METZINGEN/REUTLINGEN. Es ist ein trauriger Spitzenplatz: Mit insgesamt 7.191 Straftaten pro 100.000 Einwohnern rangiert die Stadt Metzingen rein statistisch gesehen bei den Verbrechen im Landkreis Reutlingen ganz oben. Das ist dem jüngsten Kriminalitätsbericht des Polizeipräsidiums (PP) Reutlingen zu entnehmen. Allein 519 Fälle von Ladendiebstahl - und damit rund 66 Prozent mehr als noch 2022 - wurden im vergangenen Jahr auf dem Gelände der Outletcity begangen. Damit ist die Zahl der Ladendiebstähle auf dem Shopping-Gelände so hoch wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Fakt ist: Nicht nur in der Outletcity wird mehr geklaut, wie Lutz Jaksche vom PP Reutlingen auf GEA-Anfrage mitteilt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 36 Prozent mehr Ladendiebstähle im Präsidiumsbereich und 24 Prozent mehr Ladendiebstähle in ganz Baden-Württemberg begangen.
Mehr Diebstahl wegen hoher Inflation
Für die steigende Zahl an Langfingern, auch in der Outletcity, sieht der Leiter der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit mehrere mögliche Gründe: »Die Preisanstiege durch Inflation und die damit einhergehenden finanziellen Belastungen der Bevölkerung sind Risikofaktoren für Kriminalität.« Zudem seien die Überwachungsmöglichkeiten beispielsweise durch Warensicherung oder Videokameras besser geworden: »Dadurch können Taten entdeckt und gegebenenfalls aufgedeckt werden, die zuvor nicht aufgefallen sind und im sogenannten Dunkelfeld verblieben wären.« Denn in die Statistik - also das Hellfeld - fließen nur entdeckte Straftaten ein.
Und nicht zuletzt seien die coronabedingten Einschränkungen wie etwa die Schließung von Geschäften oder Reisebeschränkungen im Jahr 2023 komplett zurückgenommen worden - was die Statistik, die ja im Vorjahresvergleich zu 2022 erhoben wurde, verzerren könnte. Denn wo keine Kunden, da kein Diebstahl. »In Anbetracht des internationalen Publikums in der Outletcity kann sich dies insbesondere auf die Fallzahlen in der Stadt Metzingen ausgewirkt haben.« Das Polizeirevier Metzingen habe zudem ein vierköpfiges Spezial-Team, das zu den Diebstählen in der Outletcity ermittelt.
Die Statistik kann trügerisch sein
Stichwort Publikum: Gerade in Städten, die einen großen Einzugsbereich von Gruppen wie Touristen, internationalen Studenten oder Pendlern haben, kann die sogenannte Häufigkeitszahl die Statistik verzerren - also die Zahl der bekannten Straftaten auf 100.000 Einwohner gerechnet. Verbrechen dieser Gruppen werden von den zuständigen Präsidien aufgenommen und fließen in die Tabellen ein, aber die Diebe zählen meist nicht zu den lokalen Einwohnern. Die Folge ist eine ungleich höhere und daher kritisch zu bewertende Häufigkeitszahl. Durch die Outletcity ist Metzingen klar von dieser Systematik betroffen, wie es im Kriminalitätsbericht heißt, denn mit seinen 22.528 Einwohnern und 1.620 Straftaten insgesamt beträgt die Häufigkeitszahl in Metzingen die eingangs genannte 7.191.
Trotzdem ändert das nichts am absoluten Anstieg der Ladendiebstähle. Die Outletcity AG hält sich bei der Bewertung der Gründe zurück. »Insgesamt stellen wir im Vergleich zu den Corona-Jahren steigende Frequenzen fest«, schreibt das Unternehmen auf Anfrage. Konkret wolle man sich nicht äußern, denn: »Der Betrieb der Stores liegt in der Verantwortung unserer Markenpartner.« Man habe aber ein ausführliches Sicherheitskonzept für das Gelände, das »Markenpartner in Bezug auf Diebstahl und Door Management« unterstütze und welches »sorgfältig und regelmäßig von uns an die Rahmenbedingungen und Anforderungen angepasst« werde. Zudem arbeite man eng mit der Polizei zusammen.
Auch das Metzinger Modeunternehmen Hugo Boss, das einen großen Store mitten in der Outletcity betreibt, arbeitet nach eigener Aussage »eng mit den lokalen Behörden zusammen«. In welchem Maße Hugo Boss allerdings von Diebstählen betroffen ist, dazu will sich das Unternehmen nicht konkret äußern und bestätigt lediglich, »dass auch unser Outlet-Center in Metzingen von Ladendiebstählen betroffen ist«. Detailierte Zahlen oder Tendenzen gibt Hugo Boss zudem auch nicht preis. (GEA)