Gegründet von Christian Völter und Heinrich Gänslen, zwei Männer, die sich zusammengetan haben, deren Familien aus der Tuchherstellung kamen. Die, nachdem sie auch noch verschwägert waren, sich schließlich entschlossen hatten, auch geschäftlich eine Verbindung einzugehen: Damit war 1883 die Grundlage einer unternehmerischen Erfolgsgeschichte geschaffen, wobei das »ä« in Gänslen später mit »ae« geschrieben wurde.
Bereits ein Jahr nach der Gründung wurde die Fabrik-Krankenkasse gegründet, was ebenfalls als Zeichen sozialen Engagements der Firmenleitung gewertet werden kann, was sich über die folgenden Jahrzehnte fortgesetzt hat. Die Krankenkasse blieb 125 Jahre selbstständig und hatte zeitweise die niedrigsten Beitragssätze in Deutschland, wie der Arbeitskreis Stadtgeschichte in einer seiner Publikationen schreibt.
Stoffe für Polizei und Bahn
Produziert wurden einfache Oberbekleidung überwiegend für Männer und Stoffe für Behörden wie Polizei, Bahn und Post. Heinrich Gänslen war für die Technik zuständig, Christian Völter dagegen kaufmännischer Leiter, der das Unternehmen auch nach außen repräsentierte. Zahlreiche Stiftungen sind auf ihn zurückzuführen. Von der Stadt Metzingen wurde der spätere Kommerzienrat zum Ehrenbürger ernannt.1907 schließlich hat Völter seine Geschäftsanteile an Friedrich Herrmann veräußert, der zuvor schon im Verkauf von Gaenslen & Völter tätig war. Namen, die sich noch heute im Stadtplan Metzingens wiederfinden, wie die Christian-Völter-Straße und der Friedrich-Herrmann-Platz. Die G-&-V-Geschäftsleitung stellten von jetzt an die Familien Gaenslen und Herrmann, wobei sich Friedrich Herrmann gerne als der »erste Arbeiter des Betriebs« bezeichnete.
Im Ersten Weltkrieg konzentrierte sich das Unternehmen auf die Herstellung von Militärstoffen. Alte Maschinen wurden ersetzt, neue Webstühle gekauft. Die Zahl der Mitarbeiter stieg von 125 auf über 170. Nach dem Krieg beteiligte sich das Unternehmen an einer Stiftung zur Linderung der Not von Kriegsteilnehmern und deren Hinterbliebenen. Die Tuch-Produktion wurde weiter ausgeweitet, von 1932 bis 1939 kletterten die Umsätze von 3,7 Millionen auf 5,07 Millionen Reichsmarkt. Das Unternehmen investierte an seinem Standort erneut in Maschinen und Gebäude.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, viele Mitarbeiter waren gefallen, Teile der Produktion zerstört, wurde quasi wieder bei null begonnen. Doch der Wiederaufbau ging schneller als gedacht. Neue Produkte wurden eingeführt, genauso wie neue Fertigungsverfahren. Gleichzeitig sah sich das Unternehmen einer stetig wachsenden Konkurrenz ausgesetzt. Doch der hielt G & V über Jahrzehnte stand. Aus dem Unternehmen wurde ein moderner Tuchhersteller, ohne dass einzelne Produktionsteile aufgegeben wurden. Der Betrieb wies bald 600 Mitarbeiter auf. Und dennoch wurde immer noch von der G-&-V-Familie gesprochen, was für die Verbundenheit der Arbeiter mit ihrer Firma spricht.
Tiefe Verbundenheit
Eine Verbundenheit, die auch in dem kleinen 1995 aufgelegten Band »GV-Stories« zum Tragen kommt, entstanden nach den Erinnerungen von Dr. Frieder Gaenslen, redaktionell überarbeitet von Dr. Petra Braitling. Frieder Gaenslen, von 1956 bis 1996 in der G-&-V-Geschäftsleitung und viele Jahre im Gemeinderat der Stadt Metzingen, erhielt 1990 das Bundesverdienstkreuz und wurde 2010, damals 80 Jahre alt, mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt Metzingen ausgezeichnet. Wie viele seiner Vorgänger hat er sich den Ruf erworben, ein Unternehmer mit sozialem Gewissen zu sein, ein Unternehmer, der stets bemüht war, Brücken zu bauen.Textilien für die Autoindustrie
Aus dem einstigen Familienunternehmen wurde ein Konzern. 1999 stieg die Familie Gaenslen aus dem Betrieb aus. Nachdem sich auch in der Familie Herrmann nach Friedrich R. Herrmann kein Nachfolger mehr fand, wurde von der Gesellschafterversammlung Reinhart Leendertz zum Geschäftsführer gewählt.Im Jahr 2009 musste Gaenslen & Völter Insolvenz anmelden. 2010 wurde das Traditionsunternehmen von dem Wolfsburger Investor Prevent übernommen, der in Metzingen weiterhin Spezialstoffe für die Autoindustrie produziert. Das über sechs Hektar große Grundstück, auf dem jetzt ein neues urbanes Stadtviertel entsteht, wurde im selben Jahr von der Holy AG gekauft. (GEA)