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Biogas als wichtigster Energielieferant für Walddorfhäslach?

Landwirt Gerhard Neuscheler betreibt auf dem Schönbuchhof in Walddorfhäslach seit 2004 eine Biogas-Anlage. Im Gespräch mit dem GEA erklärt er, wie eine solche Anlage funktioniert und welche Vorteile sie hat.

Landwirt Gerhard Neuscheler aus Walddorfhäslach mit einer seiner »Lieferantinnen« für die Biogasanlage.
Landwirt Gerhard Neuscheler aus Walddorfhäslach mit einer seiner »Lieferantinnen« für die Biogasanlage. Foto: Veit Müller
Landwirt Gerhard Neuscheler aus Walddorfhäslach mit einer seiner »Lieferantinnen« für die Biogasanlage.
Foto: Veit Müller

WALDDORFHÄSLACH. Der Umstieg bei der Energieversorgung auf erneuerbare Energien schreitet auch in Walddorfhäslach voran. Im Ort gibt es inzwischen ein Nahwärmenetz und auch viele Photovoltaik-Anlagen auf Dächern. Eine weitere Möglichkeit, etwa 60 bis 120 Haushalte in Zukunft mit erneuerbarer Energie zu versorgen, könnte die Biogasanlage auf dem Schönbuchhof, den Gerhard Neuscheler mit seinem Bruder Matthias betreibt, sein. Doch bis dies Realität wird, gibt es noch viele Hürden zu überwinden.

Im Jahr 2002 siedelten die Neuschelers aus dem Gebiet »Fürhaupt« in Walddorf an den Schönbuchrand um. »Biogas war damals im Kommen«, erzählt Landwirt Gerhard Neuscheler. Auch er setzte gleich auf diese Energieform. Er ließ eine Anlage mit einer Leistung von 80 Kilowatt installieren. Gedacht war sie zu Beginn nur für die Selbstversorgung – Wohnhaus und Hof wurden so mit Strom und Wärme versorgt.

Mais als wichtiger Lieferant für die Biogasproduktion

Als das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) von der Bundesregierung aufgelegt wurde, das den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen, Windrädern und auch Biogas fördern sollte, griff im Jahr 2004 auch Neuscheler zu, schließlich versprach der Staat eine Festvergütung für zwanzig Jahre. »Es war damals ein gutes Geschäft, da zu der Zeit der Weizenpreis am Boden lag«, meint Neuscheler.

»Es entstand ein regelrechter Boom, die Biogasanlagen schossen wie Pilze aus dem Boden.« Allerdings, wie sich Neuscheler erinnert, damals mehr im Oberland, weniger hier in der Region. Gleichzeitig gab es aber auch Kritik. Mais war beliebt als Rohstofflieferant für Biogasanlagen, weil der Mais einen hohen Energieertrag liefert. Es entstanden so Fruchtfolgen mit hohem Maisanteil.

Der Schönbuchhof liegt sehr idyllisch am Ortsrand von Walddorf mit herrlichem Blick auf die Schwäbische Alb.
Der Schönbuchhof liegt sehr idyllisch am Ortsrand von Walddorf mit herrlichem Blick auf die Schwäbische Alb. Foto: Veit Müller
Der Schönbuchhof liegt sehr idyllisch am Ortsrand von Walddorf mit herrlichem Blick auf die Schwäbische Alb.
Foto: Veit Müller

Neuscheler setzte schon früh auf unterschiedliches Material, das in seine Anlage fließen sollte. In den Jahren 2006 und 2010 baute er die Anlage aus. Inzwischen hat sie eine Leistung von 500 Kilowatt, die installierte Leistung liegt bei 750 Kilowatt.

Wie funktioniert nun Neuschelers Biogasanlage? Der erste Material-Lieferant sind die 95 Milchkühe mit Nachzucht und Bullenmast in seinem Außenklimastall. Ihre Exkremente befördert ein Schieber in eine Grube. Von dort werden sie in den Fermenter gepumpt. Anfangs wurde dort neben der Gülle noch altes Brot vergoren.

Bei fünfzig Grad vermehren sich die Bakterien im Fermenter am besten

Das hat sich inzwischen verändert. In der »Nachwachsende-Rohstoffe-Anlage« (NAWARO) verwendet Neuscheler inzwischen kein altes Brot mehr. Auch keine anderen Speisereste. Zur Gülle kommen nun Festmist, Grasschnitt und Mais von eigenen Flächen und benachbarten Landwirten in den Fermenter.

Dort wird das Material auf fünfzig Grad erwärmt und von einem Rührwerk ständig durchgemischt. Die Temperatur ist für die Bakterien, die Methangas produzieren, ideal. Sie können sich gut vermehren. Der Fermenter besitzt ein aufgeblasenes grünes Dach. Darunter liegt eine Gashaube, die sich für die Speicherung des Gases aufblähen kann. Neuscheler: »Wir können für einen halben Tag Gas speichern.«

Das Methangas treibt drei Generatoren an

Nach dem Fermenter folgt noch der Nachgährer. Von dort geht das Material in ein Lager. »Wir haben dort eine theoretische Verweildauer von 150 Tagen in gasdichtem Raum«, erklärt Neuscheler. Das Restmaterial kann er später für die Düngung der Felder nutzen.

