WALDDORFHÄSLACH. Die Gemeinde Walddorfhäslach kann aktuell noch alle ihr zugewiesenen Flüchtlinge aufnehmen und unterbringen. Doch es gebe nicht mehr viele Häuser auf dem Immobilienmarkt, die die Kommune anmieten oder gar kaufen könne, sagte die Bürgermeisterin Silke Höflinger am Mittwochabend bei der Informationsveranstaltung für Bürger in der Gemeindehalle. Insgesamt konnte die Gemeinde seit 2018 im Durchschnitt im Ort rund 120 Geflüchtete unterbringen. »Es ist sehr integrationsfördernd, dass wir Wohnungen für Flüchtlinge anmieten und sie so in der Mitte der Gesellschaft unterbringen. Das ist weitestgehend sehr gut gelaufen«, sagte Höflinger.
Im vergangenen Jahr habe Walddorfhäslach allerdings nicht alle der Gemeinde zugeteilten Flüchtlinge unterbringen können. Daher bekommt sie in diesem Jahr noch 29 Personen zugewiesen, zu deren Aufnahme sie eigentlich schon 2023 verpflichtet gewesen wäre. Von denen hätten in den vergangenen Monaten 20 aufgenommen werden können, sodass noch ein Aufnahmedefizit aus dem vergangenen Jahr von neun Personen besteht. Hinzu kommt, dass die Gemeinde in diesem Jahr noch weitere 30 Flüchtlinge zugeteilt bekommt und sie aufnehmen muss, berichtete Höflinger.
Unterkunft im Gebiet Brühl Schlatt geplant
Baulich könne Walddorfhäslach im Anbau des Gebäudes Schulstraße 18 noch Raum für vier weitere Plätze schaffen. Dann habe der Kreis Reutlingen die einzelnen Gemeinden gefragt, wo diese noch Kapazitäten in Gebäuden und freie Grundstücke haben, berichtete Höflinger. Als Standort für 20 bis 30 Flüchtlinge, wenn das Anmieten weiterer Wohnungen nicht möglich ist, sieht Höflinger ein Grundstück an der Dettenhauser Straße im Gebiet Brühl und Schlatt. »Dort gibt es eine integrative Randlage, die aber an die Siedlung angedockt ist«, ordnete die Bürgermeisterin ein. Die Gemeinde könne dort bei Bedarf ein Gebäude mit 20 bis 30 Plätzen in Holzständer-Leichtbauweise errichten. »Wir bereiten uns darauf vor, dass wir dort jederzeit mit dem Bau beginnen können und weiterhin Verantwortung leben.«
Höflinger erklärte den Zuhörern noch die Abläufe, wenn Flüchtlinge dem Land Baden-Württemberg zugewiesen werden: Die Ankommenden werden zuerst in Heidelberg erfasst, dann auf die Landeserstaufnahmestellen verteilt und kommen danach in die vorläufige Unterbringung in die Landkreise. Die letzte räumliche Station in der Integration ist in der Regel nach zwei Jahren die Anschlussunterbringung in Städten und Gemeinden - auch in Walddorfhäslach.
Auf Menschen zugehen
Karl-Heinrich Schaal vom AK Asyl sagte, dass eine Willkommenskultur im Ort wichtig sei. »Wenn wir Menschen nicht als Fremdkörper sehen, positiv auf sie zugehen und schauen, was möglich ist, damit habe ich die besten Erfahrungen gemacht.« Er verglich die Ankunft der Flüchtlinge mit einem Überraschungspaket. »Da sind manche Schätze drin. Nur es handelt sich nicht um Ware, sondern um Menschen.« Letztlich müssten sie mit Hilfen der Gemeinde, der Integrationsmanagerin Hannah Engelmann vom Kreis Reutlingen und dem AK Asyl so integriert werden, dass sie Teil der Gesellschaft werden. Mit allen Rechten und Pflichten. Engelmann betreut die Flüchtlinge drei Jahre lang, legt mit ihnen Integrationsziele fest und verfolgt diese. Schaal freute sich, dass der AK Asyl seit der vergangenen Bürgerinformation über Flüchtlinge im November 2023 acht weitere Ehrenamtliche gefunden hat.
Benjamin Hupe, AfD-Kandidat für die Gemeinderatswahl in Walddorfhäslach, brachte sich mit Fragen in die Bürgerversammlung ein. Er sprach die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung an. »Wie viel kostet die Integration unserer Goldstücke?«, wollte er von der Gemeinde wissen. Höflinger antwortete, dass diese Kosten im Etat der aktuellen Verwaltung enthalten seien. Hupe hakte nach, ob es Projekte gebe, die Walddorfhäslach aus Kostengründen nicht umgesetzt bekomme, weil Geld wegen Flüchtlingen im Etat fehle. Höflinger sagte, dass es diese nicht gebe und sowohl die Flüchtlingsbetreuung und -integration als auch der städtebauliche Bereich abgedeckt werden könnten. Eine Frau fragte, wie die Gemeinde Flüchtlingskinder in Schulen und Kitas unterbringen könne, wenn es doch zu wenige Kitaplätze und Lehrer gebe. Karl-Heinrich Schaal ordnete ein: »Es kommen ja nicht 100 Leute von heute auf morgen. Auch die 60 Leute dieses Jahr suchen nicht alle einen Schul- oder Kitaplatz.«
Plötzlich steht der Großteil der Zuhörer
Die AfD-Gemeinderatskandidatin Christine Ebertin sprach davon, dass niemand in Walddorfhäslach die Bürger gefragt habe, ob sie überhaupt Integration wollten. »Jetzt können die aufstehen, die Integration wollen«, forderte sie. Kurze Zeit später standen mindestens drei Viertel der Zuschauer. Nicht aber ihr Parteikollege Hupe. »Integration ist eine gute Sache, die große Mühe macht. Vielleicht zu große Mühe, je nachdem wie viele jetzt noch kommen.« Die Bürgermeisterin konterte: »Integration ist eine Herausforderung, sie ist aber machbar.« Auch ein Bürger konterte gegen die AfD-Redner deutlich und ebenso sachlich: »Ich verstehe die Ängste nicht. Die leisten doch gute Arbeit und tun das gerne. Sie sehen nicht überfordert aus«, sagte er mit Blick auf Karl-Heinrich Schaal und Hannah Engelmann. (GEA)