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Aktuell Stromerzeugung

Ausbau der Regenerativ-Energien: Metzinger Gemeinderat will Äcker schonen

Der Regionalverband will Flächen für Windkraft und Photovoltaik ausweisen. Die Kelternstadt macht dabei nur eingeschränkt mit.

Grüner Wald im Ermstal.
Grüner Wald im Ermstal. Foto: GEA-Archiv
Grüner Wald im Ermstal.
Foto: GEA-Archiv

METZINGEN. Streit im Metzinger Gemeinderat und letztlich Beschlüsse, die mindestens so sehr im Interesse der Landwirtschaft wie dem des Klimaschutzes liegen: Im Maienwald Richtung Eningen und am Wippberg sollen 77 beziehungsweise 46 Hektar große Flächen für Windenergie-Anlagen freigehalten, nah beim Freizeitgelände Bongertwasen und dem geplanten Ganzjahresbad eine solche, 7 Hektar Fläche große für Photovoltaik-Anlage freigehalten werden. Hier wie dort hätte der Regionalverband Neckar-Alb gerne sogenannte Vorrangflächen im Regionalplan, also besonders gut geeignete, bei denen vergleichsweise viel Wind weht oder Sonne scheint und die Eingriffe in die Umwelt für den Bau und Betrieb der Anlagen vertretbar erscheinen.

Die Grünen-Fraktion stieß sich daran, dass die Vorrang- oder die (erst noch näher zu prüfenden) Vorbehaltsflächen für die Solarstromerzeugung den Bauern Nutzfläche nehmen könnte: "Nur ohne Ackerbau!", forderte Klaus Rümmelin vehement eine Einschränkung der nach dem Willen der Stadt vorbehaltlosen Empfehlung zu den (zunächst drei) Vorrangflächen ein. "Ackerflächen müssen vorbehaltlos für die Lebensmittelproduktion genutzt werden können. Der Regionalverband hat allerdings laut Alexander Bollheimer vom Amt für Planen und Bauen der Stadt "nur die Ackerflächen rausgesucht, die nicht so ertragreich sind."

Kritik am Flächenverbrauch

»Wir wollen nachhaltige Energie auch vor Ort erzeugen«, verwies Alexander Schoch, Geschäftsführer der Stadtwerke Metzingen, auf den Klimaschutz. Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh wies auf den enormen Energiehunger in Zeiten der Umstellung von CO2-ausstoßenden fossilen Trägern wie Öl und Gas und zunehmender, energiebedürftiger Digitalisierung hin: »Metzingen hat einen steigenden Strombedarf.« Der durch Wind und Sonne zumindest anteilig gedeckt werden könnte. Während etwa bei einer Beteiligung an einem Offshore-Windpark der Strom über große Strecken auf teilweise noch gar nicht gebauten, politisch umstrittenen Trassen herangeführt werden müsste.

Wenn rund um Metzingen nur die Einschnitte in die Natur nicht wären. »1,5 Hektar Wald für ein Windrad abzuholzen ist grotesk«; fand Michael Breuer (partei- und fraktionslos). Laut der städtischen Umweltberaterin Doreen Dörrwand müssten auch zehn Meter breite Wege zu den Windkraftanlagen gebaut werden. Die im Maienwald vorgesehenen Riesenpropeller stünden zudem zwischen zwei Flora-Fauna-Habitat-Gebieten. »Die Verträglichkeit mit artenschutzrechtlichen Belangen ist zu gewährleisten beziehungsweise auszuschließen, dass diesbezüglich unüberwindbare Hindernisse vorliegen«, führte Dörrwand weiter aus.

Sonne und Weite am Bongertwasen.
Sonne und Weite am Bongertwasen. Foto: Markus Pfisterer
Sonne und Weite am Bongertwasen.
Foto: Markus Pfisterer

Was den von der Photovoltaik-Vorrangfläche betroffenen Landwirt angeht, gab Stadtwerke-Chef Schoch im Gemeinderat Entwarnung: Man habe mit ihm gesprochen. Er sei für PV-Anlagen offen. An der ebenso harten wie bauernfreundlichen Haltung der Grünen änderte das nichts. Rümmelin schwebt vor, »Input aus Neuhausen und Glems einzufordern«, zudem Böschungen etwa an der B 28 für Solarzellen zu nutzen. Problem: Vom Regionalverband aus gibt es eine Untergrenze von 5 Hektar für Flächen im Regionalplan, auf den Solar- oder Windkraftanlagen gebaut werden können.

Die sind nicht so ohne weiteres zu erreichen, auch nicht auf vernachlässigten Streuobstwiesen etwa oberhalb von Glems. Grünen-Fraktionschef Dr. Georg Bräuchle regte an, das Thema Agri-PV-Flächen, also solcher mit landwirtschaftlicher Nutzung und Sonnenstromerzeugung, zu vertiefen. Robert Schmid (FWV) hegte Zweifel, ob Windkraftrotoren die klimatisch für Metzingen wichtige Kaltluftschneise vom Maienwald/Eichberg herunter stören könnte - was Bollheimer dementierte.

Hintergrund: Klimaneutralität bis 2040

Nach längerer Diskussion machte die Gemeinderatsmehrheit den Weg für Wind- und mehr Solarkraft auf Metzinger Markung nur eingeschränkt frei und nahm damit das Votum des Neuhäuser Ortschaftsrats sehr ernst, in dem ebenfalls kontrovers diskutiert worden war und der sich ebenfalls schützend vor die Landwirte gestellt hatte. »Ich bin mal gespannt auf die nächste Klimaschutzdiskussion«, war das Schlusswort von Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh nach der Abstimmung.

Nach Ablauf der Stellungnahmefrist der Kommunen am 11. April ist der Regionalverband mit der tatsächlichen Festlegung der Vorrang- und Vorbehaltsflächen für Windenergie- und Photovoltaik-Anlagen am Zug. Diesen kommt gesetzlich und in puncto Klimaschutz hohe Bedeutung zu: Das Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg von 2021 hat das Ziel, dass das Land bis 2040 klimaneutral wird. Jede Region muss mindestens zwei Prozent ihrer Freiflächen für Wind- und Solarenergie-Erzeugung zur Verfügung stellen. (GEA)