Zurück zum Methangas. Das Gas aus der Anlage treibt Generatoren für die Stromerzeugung an. Neuscheler hat drei Generatoren à 250 Kilowatt. Der erzeugte Strom geht gleich ins Netz.

Bei der Stromerzeugung entsteht natürlich auch Wärme. Die nutzt Neuscheler derzeit zu fünfzig Prozent für seinen Betrieb. Die restlichen fünfzig Prozent »bleiben momentan ungenutzt«. Diese Restwärme könnte nun über 60 Haushalten in Walddorf über ein Nahwärmenetz zugutekommen.

Wirtschaftlich unsichere Zeiten

Doch bis es so weit ist, sind noch einige Stolpersteine vorhanden, wie Neuscheler sagt. Da ist zuerst einmal der Fakt, dass für Neuscheler nun ausgerechnet jetzt die 20 Jahre an Festvergütung auslaufen. Er nimmt an der Anschlussausschreibung teil, das Ergebnis ist aber offen. Es gehe darum, wer wie viel zu welchem Preis produzieren könne, »der Günstigste erhält dann den Zuschlag«.

Außerdem existiert laut Neuscheler die Vorschrift, dass die Anlage eine doppelt so große installierte Leistung besitzen muss. Bei Neuscheler müsste die 500-Kilowatt-Anlage dann eine installierte Leistung von 1000 Kilowatt haben. Der Schönbuchhof verfügt derzeit aber nur über 750 Kilowatt, was bedeutet, er müsste seine Anlage erweitern oder die Stromproduktion entsprechend drosseln. Ein weiterer wirtschaftlicher Faktor in unsicheren Zeiten.

Gemeinderat diskutiert Nahwärmenetz

Der Walddorfhäslacher Gemeinderat befasst sich am Donnerstag, 13. Juni, 18 Uhr, mit dem aktuellen Stand der Nahwärmekonzeption. Dabei geht es hauptsächlich um zwei Bereiche. Einmal um Walddorf West, wo eventuell auch Biogas vom Schönbuchhof zum Zuge kommt und bis zu 150 Haushalte mit Wärme versorgt werden könnten. Der zweite Bereich ist Häslach West beim Sport- und Freizeitzentrum. Dort geht es um rund 100 Haushalte. Die Erstellung eines Nahwärmenetzes sei für eine Gemeinde eine »Herkulesaufgabe«, betonte jetzt Bürgermeisterin Silke Höflinger.

Der Ausbau seiner Anlage ist aber gar nicht so einfach, weil das Stromnetz in Walddorfhäslach gegenwärtig das Mehr an Strom gar nicht aufnehmen kann. Vor kurzem wurde bekannt, dass deshalb zum Beispiel einige PV-Anlagen auf den Dächern der neuen Wohnhäuser im Gebiet »Fürhaupt« gar nicht ans Netz gehen können. Das Netz ist überlastet. Die Fair-Energie muss deshalb eine zusätzliche Trafostation bauen.

Wichtige Suche nach einem Investor

Eine weitere wichtige Frage: Wie kommt der Strom oder das Gas vom Schönbuchhof zu den Wohnhäusern in Walddorf? Eine direkte Leitung hätte den Nachteil, dass unterwegs viel Wärme verloren geht. Eine Pelletheizung oder Hackschnitzelanlage am Hof oder als Satellit im Ort könnte dies verhindern.

»Doch für das ganze Nahwärmenetz braucht man einen Investor«, sagt Neuscheler mit Blick auf die hohen Kosten. Doch der Walddorfhäslacher Landwirt ist skeptisch: »Die Rendite ist in Augenblick nicht so rosig für einen Investor.« Eine Lösung für Neuscheler wäre vielleicht eine Genossenschaft: »Ein gutes Modell, das aber Zeit braucht.«

Dass Biogas ein wichtiger und zuverlässiger Energielieferant ist, davon ist Neuscheler überzeugt. Im Gegensatz zur Sonnen- oder Windenergie ist Biogas nicht so wetterabhängig. Das Biogas könnte in jedem Fall die Grundlast des Wärmenetzes abdecken. In Spitzenzeiten werden dann eine Pelletheizung oder ein Blockheizkraftwerk dazu geschaltet. Man brauche, so Neuscheler, immer zwei Heizquellen zur Sicherheit. Bedenken bräuchten die Abnehmer nicht zu haben, die Wärmenetze seien heute sehr ausgereift. Ein solches Netz ist in Walddorfhäslach gerade in der Planung. (GEA)