METZINGEN. Die Bestattungsformen unterliegen einem stetigen Wandel. Metzingen möchte dem Rechnung tragen und entsprechenden Wünschen weitmöglichst entgegenkommen. Dafür soll ein Friedhofsentwicklungskonzept erarbeitet werden, das Vorstellungen aus der Bevölkerung berücksichtigt, das den vier Friedhöfen der Stadt aber auch ihre jeweils eigene Identität sichert. Denn Friedhöfe sind mehr als nur Orte der Trauer, sie sind auch Orte der Begegnung, Orte der Kultur und gleichzeitig ein Spiegel des gesellschaftlichen Wandels, wie jetzt Annette Sinz-Beerstecher vom beauftragten Büro »frei raum concept« aus Rottenburg im Gemeinderat erklärte, die eine erste Bestandsanalyse vorlegte, auf deren Basis weiter am Konzept gearbeitet werden soll. Die Stadt beabsichtigt, dafür einen Arbeitskreis zu gründen.
Ziel ist, diesem Wandel durch Umstrukturierungen zu berücksichtigen und die Friedhöfe auf künftige Bedürfnisse vorzubereiten, um Wünsche nach individuellen Grab- und Bestattungsformen – soweit es eben geht – erfüllen zu können. Ein Wandel, der sich schon seit Jahren vollzieht: In den zurückliegenden Jahrzehnten wählten 70 Prozent den traditionellen Sarg und 30 Prozent die Feuerbestattung, ein Verhältnis, das sich mittlerweile umgekehrt hat.
Noch kein muslimisches Grabfeld
Auch deshalb sind derzeit keine Friedhofserweiterungen notwendig, was nur am Friedhof Auchtert der Fall sein könnte. Zudem gäbe es zunehmend individuelle Wünsche, wie die Bestattung in einem privaten Friedwald, den Metzingen nicht bieten kann. In Gesprächen mit den Bestattern wurde zudem deutlich, dass sich Angehörige zunehmend sogenannte Rasenurnenwahlgräber und Rasenerdwahlgräber wünschten, womit schon ein Großteil der Bedürfnisse abgedeckt sei.
Demnach gibt es bereits ein großes Angebot unterschiedlicher Bestattungsformen in Metzingen. »Es können aber nicht alle Wünsche erfüllt werden«, sagte Sinz-Beerstecher. Zum Beispiel muslimische Beisetzungen. Solch ein Grabfeld lasse sich aufgrund der spezifischen Bedingungen im Rahmen der bestehenden Friedhöfe nicht anlegen, betonte Annette Sinz-Beerstecher. Auch gebe es kaum Nachfragen.
Generell, so heißt es in der Gemeinderatsvorlage, weichen Betroffene auf Friedhöfe benachbarter Kommunen aus oder wählten die Rückführung ins Herkunftsland. Dass es an Nachfrage mangelt, so Dr. Georg Bräuchle von den Grünen, sei kein Wunder, schließlich gibt es die Möglichkeit in Metzingen nicht. Die sollte aber geschaffen werden, »als Zeichen der Integration«. Was am ehesten auf dem am sündlichen Stadtrand liegenden Friedhof Auchtert möglich wäre, der um 15 000 Quadratmeter erweitert werden kann.
Der älteste Friedhof in Metzingen liegt mitten in der Stadt an der Mühlwiesenstraße, gleich neben dem pulsierenden Outletleben, ein Friedhof, an dem auf etwas über 16 000 Quadratmetern auch Stadtgeschichte abgelesen werden kann. Besondere Gräber und Denkmäler prägen den bereits heute parkähnlich angelegten Gottesacker. Seine Funktion als innerörtliche Grünfläche sollte weiter ausgebaut werden. Die Fachfrau des Planungsbüros kann sich zudem eine Öffnung hin zur Erms vorstellen. Als Leitbild schlägt sie »Park mit Stadtgeschichte« vor.
Leitbilder für die Friedhöfe
Mit 33 000 Quadratmetern deutlich größer ist der Friedhof Auchtert, der sich durch seine naturnahe Lage auszeichnet. Durch unterschiedliche Gartenbereiche, Spazier- und Rundwege, zwischen denen verschiedene Grabarten eingebettet sind, könnte er unter dem Leitbild »Garten« deutlich aufgewertet werden.
»Mitten im Leben« könnte das Leitbild für den 8 150 Quadratmeter großen Friedhof in Neuhausen lauten. Dafür sollten neue Wegverbindungen geschaffen werden, zudem Begegnungsorte, Verweil- und Verschnaufplätze. Vorstellbar ist auch ein Bereich für Kirche im Grünen.
Der kleinste Friedhof ist in Glems mit 3 500 Quadratmetern Fläche, wie in Neuhausen gleich neben der Kirche gelegen. Der Blick reicht zum Albtrauf, eingebettet in Streuobstwiesen. Diese unterschiedlichen Blickbeziehungen sollten laut Planungsbüro unbedingt erhalten werden. Es schlägt außerdem vor, neue Grabfelder in kleinen Parzellen anzulegen. Das Leitbild: »Kirchgarten im Streuobstgürtel«.
Das, was an dem Abend dem Gemeinderat vorgestellt wurde, dient als Grundlage für das Friedhofsentwicklungskonzept, das die nächsten zwanzig Jahre abdecken und Raum für neue Beerdigungsformen bieten soll, um auch künftig eine zeitgemäße Bestattungskultur sicherzustellen. Ziel ist auch, die vorhandenen Flächen optimal auszunutzen, um Friedhofserweiterungen möglichst zu vermeiden. Sollte sich der Gemeinderat dafür entscheiden, auch Bestattungen von Muslimen anzubieten, lässt sich dies kaum umgehen. (GEA)