reduzieren, »sollten es uns wert sein.«

- Klimawandel und Verkehr

»Treibhausgase reduzieren, Verkehrswende mit ÖPNV vorantreiben, Elektroantriebe und Wasserstoff für große Nutzfahrzeuge« – Schlagworte für Müller-Gemmeke, um die Begrenzung auf 1,5 Grad Klimaerwärmung noch zu schaffen. »Erneuerbare Energien ausbauen – alle Bremsen müssen fallen.« Donth machte deutlich, dass »wir noch nie so viel für Schiene und ÖPNV ausgegeben haben wie jetzt« – was auch der Ermstalbahn zugutekommt, die gerade elektrifiziert wird. »Wenn ich morgens den Bus verpasst hab, muss ich eine Stunde auf den nächsten warten«, warf eine Schülerin ein, »und pro Strecke drei Euro bezahlen.« »Kosten tut die Fahrt ein Vielfaches«, erwiderte der CDU-Abgeordnete und verwies auf künftig mögliche On-demand-Verkehre, bei denen Kleinbusse Fahrgäste nach Bedarf einsammeln und wieder absetzen. »Wir müssen mehr tun«, forderte Bausch, »wir erhalten keine Arbeitsplätze mit Technologien, die wir nicht exportieren können.« 160 Kommunen in Europa hätten den Verbrennungsmotor bereits verboten.

Für Kober ist »die alleinige Fokussierung auf E-Mobilität falsch«, er setzt auf den Mix mit Wasserstoffantrieben. Und darauf, dass »wir eine Technologie entwickeln, die weltweit eingesetzt wird«. Sodass die Abkehr vom Otto oder Diesel nicht zu viele Jobs kosten muss. Auch für Bausch »ist das E-Auto nur ein Baustein unter vielen. Im Stadtverkehr funktioniert es.« Für Lkw sei Wasserstoff denkbar, der indes viel Energie braucht, um heruntergekühlt und damit antriebstauglich zu werden. Tatti stellte die Frage: »Reicht das Geld für den ÖPNV aus, um die 1,5 Grad zu erreichen? Irgendwann ist die Zeit verspielt, das Klima zu retten.«

- Solidarität

»Schauen wir nicht nur zu, wenn im Kongo unter menschenunwürdigen Bedingungen Rohstoffe für Handys abgebaut werden?«, hakte eine Schülerin bei Müller-Gemmeke nach. »Wir Grünen fordern schon lange, die Menschenrechte einzuhalten«, erwiderte die Angesprochene und machte sich für ein wirksameres Lieferkettengesetz stark. Immerhin: »Bei den Akkus hat sich schon viel verändert, die Branche hat bald andere Stoffe dafür.« Bausch berichtete von Initiativen gegen Kinderarbeit im Kongo. (GEA)