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Carsharing in Metzingen: mehr Nutzer gewünscht, vorerst keine weiteren Standorte

Wer weniger als 7.500 Kilometer im Jahr Auto fährt, für den kann sich Carsharing rechnen. In Metzingen wird es angeboten, aber nicht unbedingt in Wohnortnähe.

Zwei der drei Metzinger Carsharing-Autos stehen am Bahnhof: ein vollelektrischer Renault Zoe (rechts) und ein geräumiger Benzine
Zwei der drei Metzinger Carsharing-Autos stehen am Bahnhof: ein vollelektrischer Renault Zoe (rechts) und ein geräumiger Benziner Dacia Lodgy. Foto: Markus Pfisterer
Zwei der drei Metzinger Carsharing-Autos stehen am Bahnhof: ein vollelektrischer Renault Zoe (rechts) und ein geräumiger Benziner Dacia Lodgy.
Foto: Markus Pfisterer

METZINGEN. Zwanzig Jahre hat mein guter alter Fiat jetzt auf dem Buckel. Er ist nochmal durch den TÜV gekommen, aber das hat ordentlich Reparaturen gekostet. Der Auspuff wird schon wieder laut, lauter als er sollte. Soll ein neues Auto her?, denke ich so langsam. Oder bringt's viel mehr der Umstieg aufs klimaschonende Carsharing-Auto? »Das Fahrzeug ist in den meisten Fällen ein Stehzeug«, hat Alexander Schoch, der Chef der Stadtwerke Metzingen, bei Einführung des Carsharings pointiert gesagt. Recht hat er. Viele benutzen es maximal eine Stunde am Tag, auf der Fahrt zur Arbeit, zum Kinderchauffieren oder zum Einkauf. Die Stadtwerke bieten in Kooperation mit Teilauto Tübingen e.V. Carsharing seit Juni 2013 in der Kelternstadt an.

Beim Carsharing sind alle Autos für alle registrierten Nutzer da. Diese nutzen die geteilten Autos nach Bedarf und bezahlen nur für die Fahrzeit und -strecke sowie eine geringe Monatsgebühr an Teilauto Tübingen. Die derzeit in Metzingen stehenden Carsharing-Autos sind alle in der Kernstadt verteilt: zwei am Bahnhof, ein vollelektrischer Renault Zoe und ein geräumiger Benziner vom Typ Dacia Lodgy, und eins am Rathaus, ein benzingetriebener Toyota Yaris. Doch ich wohne in Glems. Da steht kein Teilauto. Fünf Kilometer entfernt wäre also das nächste zu haben.

Ab 150 regelmäßigen Nutzern rentabel

Auch im dichtbesiedelten Neugreuth, rund 2.000 Einwohner stark und zwei Kilometer von Metzingen entfernt, stand nie eins. In Neuhausen mit seinen über 5.000 Bewohnern schon. Doch das Auto wurde 2015 wieder von der Inneren Kelter abgezogen, nachdem es sich für Teilauto Tübingen zu wenig gerechnet hatte. »Es war sehr schlecht nachgefragt«, redet Schoch Klartext.

Gibt es einen Weg zurück in die Zukunft? Eine neue Verdichtung der intelligent, weil gemeinschaftlich und bedarfsgerecht genutzten Teilautos? Der Stadtwerkechef macht nur bedingt Hoffnung. »Aktuell sieht Teilauto Tübingen keine Möglichkeit, das Carsharing auszuweiten, da weiterhin laufende Zuschüsse erforderlich sind.« Zuschüsse der Stadtwerke für zwei der drei Autos, weil die Teilautos nicht genug genutzt werden und sich allein aus den Mitgliedsgebühren und Nutzungspreisen nicht rechnen. »Dennoch führen wir mit Teilauto weiterhin laufend Gespräche, ob und wo mittelfristig weitere Autos möglich sind«, sagt Schoch weiter. Das Bemühen ist also da, ihr Erfolg Stand heute fraglich.

In Grafenberg stellt die Gemeinde gemeinsam mit dem Carsharing-Anbieter Deer ein E-Teilauto zur Verfügung. Im Bild Bürgermeister
In Grafenberg stellt die Gemeinde gemeinsam mit dem Carsharing-Anbieter Deer ein E-Teilauto zur Verfügung. Im Bild Bürgermeister Volker Brodbeck (links) und Rudi Zahorka von Deer bei der Inbetriebnahme ders den hinter der Ortsbücherei stehenden VW ID.3 Foto: Markus Pfisterer
In Grafenberg stellt die Gemeinde gemeinsam mit dem Carsharing-Anbieter Deer ein E-Teilauto zur Verfügung. Im Bild Bürgermeister Volker Brodbeck (links) und Rudi Zahorka von Deer bei der Inbetriebnahme ders den hinter der Ortsbücherei stehenden VW ID.3
Foto: Markus Pfisterer

Aktuell sind 94 Nutzerinnen und Nutzer beim Metzinger Carsharing angemeldet. Die Stadt hat rund 22.000 Einwohner, die meisten von ihnen im autofahrfähigen Alter. »Ein Teil der Nutzer ist jedoch inaktiv oder kaum aktiv.« Die Auslastung der drei Fahrzeuge ist für die Stadtwerke »ganz in Ordnung, könnte jedoch besser sein«. Im Jahr 2023 waren sie alle zusammengenommen 30.000 Kilometer unterwegs. Immerhin: »Es ist eine leichte Steigerung der Nutzung zu verzeichnen«, informiert Schoch. Um die Teilautos kostendeckend betreiben zu können, wären indes circa 150 regelmäßige Nutzer nötig, wobei das nur geschätzt werden kann, weil nicht nur die Zahl der Nutzer, sondern auch die Intensität der Nutzungen (Zahl und Länge der Fahrten) eine Rolle spielt.

In der Carsharing-Welt gibt es nicht nur Teilauto Tübingen, das in seiner Heimatstadt ein dichtes Netz an Fahrzeugen anbietet. Sondern zum Beispiel auch Deer aus Calw, das auch in dünner besiedelten Gemeinden wie Grafenberg Autos stationiert hat. Die Stadtwerke Metzingen schließen eine Zusammenarbeit mit Deer derzeit aus. »Bei Teilauto ist es eine bewusste und lang bewährte Kooperation«, sagt der Werkleiter, »beide Partner sind derzeit so zufrieden, dass das Programm fortgesetzt werden soll.« Deer indes bringe »seine Autos in Eigenregie auf den Markt und bietet keine direkte Kooperationslösung an«. Mit der Gemeinde Grafenberg kooperiert Deer aber genauso wie mit der Motorworld Metzingen, wo seit Ende November ein Deer-E-Auto an einer neuen Ladesäule und geteilt werden kann.

Nächstes Teilauto fünf Kilometer entfernt

Wer weniger als 7.500 Kilometer im Jahr Auto fährt, für den oder die kann es sich rechnen, das eigene Fahrzeug abzuschaffen und stattdessen beim Carsharing mitzumachen. Wartungs-, Reparatur- und Betriebskosten fallen für die Nutzer nicht an, ebenso wenig Steuer und Versicherung. Ich würde meinen Fiat gerne so langsam in Rente schicken. Die Alternative: Erstmal mit dem E-Bike auch bei strömendem Regen oder aber mit dem spärlich verkehrenden Stadtbus zum Metzinger Bahnhof fahren, um dann auf ein Teilauto umzusteigen und das eigentliche Ziel anzufahren. Ist es wirklich eine Alternative? Ich denke nach und blättere parallel durch die Auto-Angebote auf Internetportalen. Entscheidung offen. (GEA)