DETTINGEN. Wenn Andreas Martin Hofmeir mit seiner Tuba angekündigt ist, ist mehr drin als nur Musik: Der unkonventionelle Barfuß-Professor spielt das Instrument des Jahres nicht nur in einer eigenen Liga sondern gibt den Konzerten mit seinen kabarettistischen Einlagen einen ganz besonderen Pfiff. Wenn man nicht wüsste, dass der 45-Jährige ein waschechter Oberbayer ist, könnte man seinen Humor als typisch schwäbisch, also knitz, bezeichnen. Ein Körnchen Wahrheit ist sogar dran: Seine Mama sei aus Stuttgart und ihm deshalb die Gegend nicht unbekannt, gab der Ausnahme-Tubist beim vom Musikhaus Beck organisierten Konzert in der Dettinger Schillerhalle zu. Der Erinnerung an seine Kindheit wegen habe er sich am Morgen des Konzerts auch zum Uracher Wasserfall aufgemacht: »War das anstrengend, wir sind ganz schön aus der Puste gekommen. Das hier ist dagegen die reinste Entspannungsübung«, meinte er und hatte einmal wieder die Lacher auf seiner Seite.
Denn was Hofmeir und seine Mit-Tubisten vom European Tuba Power-Quartett aus ihren Instrumenten rausholten, kann nicht entspannend sein, sondern muss einfach eines sein: mega anstrengend. Doch Roland Széntpali, János Mazura und Thomas Mahlknecht hatten hörbar Spaß daran, diesem mächtigen Instrument Ungewohntes zu entlocken. Polka und Marsch gab‘s nicht zu hören, Klassik nur ganz kurz zum Einstieg.
Vergnügungstreff von Tubisten
Das Selbstverständnis des Quartetts war vielmehr Programm: »Wir sehen uns als Vergnügungstreff von vier einsamen Tubisten«, klärte Hofmeir das Publikum auf. Als Musiker dieses Instrument sei man vor allem auf sich alleine gestellt und nun genieße man das Miteinander, zeige die überraschende Vielfalt der Tuba: In der Schillerhalle swingte und jazzte es, konnten die Hüften zu den Latino-Hits der vergangenen Jahre wie »Despacito« geschwungen werden oder wurden Heavy-Metal-Fans von Hofmeir ausdrücklich zum Headbangen aufgefordert – bei »Highway to hell« tobte das Publikum. Als erste Zugabe gab’s einen Ausflug in die Musikwelt des Techno und als letzte von drein wagten sich die Tubisten an die hohe Kunst des Falschspielens, angelehnt an eine Hochzeitskapelle aus einem Film. Unwahrscheinlich, was sie sie aus ihren vermeintlich schwerfälligen Instrumenten rausholten.
Die Tubisten um Hofmeir hatten Spaß am unkonventionellen Programm, gaben sich locker und entspannt, lachten viel. Dabei gehören sie zu den derzeit angesagtesten europäischen Tubisten: Die allesamt bei internationalen Wettbewerben mit Preisen ausgezeichneten Musiker unterrichten als Professoren an renommierten Hochschulen und touren als Solisten über die Kontinente. Als European Tuba Power sind sie vielseitig unterwegs: Einerseits gastiert das Quartett beim Ball der Wiener Philharmoniker, andererseits mischt es beim Woodstock der Blasmusik unter freiem Himmel das Publikum auf. 2014 gründete sich das Quartett, seit acht Jahren wird es von Schlagzeuger Christoph Huber begleitet.
Ein nettes Wort für jeden in der Pause
Nicht nur musikalisch ist Andreas Hofmeir im Ensemble ein Hans Dampf an allen Ecken und Enden: Die Moderation übernahm er persönlich, nach jedem Lied gab es ein Schmankerl von ihm. Am liebsten zitierte der Tubist mit einer großen Affinität zum Kabarett aus seinem Buch »Hundsgemeine Instrumentalkunde«, nahm andere Instrumente wortreich aufs Korn. Denn es kann nur eine geben: die Tuba. Rast- und ruhelos ist er, der Hofmeir: In der Pause hockte er sich an den Verkaufsschnitt, signierte Bücher und hatte ein nettes Wort für jeden.
Trotzdem: Selten erlebt man als Zuschauer ein so entspanntes Konzert mit, das komplett frei ist von Allüren und technischem Firlefanz. Keine Nebelschwaden hüllten die Schillerhalle ein, die Bühne war frei von Lautsprechertürmen und die Musiker wurden nicht durch bunte Scheinwerfer ins rechte Licht gerückt. Das haben sie nicht nötig, denn es gilt eines: Nette Männer spielen explosionsartig die Tuba. Angesichts dieser Virtuosität blieb einem Zuhörer nach zwei Stunden Konzerterlebnis pur nur eine Erkenntnis: »Ich glaube, ich verschrotte meine Tuba.« (GEA)