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Der Mensch dahinter: Start der »Stadtgespräche« in der Uracher Rathausapotheke

Mit dem »Stadtgespräch« in der Rathausapotheke will die evangelische Kirchengemeinde Bad Urach und Seeburg mit Persönlichkeiten der Stadt und der Region tiefer in Kontakt kommen und den Menschen dahinter zeigen. Den Start hat sie gemacht mit dem Uracher Stadtoberhaupt: Bürgermeister Elmar Rebmann.

Bürgermeister Elmar Rebmann war der erste Gast der Reihe »Stadtgespräch« in der Uracher Rathausapotheke. Auf dem Bild ist er ein
Bürgermeister Elmar Rebmann war der erste Gast der Reihe »Stadtgespräch« in der Uracher Rathausapotheke. Auf dem Bild ist er eingerahmt von den Moderatoren Albert Ebinger und Vikarin Julia Bazlen Foto: Andreas Fink
Bürgermeister Elmar Rebmann war der erste Gast der Reihe »Stadtgespräch« in der Uracher Rathausapotheke. Auf dem Bild ist er eingerahmt von den Moderatoren Albert Ebinger und Vikarin Julia Bazlen
Foto: Andreas Fink

BAD URACH. Das neue Format in dem »neuen« Haus der evangelischen Kirche könnte eine Erfolgsgeschichte werden. Darauf deutet zumindest der erste Abend hin: Die Rathausapotheke war mit rund 60 Besucherinnen und Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt. »Sie hören, Sie fragen, und Sie können auch hinterfragen«, beschreibt Albert Ebinger, der den Abend zusammen mit Vikarin Julia Bazlen moderierte, das Prinzip des Stadtgesprächs. Mit dem Uracher Stadtoberhaupt Elmar Rebmann machte die Kirche den Auftakt. Auf dem Sofa sollen später auch Menschen wie Vereinsvorsitzende, Rettungskräfte, Unternehmer, Künstler, Schulleiter, Handwerker, Notare und vielleicht sogar mal der Landrat Platz nehmen. Im Blick: der Mensch dahinter.

Mal nachdenklich, mal knitz, mal selbstbewusst: Bürgermeister Elmar Rebmann beim »Stadtgespräch«  in der Uracher Rathausapotheke
Mal nachdenklich, mal knitz, mal selbstbewusst: Bürgermeister Elmar Rebmann beim »Stadtgespräch« in der Uracher Rathausapotheke. Foto: Andreas Fink
Mal nachdenklich, mal knitz, mal selbstbewusst: Bürgermeister Elmar Rebmann beim »Stadtgespräch« in der Uracher Rathausapotheke.
Foto: Andreas Fink

Verwaltungsprofi, Schaffer, leidenschaftlicher Fußballfan und Familienmensch: So präsentierte sich Elmar Rebmann beim Stadtgespräch. »Alles von A bis Z, von Tiefbau bis Kultur«, beschreibt der 60-Jährige, der im Herbst für eine dritte Amtsperiode noch mal in den Ring steigt, das Aufgabenspektrum eines Bürgermeisters. Der in aller Regel spätestens um dreiviertel acht im Rathaus ist und dort mindestens zehn Stunden arbeitet - falls er überhaupt hier und irgendwo unterwegs ist. Dazu die ganzen Termine am Wochenende. Immerhin: Am Freitag kommt er früher raus. Der Schultes kann beim Rasenmähen oder Unkrautzupfen abschalten. Manchmal legt er sich auch einfach aufs Sofa und lässt die lieben Gott einen guten Mann sein. Rebmann: »Man braucht das, um runterzukommen.« Am Sonntag fährt er nach Hoffenheim, um seinen geliebten 1. FC Köln vielleicht mal wieder siegen zu sehen.

