METZINGEN. Homeoffice und Homeschooling gleich Horror? Nicht so bei Familie Schenk. »Die Pandemie hat sich positiv auf die Work-Life-Balance ausgewirkt«, sagt Dunja, die Mutter und vielfach zertifizierte Trainerin. Virengefahr und Kontaktverbote zwangen sie und ihren Mann Markus, zu Hause zu arbeiten. Er, der bei Bosch angestellt ist, tut das noch heute komplett. Sie tourt als Selbstständige wieder quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, macht aber auch viel online. Und: »Ich arbeite nicht mehr zu 100 Prozent.« Felix (9) und Moritz (5) hören das gerne. Die Jungs huschen bei Videokonferenzen schon mal mit Spielsachen durchs Büro ihrer Mama und damit durchs Bild – was andere Konferenzteilnehmer amüsiert. »Damit hat keiner ein Problem«, sagt Dunja Schenk.
Bei Papa gelten striktere Regeln. »Wenn seine Tür zu ist, heißt es draußenbleiben oder klopfen«, sagt die Mama. »Die Kinder respektieren es.« Sie sind groß genug dafür. Die Eltern versuchen es so zu händeln, dass immer einer von beiden für Moritz und Felix dasein kann. Wenn beide beschäftigt sind, bekommen sie auch mal ein I-Pad in die Hand gedrückt. Oft spielen sie aber auch in Ruhe zusammen mit ihrer Lego-Bahn oder Sky-Jo. »Ist nur ein Kind zu Hause, ist es anstrengender«, berichtet die 40-Jährige. Weil dieses dann umso öfter zu Mama und Papa kommt und Anregung sucht: »Mir ist langweilig!«
Haben die Kinder Termine, müssen zum Beispiel zum Arzt oder zum Sportverein, sprechen sich Dunja und Markus Schenk ab, wer was macht. Ein Glück für die Familie: »Oma und Opa können auch immer wieder einspringen.« Sie wohnen eine Stunde entfernt im Kreis Ludwigsburg, sind aber mobil und haben im Ruhestand Zeit. Daneben setzen die Schenks eine Babysitterin und auf ein Netzwerk mit Freunden, die ebenfalls junge Eltern sind. Man tut sich zusammen. »Kannst du sie heute abholen? Ich kann sie morgen bringen.« Im eigenen Haushalt herrscht Arbeitsteilung. »Aber nicht 50:50.« Dennoch: »Wir sind auf Augenhöhe, ein gutes Team«, sagt sie über sich und Markus.
SO GEHT’S WEITER
Um Family-Fitness geht’s am Dienstag, 27. September: Ein Coach zeigt zehn Workouts für die ganze Familie. Im Netz gibt’s ein Video von Kilian Jährig dazu. Alle bisher in der GEA-Familienserie erschienen Beiträge sind in einem Online-Dossier nachzulesen. www.gea.de/familienzeit
Trotz aller Flexibilität und neu gewonnener Zeiträume im Zug der Pandemie sind für Dunja Schenk »die Herausforderungen immer noch die gleichen«. Eine davon: »sich selbst nicht zu verlieren«. Weil Beruf und Familie einen aufsaugen könnten. Drei Wochen Familienurlaub waren schön. Die Arbeit mit Menschen erfüllt Dunja Schenk, und wenn möglich, nicht nur über Facetime. »Nur zu Hause sein ist doof.« Auf Teilzeit reduziert hat sie, als Moritz mit dem Fahrrad schwer verunglückt ist. Gottseidank ist er wieder voll genesen. Doch auch jetzt darf neben Familie und Beruf anderes sein. Sich und ihren Mann beschreibt die 40-Jährige als »sehr freiheitsliebende Menschen, Wir geben uns gegenseitig Freiheiten«. Also genießt sie mit Freundinnen ein Wellness-Wochenende und geht er wann anders mit Freunden wandern. Wenn sie dann zurückkommt und er eins ihrer Kinder in eine gewagte Klamotten-Kombination gepackt hat, lässt sie es lächelnd so sein. Auch das gehört zur Freiheit. »Man muss einfach Gelassenheit und Humor zeigen.« Sie ist die Genauere, er derjenige, der Fünfe schon mal gerade sein lässt.
»Setzt Grenzen. Fordert Freibereiche ein«
»Raus aus dem Perfektionismus« ist eine Botschaft, die zu Hause gilt und die Dunja Schenk auch vielen Working-Moms mitgibt. Für die hat sie ein Buch geschrieben, das bereits in die zweite Auflage geht: »Der Anti-Stress-Trainer für Working-Moms.« Sie rät ihnen, Grenzen zu setzen und Freibereiche einzufordern. »Viele können es nicht. Es ist typisch Mütter, sich um alles kümmern zu müssen.« Stattdessen: »Man muss loslassen. Selbst wenn etwas nicht klappt, geht die Welt davon nicht unter.« Und regelmäßig etwas für sich selbst tun. »Wenn’s mir nicht gut geht, geht’s auch meinen Kindern nicht gut.« Also lädt sie ihren Akku mit Kontakten, mit Wellness und manchmal auch mit einem halben Stündchen am Klavier auf.
Dann kann sie auch gelassen, aber bestimmt »Jetzt nicht!« sagen, wenn die Jungs in ihrem Büro einen Flieger durch ihr Blickfeld schweben lassen. Im Kinderzimmer zeigen die beiden ihre Legobahn. Die fährt auch ohne Mama. (GEA)