Logo
Aktuell Unglück

Fassungslosigkeit nach Großbrand in Riederich

Am Samstagabend steht die Zimmerei Schnizer in Riederich lichterloh in Flammen. Am Morgen danach versucht die Feuerwehr, weitere Glutnester zu finden und ein erneutes Aufflammen des Brandes zu verhindern. Im Dorf herrscht Fassungslosigkeit.

Der Morgen nach dem Brand: Ein Bagger zieht die Schuttberge auseinander. Auf diese Weise wollen die Riedericher Feuerwehrleute w
Der Morgen nach dem Brand: Ein Bagger zieht die Schuttberge auseinander. Auf diese Weise wollen die Riedericher Feuerwehrleute weitere, eventuell noch unentdeckte Glutnester finden. Foto: Kathrin Kammerer
Der Morgen nach dem Brand: Ein Bagger zieht die Schuttberge auseinander. Auf diese Weise wollen die Riedericher Feuerwehrleute weitere, eventuell noch unentdeckte Glutnester finden.
Foto: Kathrin Kammerer

RIEDERICH. Der Morgen danach: Es liegt noch ein leichter Brandgeruch in der Luft, am Ende der Industriestraße, direkt neben der Bundesstraße 312. Passanten stehen in kleinen Gruppen beisammen und sprechen miteinander, schauen fassungslos auf einen riesigen Schutthaufen am Ende der Straße. Der Schutthaufen war bis Samstag die Industriehalle der Zimmerei Schnizer. Nun ist alles mit dickem Schaum überzogen. Von der Halle ist nicht mehr viel übrig. Ein Großbrand hat alles zerstört.

Gegen 19 Uhr am Samstagabend wird der Brand in der Leitstelle gemeldet. Riederichs Feuerwehrkommandant Harald Hacker und seine Feuerwehrleute rücken direkt aus. 2023 waren sie bei einigen Kleinbränden im Einsatz, im Dezember gab's noch einen schlimmen Verkehrsunfall auf der B 312, der sie gefordert hatte. Doch von einem Großbrand im eigenen Ort waren sie schon eine Weile verschont geblieben. Bis jetzt. »Als wir am Brandort ankamen, haben wir gesehen, dass es im Gebäude brennt«, berichtet Hacker am Sonntagmorgen. Etwa zwei Minuten später habe es eine extreme Rauchentwicklung gegeben. Für Feuerwehrleute bedeutet das Alarmstufe rot, ein Flashover steht bevor, also die schlagartige Entstehung eines Vollbrandes. Hacker zeigt zwei Bilder auf seinem Handy: Auf dem einen ist eine dichte Rauchwolke über dem Gebäude zu sehen. Auf dem nächsten steht es in Vollbrand. »Zwischen den beiden Bildern lagen vielleicht fünf Minuten«, berichtet er.

Der Brand ist am Samstagabend weithin sichtbar.
Der Brand ist am Samstagabend weithin sichtbar. Foto: Dieter Reisner
Der Brand ist am Samstagabend weithin sichtbar.
Foto: Dieter Reisner

Die Halle - eine Holzkonstruktion - steht schnell lichterloh in Flammen. Feuerwehrleute aus Metzingen und Reutlingen helfen den Riederichern beim Löschen. Am Ende sind rund 130 von ihnen vor Ort, dazu rund 30 Einsatzkräfte des Rettungsdienstes. Ein Polizeihubschrauber überwacht die Lage von oben. Das Gebäude der Zimmerei Schnizer wird ein Raub der Flammen, daran kann auch der engagierte Einsatz der Feuerwehrleute nichts mehr ändern. »Rund 80 Prozent des Gebäudes sind zerstört«, berichtet Metzingens Feuerwehrkommandant Hartmut Holder dem GEA noch am Brandabend.