Riesiges Aufgabenspektrum

Es ist ja nicht nur die Fülle an Aufgaben, die ein Verwaltungs-Chef im Blick haben muss. Sondern auch die Tatsache, dass der erste Mann in der Stadt immer im Blick der Öffentlichkeit ist. Und dafür fast schon automatisch regelmäßig »Prügel« kriegt. Keine echten, so weit ist es hier glücklicherweise noch nicht gekommen. Wobei der Wind schärfer und der Ton rauer geworden ist, wie der Verwaltungs-Chef betont. Eindeutig eine Grenze überschritten werden, wenn er daheim als Privatmensch anonyme Beleidigungen zugeschickt bekommt. Das war bei der ersten Flüchtlingsdebatte. Schlimmer geht immer: Vergangenes Jahr haben Unbekannte an den Autos von Elmar und Sylvia Rebmann im Carport die Reifen aufgestochen. »Das macht was mit einem«, sagt der Bürgermeister, legt seine Stirn in tiefe Falten und atmet tief durch.

Traurige persönliche Erinnerungen

Sehr nachdenklich und einen kurzen Moment angegriffen zeigt sich der Bürgermeister auch, wenn er ganz am Anfang des Abends erzählt, was ihn ganz persönlich mit Urach verbindet. Dass sein Vater 15 Jahre Versandleiter bei der Wurstfabrik Haas war, ist die eine, schöne Seite der Erinnerungen. Die unschöne, furchtbar traurige: Im Uracher Gefängnis starb der zweite Mann seiner Großmutter. Die Nazis hatten den Kommunisten 1943 inhaftiert. Mit der Aussicht auf den Volksgerichtshof hat er sich 1944 im Uracher Gefängnis das Leben genommen. »Es war ein sehr bedrückendes Gefühl, als ich das erste Mal das Notariat betreten habe«, sagt Elmar Rebmann, »dort war das Gefängnis.«

Gegenwind und Kritik

Dass der Bürgermeister beim Umgang mit Dauer-Kritikern mit den Jahren dazugelernt hat, zeigt er, als in der Fragerunde der Mann das Wort ergreift, der keine Bürgerfragestunde im Gemeinderat auslässt, um ihn anzugreifen. Uwe Knauer hat inzwischen nicht nur den Bürgermeister, sondern auch den Gemeinderat angezeigt. Alles ohne Erfolg. So wie die Dienstaufsichtsbeschwerde(n). Der Mann aus Wittlingen macht unermüdlich weiter und bemüht immer höhere Behörden und Gerichte. Beim Stadtgespräch in der Rathausapotheke fragt er dasselbe wie in der letzten Gemeinderatssitzung: wie es der Bürgermeister mit moralischen Leitgedanken und der Glaubwürdigkeit halte. Auch wenn das Knauer offensichtlich nicht beeindruckt, antwortet Rebmann mittlerweile stoisch und ziemlich ruhig: Knauer habe mehrfach und auf ganz verschiedenen Ebenen - vergeblich - versucht, ihn moralisch zu diskreditieren. Der Kampf geht weiter.

Leidenschaft für die Gartenschau

Themenwechsel. Der Bürgermeister spricht leidenschaftlich gern über die Gartenschau. Das Jahrhundertprojekt, das viel mehr ist als fünf Monate Blümchenschau, wie er immer wieder betont. »Das ist ein riesengroßes, absolut nachhaltiges Stadtentwicklungsprogramm«, sagt Rebmann, »hier entstehen Dinge, auf die wir normalerweise 15, 20 Jahre warten müssten. Die Gartenschau wird in Bad Urach zwei bis drei Generationen wirken.«

Andere Städte, gleiche Probleme

Auf Nachfragen im Publikum räumt er ein, dass es in der Stadt trotzdem eine ganze Reihe ungelöste Probleme gibt. Dass auch andere Städte ein Problem mit leerstehenden Läden haben, weil sich das Einkaufsverhalten der Leute geändert hat, macht das Uracher Problem nicht kleiner. Immobilien in städtischem Besitz wie das Hartenstein-Haus oder die »Krone«, in denen sich nichts bewegt: Das Problem könne die Verwaltung und der Gemeinderat nicht schnell lösen, sagt er. In diesen Fällen bräuchte es einen Investor. Nicht einfach in diesen Zeiten. Dem begrabenen Geschäftsstraßenmanagement soll ein neuer Wirtschaftsförderer bald wieder Leben einhauchen, Rebmann hofft, das »Bad Urach aktiv« wieder ins Boot kommt.