GRAFENBERG. In der Schreinerei von Hermann Thüringer war von einer Viertelstunde auf die andere nichts mehr, wie es vorher war am heißen Nachmittag des 28. Juli 2013. »Das Wasser kam durchs Dach, als wäre der Hahn aufgedreht«, blickt Thüringers Frau Jutta, die lange für die FWV im Grafenberger Gemeinderat saß, zurück. Die 2.600-Einwohner-Gemeinde am gleichnamigen Berg war im Kreis Reutlingen die mit am schwersten vom Hagelsturm heimgesuchte Kommune – und die Schreinerei Thüringer das mit am schwersten geschädigte Gebäude.
»Die Eisbollen hat’s quer durch die Fenster gehauen«, berichtet Jutta Thüringer. Auch die Eternitdächer des Betriebs und ihres angrenzenden Wohnhauses waren ruckzuck durchlöchert. »Die Betten waren nass, alles war nass nach einer halben Stunde.« Nur Küche und Kinderzimmer kamen glimpflicher davon. Ein Dreivierteljahr zog das Ehepaar in den Wohnwagen. Verpasste dessen kaputten Fenstern Holzplatten. Gesamtschaden an Haus und Werkstatt: 600.000 Euro.
So weit die schlechten Nachrichten. »Wenn man heult, wird’s nicht besser«, sagt Jutta Thüringer. Sie und ihr Mann Hermann haben nach dem Unwetter aber auch jede Menge Hilfe bekommen. »Gleich am nächsten Tag war jemand von der Versicherung da.« Binnen 14 Tagen waren 100.000 Euro überwiesen. Und das Ehepaar hatte Glück, sofort einen Dachdecker zu bekommen, aus Böhringen. »Wir haben uns gut gekannt, sein Vater und ich haben zusammen gesungen.«
In Werkstatt und Haus war jede Menge zu reparieren. »Den Parkettboden hat’s überall gelupft.« Er musste schnell raus. Da Hermann Thüringer Schreiner ist, konnte er viel selbst machen. »Das ganze Haus musste man auf Rohbaubasis zurückbringen«, berichtet seine Frau. Verwandte und Freunde haben mit angepackt. »Das hat uns ganz arg zusammengeschweißt.« Als alles repariert war, gab’s ein Helferfest in der Garage. Der Hund der Thüringers geht allerdings bis heute nicht mehr vors Haus, wenn tiefdunkle Wolken am Himmel hängen. (GEA)