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Der Radsport ist Walter Rottiers halbes Leben

PLIEZHAUSEN. »Sie sind ein großartiger Förderer des Radsports, der in Belgien beliebtesten Sportart«. Renier Nijskens, Belgiens Botschafter in Deutschland, ernannte seinen Landsmann Walter Rottiers, der seit 37 Jahren in Pliezhausen lebt, zum Ritter des Leopoldsordens, der zweithöchsten zivilen Auszeichnung des Landes.

Wie es um den Radsport in den Vereinigten Staaten bestellt ist, das hat Walter Rottiers mit spitzer Feder festgehalten.
Wie es um den Radsport in den Vereinigten Staaten bestellt ist, das hat Walter Rottiers mit spitzer Feder festgehalten. FOTO: PR
Wie es um den Radsport in den Vereinigten Staaten bestellt ist, das hat Walter Rottiers mit spitzer Feder festgehalten. FOTO: PR
Rottiers Verdienste um den Radsport sind vielfältig und beeindruckend zugleich. Der 71-Jährige hat den Radsport gelebt: als Journalist, Grafiker, Cartoonist und Organisator von Radrennen.

»Ich wollte mit meinen Geschichten immer einen Schritt vor den anderen sein«
Rottiers berichtete von nahezu allen bedeutenden Radrennen der Welt: Tour de France, Giro d’Italia, Spanien-Rundfahrt, Tour de Suisse, Deutschland-Rundfahrt, Mailand-San Remo, Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix, Tour Dupont (USA), Tour of Oman und Katar; 15 Mal berichtete er von Weltmeisterschaften von Stuttgart über Oslo, Colorado Springs bis Utsunomiya in Japan, zweimal von Olympischen Spielen (Seoul, Sydney).

Insgesamt besuchte er rund 500 Rennen und interviewte alle Größen des Radsports, von Eddy Merckx bis zum legendären Gino Bartali.

»Nur wenn der Radsport ganz gesäubert wird, kann er sich erholen«
»Ich wollte mit meinen Geschichten immer einen Schritt vor den anderen sein«, lautete Rottiers’ Philosophie. Er schrieb fünf Bücher über den Radsport, darunter eines über mehr als 100 Radsport-Supporte-Cafés, hauptsächlich in Flandern, in denen die Seele der Sportart heute noch mächtig gelebt wird. Schon als Fünfjähriger hatte ihn der Radsport-Virus infiziert: Er drückte sein Gesicht an die Scheibe eines Cafés, um Fernsehbilder von seinem großes Vorbild Rik van Steenbergen, dem dreifachen Straßen-Weltmeister der Profis und Sechstage-Kaiser, zu ergattern.

Der Grafiker zeichnete selbst rund 400 Cartoons, erhielt dafür ein Diplom für »gezeichneten Humor« bei der Welt-Cartoonale in Belgien. Rottiers organisierte zweimal Hobby-Radrennen sowie im Jahr 1983 die Württembergische Radmeisterschaften der Frauen in Pliezhausen. Außerdem holte er 1996 die Deutschen Straßenmeisterschaften nach Metzingen.

Seit 2006 organisiert er als Präsident des World Press Cycling Championship-Committee in Österreich, Slowenien, Belgien, Griechenland und Italien die Rad-WM der Journalisten. Seine Liebe zum Radsport führte Rottiers fast um die gesamte Welt. Zu Hause im Büro malte er an der Staffelei Szenen der großen Radsportstars, woraus eine viel beachtete Ausstellung (»The World of Cycling«) entstand, die unter anderem während der World Expo 2000 in Hannover gezeigt wurde.

Darin wird spürbar, dass Rottiers enge Kontakte und sogar Freundschaften zu den Stars wie Eddy Merckx, Miguel Indurain, Rudi Altig, Didi Thurau, Felice Gimondi, Bernard Hinault oder Greg LeMond pflegte. Der erfolgreichste Radrennfahrer aller Zeiten, Eddy Merckx, tauschte sogar ein Rennrad gegen eine Merckx-Grafik aus Rottiers Hand.

Nach der Jahrtausendwende erhielt die Radsportbegeisterung von Walter Rottiers einen entscheidenden Dämpfer. Der Radsport und seine Helden stürzten in endlose Doping-Skandale

»Die Rennen wurden immer schneller, immer härter, es kam immer mehr Geld ins Spiel, dadurch wurde Doping immer wichtiger«, befindet der Experte. »Nicht nur die Radsportfans, sondern auch wir Journalisten fühlten uns betrogen«, sagt er und liefert eine simple Idee: »Wenn alle Fahrer sauber wären, wären die Rennen zwar deutlich langsamer, doch die Ergebnisse authentisch.«

»Bei den Rennen kam immer mehr Geld ins Spiel«
»Nur wenn der Radsport ganz gesäubert wird, kann er sich erholen«, gibt sich Rottiers kompromisslos. Dennoch würde er seine Begeisterung wieder so ausleben, sagt er. Der Radsport-Virus wird ihn wohl nicht mehr loslassen.

Übrigens: Neben dem Ritterorden erhielt der Pliezhäuser Radsport-Experte vom italienischen Pizzabäcker Angelo in Gabicce Mare eine andere bemerkenswerte Würdigung: Er nahm die »Pizza Walter Rottiers« in seine Speisekarte auf, als Dank dafür, dass Rottiers im Jahr 2011 die Journalisten-Rad-WM in den Badeort geholt hatte. (GEA)