Die Feuerwehrleute schaffen es aber, ein benachbartes Industriegebäude zu retten. »Das Feuer ging schon ins Gebäude rein«, sagt Holder. Doch man habe den Schaden begrenzen können. »Das Gebäude steht noch.« Welch immense Hitze geherrscht haben muss, wird auch an einem weiteren Beispiel deutlich: Die Zimmerei grenzt an den Riederichbach. Auf der anderen Seite stehen Wohnhäuser. »Die Hitzeentwicklung war so massiv, dass dort teilweise Fenster geborsten und Rollläden geschmolzen sind«, so Holder. Die Anwohner der Siedlung werden evakuiert und vorübergehend in der Gemeindehalle betreut. Auf dem Gelände der Zimmerei steht am Brandabend ein Wohnwagen, in dem sich Gasflaschen befinden. Diese explodieren.

Löscharbeiten in der Nacht.
Löscharbeiten in der Nacht. Foto: Dieter Reisner
Löscharbeiten in der Nacht.
Foto: Dieter Reisner

Die Bundesstraße 312, die parallel zur Industriestraße verläuft, wird am Brandabend für zwei Stunden gesperrt, was ein mittleres Verkehrschaos in Metzingen und einen Rückstau auf der Bundesstraße verursacht. »Die Hitzelast war einfach so stark«, sagt Kommandant Hacker über die Gründe für die Sperrung. Außerdem hätte es durch Gaffer in vorbeifahrenden Autos zu Beginn fast einen Unfall gegeben. Auf Instagram sorgt vor allem ein Video für Aufsehen, dass offenbar direkt in den ersten Vollbrand-Minuten aus einem fahrenden Auto heraus gedreht wird.

Um 3 Uhr nachts ziehen die Riedericher Feuerwehrleute dann ab, der Brand ist soweit gelöscht, die Brandwache bis 7 Uhr übernehmen die Kameraden der Grafenberger Wehr. »Bis 9 Uhr war auch alles soweit okay, es war kein Rauch mehr sichtbar«, berichtet Kommandant Harald Hacker. Und so ziehen alle Feuerwehrleute ab. Um eigentlich direkt danach wieder anzurücken. »Passanten haben an drei Stellen Rauch gesehen.« Offenbar hatte es weitere Glutnester unter dem Schutt gegeben. »Am Samstag haben wir mit leichtem Schaum gearbeitet. Jetzt haben wir die Schaumstufe erhöht«, so Hacker am Sonntagmorgen.

Das Gebäude der Zimmerei Schnitzer in Vollbrand.
Das Gebäude der Zimmerei Schnizer in Vollbrand. Foto: GEA
Das Gebäude der Zimmerei Schnizer in Vollbrand.
Foto: GEA

Damit weitere Nachbrände endgültig verhindert werden können, rückt gegen 12 Uhr ein Bagger an. Er zieht den Schutt auseinander, die Feuerwehrleute suchen alles nochmal ab und löschen weiter. Im hinteren Teil der Brandruine sind Ermittler der Polizei im Einsatz. Sie suchen die Brandursache, die am Sonntagmorgen nach Polizeiangaben »noch unklar« ist. Klar ist aber: Es ist ein Schaden in Höhe von mindestens einer Million Euro entstanden. Mitarbeiter der Zimmerei sind am Sonntagmorgen vor Ort. Die Fassungslosigkeit steht ihnen ins Gesicht geschrieben. 

Ebenso vor Ort: Bürgermeister Tobias Pokrop. Er war schon in der Brandnacht da gewesen, ebenso Landrat Dr. Ulrich Fiedler, Kreisbrandmeister Wolfram Auch und dessen zweiter Stellvertreter, Christoph Belz, der Kommandant der Münsinger Feuerwehr. Wenn man nach so einem Abend überhaupt von einer glücklichen Fügung sprechen kann, dann ist es diese: Weder Privatpersonen noch Feuerwehrleute werden bei diesem Unglück verletzt. (GEA)