METZINGEN-GLEMS. Viez, Ebbelwoi, Apfelmost, Äppler, Landessäure nennt sich der Fruchtwein, der meist aus einer Mischung verschiedenen, relativ säurehaltigen Äpfeln gekeltert und alkoholisch vergoren wird. Schwäbisch sparsam ist Most das Synonym bei uns, für ein Getränk, das früher in erster Linie von armen Leuten getrunken wurde und gerne als Durstlöscher bei der Feldarbeit diente. Diese Herkunft macht es dem schwäbischen Most bis heute schwer, aus dem Schatten seines hessischen oder österreichischen Verwandten herauszutreten. Historischen Zeugnissen zufolge war Most schon bei den Kelten bekannt. Sie tranken Obstwein hauptsächlich zur Verdauungsförderung. Später war er besonders geschätzt, weil ihn jeder kostengünstig selbst herstellen konnte.
Dass ein gut ausgebauter Most, ob im Holz-, Kunststoff- oder als Druckmost im Edelstahlfass ausgebaut, schmackhaft ist und zu Unrecht einen schlechten Ruf hat, ergab im Glemser Obstbaumuseum das Verkosten von 29 Mosten bei der kreisweiten Prämierung. Kreisfachberater Gerd Reinhardt hatte mit seinem Team und der Unterstützung von Willy Müller vom Obstbaumuseum eingeladen.
»Der wär besser em Keller blieba«
Ein deftiges schwäbisches Vesper mit Bauernbrot diente als Grundlage, um für die Verkostung gewappnet zu sein: »Jeder muss wissen, was er verträgt«, lautete Reinhardts Ansage. Vor jedem der 24 Verkoster lag ein Bewertungsbogen, in dem die Moste nach Farbe, Klarheit, Geruch, Geschmack und Harmonie bewertet werden mussten. Die maximale Punktzahl beim Geschmack war eine 10, in allen anderen waren je 5 Punkte zu vergeben.
Als echte Mostkenner waren Hans Olpp und Stefan Reusch dabei. Olpp, der nach eigenem Bekunden bei der Rosstriebkellerei früher den Secco machte, und der Glemser Reusch, der mit seinem »Mostbesen« und der eigenen Mosterei mit Saftabfüllung einen guten Ruf genießt. Zunächst wurden die klassischen Moste probiert, eingereicht wurden 22 verschiedene von der Alb bis an den Neckar: Rübgarten, Auingen, Gundelfingen, Engstingen, Ohmenhausen, Dettingen, Mittelstadt, Rietheim und Zainingen lauteten die Herkunftsorte im schwäbischen Streuobstparadies.
Bei einigen Probiergläsern löste der ein oder andere Schluck selbst bei den erfahrenen Kennern das typische Mostgesicht aus. Olpp und Reusch kommentierten nach der jeweiligen Bewertung durch die Gäste ihr Geschmackserlebnis: »Der wär besser em Keller blieba«, »do war’s Fass ed ganz sauber« oder »do kommd dr Hefegschmack zu arg durch« waren einige der Äußerungen. Aber auch Lobendes wie »so soll a rechter Moschd schmecka«.
Mit die gebräuchlichste Variante war der klassische Apfel-Birnenmost im Kunststofffass. Bei manchen war noch Holunder, Quitte oder Aronia (Apfelbeere) zugesetzt, ohne allerdings durch den typischen Eigengeschmack hervorzutreten. Durchgefallen waren auch diejenigen Moste, die zu viel Süße aufwiesen, entweder durch Traubensaft oder Zucker.
Wie guter Most schmecken soll, wurde klar, als in der Pause Reusch seinen drei Jahre im Holzfass gereiften ausschenken ließ. Er trat mit klassischen Mosten und Druckmosten an – als gewerblicher Betreiber außer Konkurrenz.
»So soll a rechter Moschd schmecka«
Reusch bewirtschaftet als Familienbetrieb sechs Hektar Fläche, auf dreien baut er Wein an, ein dreiviertel Hektar ist für den Weinbau, der Rest ist Streuobst. Leben kann er davon nicht. Sein tägliches Brot verdient er als Bautechniker.
»Als das Bier immer günstiger wurde, sind die meisten Mosttrinker umgestiegen«, sagt er, und: »Wir müssen ein Qualitätsbewusstsein für den Most entwickeln.« Er hofft auf ähnliche staatliche Unterstützung wie in Hessen oder Österreich. Im zweiten Teil standen sieben Druckmoste auf der Verkostungsliste. Sie werden im Stahlfass hergestellt, haben mit zwei Prozent deutlich weniger Alkohol als der klassische Most mit seinen fünf bis sechs Prozent. Der allgemeine Geschmack geht in Richtung Druckmost, ist Reusch überzeugt. Mit Zutaten wie Himbeere, Johannisbeeren, Kirschen oder sogar Erdbeeren gebe es viele Möglichkeiten Geschmacksvarianten herzustellen, die jüngeren Leuten schmecken.
Hans Olpps Resümee fiel kurz und bündig aus: »Es waren richtig gute Moste dabei, aber auch einige schlechte.« Die Mostprämierung ist für ihn eine gute Sache, denn sie dient dazu, langfristig Qualität und Image zu stärken.
Den Sieg bei den Druckmosten holte Thomas Ruez gemeinsam mit Steffen Reusch (außer Konkurrenz). Für den erkrankten Sieger nahm Tobias Franzko den Preis entgegen. Bei den klassischen Mosten gewann der erst 29 Jahre alte Marius Freudigmann und einen Most aus Brettachern und Oberösterreichischer Mostbirne angesetzt hatte. (GEA)

